Welche Faktoren beeinflussen die dauerhafte Weiterbeschäftigung?
Die Situationsanalyse erfolgt in der praktischen betrieblichen Umsetzung des BEM in sehr unterschiedlicher inhaltlicher Tiefe. Die Folge sind vielfach keine, unzureichende oder wenig nachhaltige Maßnahmen, die die Beschäftigungsfähigkeit des Mitarbeiters nicht wirklich sicherstellen. Zu häufig wird ausschließlich danach gefragt, ob die Erkrankung des Mitarbeiters durch den Arbeitsplatz verursacht wird. Wird diese Frage verneint, wird das BEM kurzerhand abgeschlossen.
Die zentrale Frage für eine erfolgreiche Wiedereingliederung ist eher die, welche Faktoren eine Wiedereingliederung des Mitarbeiters positiv oder negativ beeinflussen und die dauerhafte Weiterbeschäftigung sichern.
Wird mit dieser Fragestellung der Blickwinkel für alle Optionen der Arbeitsgestaltung geöffnet, bietet sich oft eine Vielzahl von Möglichkeiten für erfolgreiche Eingliederungsmaßnahmen. Darüber hinaus wird der Blick über negative Einflussfaktoren hinaus zu Ressourcen erweitert, aus denen sich weitere Unterstützungsmöglichkeiten ergeben können.
Die Qualität der Situationsanalyse bestimmt weitgehend die Qualität eines BEM!
Um die gesetzlich vorgeschriebenen Ziele erreichen zu können, sollte im Rahmen einer systematischen Situationsanalyse abgeklärt werden, von welchen Bedingungen/Faktoren die Arbeitsunfähigkeit bzw. eine positive Wiedereingliederung der Betroffenen beeinflusst wird und welche Bedingungen/Faktoren seitens des Betriebs verändert werden können und sollen. Eine qualifizierte und differenzierte Analyse der Situation der betroffenen Beschäftigten ist deshalb die Grundlage für ein zielführendes BEM.
Ebenfalls ist im Rahmen der Situationsanalyse abzuklären, wie von betrieblicher Seite der Beschäftigte unterstützt werden kann, seine Gesundheit zu stabilisieren und/oder Überlastungen in seiner privaten Situation abzubauen. Dabei soll seine Beteiligung und Eigeninitiative gefördert werden.
Private Faktoren berücksichtigen
Die betriebliche Arbeitssituation steht bei der Ableitung von Eingliederungsmaßnahmen im Mittelpunkt von BEM. Wird jedoch die private Situation des Betroffenen bei der Prüfung hemmender oder fördernder Einflussfaktoren außer Acht gelassen, kann dies ggf. eine erfolgreiche Wiedereingliederung verhindern. Voraussetzung für die Einbeziehung der außerbetrieblichen Belastungen/Ressourcen ist jedoch immer das Einverständnis des Mitarbeiters. Das BEM-Team kann sich ein örtliches Netzwerk zu externen Beratern wie Schuldnerberatung, Psychosozialdienst, Sucht- und Familienberatungen oder Pflegediensten aufbauen, zu den im Rahmen des BEM dann durch die Betroffenen Kontakt aufgenommen werden kann.
Die Situationsanalyse ist der Prozessschritt des BEM, bei dem die Anforderungen des Arbeitsplatzes an den Betroffenen (Anforderungsprofil) und seine Leistungsfähigkeit und Ressourcen aus dem betrieblichen und privaten Umfeld (Fähigkeitsprofil) ermittelt werden (Abb. 2). Eine wesentliche Quelle zur Erstellung eines Anforderungsprofils ist die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes. Aus dem Vergleich der beiden Profile werden Maßnahmen mit dem Ziel abgeleitet, das Fähigkeits- und Anforderungsprofil in Übereinstimmung zu bringen.
Abb. 2: Profilvergleich Anforderungs- und Fähigkeitsprofil
Gibt es Differenzen zwischen den beiden Profilen, die bei dem Betroffenen zu Unter- oder Überforderung (fachlich, physisch, psychisch, geistig) führen können, sind Möglichkeiten für die Beseitigung der Abweichungen zu prüfen.
Diese können in der Anpassung des Arbeitsplatzes und/oder der Arbeitsorganisation an die vorhandenen Fähigkeiten des Betroffenen oder in der Anpassung des Betroffenen an die Anforderungen, z. B. durch Qualifizierung oder Rehabilitation, liegen.
Die Situationsanalyse wird jeweils von der Person aus dem BEM-Team organisiert und koordiniert, die das Fallmanagement des Betroffenen übernommen hat. Die Zustimmung, Mitwirkung und Selbstbestimmung des betroffenen Beschäftigten bei der Situationsanalyse sind Voraussetzungen für die Durchführung.
Vorgesetzte einbeziehen
Bei der Analyse der Bedingungen/Faktoren am Arbeitsplatz (z. B. durch Begehung) sollte mit Zustimmung der betroffenen Person der Vorgesetzte hinzugezogen werden. Bereits bei der Analyse können sich Gestaltungsideen entwickeln, deren Umsetzung und Akzeptanz durch den jeweiligen Vorgesetzten initiiert, geprüft und letztendlich verantwortet werden müssen.
Die Ergebnisse der Situationsanalyse und sich ggf. ergebender Maßnahmenvorschläge werden im BEM-Team vorgestellt.
Darüber hinaus sollte zur Vorbereitung der Maßnahmenplanung geklärt werden, ob weitere Akteure über das BEM-Team hinaus an der Maßnahmenplanung beteiligt werden. Diese können interne Experten (z. B. Vorgesetzte, Sicherheitsfachkraft, Arbeitsmediziner) oder externe Experten (z. B. Vertreter externer Leistungsträger, wie Integrationsamt, Berufsgenossenschaft, Krankenkasse, Rentenversicherung etc.) sein.