Janina Wehrle, Kerstin Schneider
Zusammenfassung
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist nach Badura et. al (2000) "die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung betrieblicher Strukturen und Prozesse, um Arbeit, Organisation und Verhalten am Arbeitsplatz gesundheitsförderlich zu gestalten." BGM betrachtet die Gesundheit der Beschäftigten als strategischen Faktor und Wettbewerbsvorteil und soll Beschäftigten und Unternehmen gleichermaßen zugutekommen. Dabei umfasst BGM mindestens den Arbeitsschutz, die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) sowie das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Bewusst abzugrenzen ist die "Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)", die sich primär auf verhältnis- sowie verhaltenspräventive Maßnahmen in den Themen Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung sowie Suchtprävention konzentriert und damit ein Teilbereich des BGM ist. BGM basiert auf einer ganzheitlichen, nachhaltigen sowie integrativen Betrachtung und Herangehensweise, die Führung und Kultur, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Betriebliche Gesundheitsförderung sowie Personal- und Organisationsentwicklung umfasst. Dabei agieren unterschiedlichste (über-)betriebliche (Gesundheits-)Akteure unter einer gemeinsamen Strategie im Themenfeld Arbeit und Gesundheit.
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) zeichnet sich durch einen ganzheitlichen und präventiven Ansatz, einen kooperativen und beteiligungsorientierten Ablauf und ein erweitertes Verständnis von Arbeits- und Gesundheitsschutz aus. Ziel ist, neben der Verhütung von Unfällen, die menschengerechte Gestaltung der Arbeit (§ 2 Abs. 1 ArbSchG).
Außerdem schreibt das ArbSchG vor, dass der Arbeits- und Gesundheitsschutz als kontinuierlicher Verbesserungsprozess zu organisieren ist. Dieses Verfahren findet sich im BGM wieder.
Mit der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen ist der Arbeitgeber verpflichtet, Gefahrenquellen einschließlich möglicher Ursachen psychischer Belastungen zu analysieren, entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten und deren Wirksamkeit zu überprüfen (§ 3 Abs. 1 ArbSchG).
Auch wenn BGM keine direkte gesetzliche Verpflichtung für den Arbeitgeber ist, bilden das Arbeitsschutzgesetz sowie die einschlägigen Rechtsverordnungen, wie z. B. die Arbeitsstättenverordnung oder die Gefahrstoffverordnung eine wichtige rechtliche Orientierung.
1 Hohes Niveau des klassischen Gesundheitsschutzes
Die primär auf die Verhütung von Berufskrankheiten und Unfällen ausgerichteten klassischen Konzepte des Gesundheitsschutzes haben ein hohes Niveau erreicht, sind jedoch gerade deshalb auch an Grenzen gestoßen:
- weitere Verbesserungen bei den herkömmlichen Aufgaben und Methoden werden immer schwieriger;
- die Veränderungen der Arbeitswelt verlangen neue Ansätze und Instrumente.
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz müssen sich angesichts dieser Entwicklung neu orientieren und mehr umfassen als die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten – ohne dabei Bewährtes aus dem Auge zu verlieren.
Gesundheitsmanagement geht über den "klassischen" Arbeitsschutz hinaus
Klassische Ziele und Aufgaben des Gesundheitsschutzes werden auch in Zukunft gültig bleiben. BGM geht darüber hinaus und entwickelt betriebliche Strukturen und Prozesse. Es dient damit den Beschäftigten wie dem Unternehmen. BGM tritt hierbei nicht in Konkurrenz zu anderen Managementzielen, sondern agiert unterstützend in allen Bereichen eines Unternehmens.
Das Arbeitsschutzgesetz trägt dieser Entwicklung Rechnung. Anstatt jedes Detail vorzuschreiben und behördlich zu kontrollieren, werden die Verantwortlichen im Unternehmen verpflichtet, für Arbeitsbedingungen zu sorgen, die dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen. Staatliche Aufsicht gilt zunehmend den Methoden, mit denen diese Ziele erreicht werden – also dem Management.
2 Bestandteile von BGM
Neben dem klassischen und gesetzlich verpflichteten Arbeitsschutz umfasst ein systematisches und nachhaltiges BGM zudem die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) sowie das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM).
2.1 Betriebliche Gesundheitsförderung
Die BGF umfasst alle Maßnahmen des Betriebs unter Beteiligung der Organisationsmitglieder zur Stärkung ihrer Gesundheitskompetenzen; zur BGF gehören auch Maßnahmen zur Gestaltung gesundheitsförderlicher Bedingungen in Bezug auf das individuelle Verhalten sowie die (Umgebungs-)Verhältnisse. Ziel ist die Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden im Betrieb sowie der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und der Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs.
2.2 Betriebliches Eingliederungsmanagement
Das BEM beinhaltet Maßnahmen, Arbeitsunfähigkeiten (AU) einzelner Arbeitnehmer zu überwinden oder erneuter AU vorzubeugen, um Arbeitsplätze zu erhalten. Das BEM muss jedem Arbeitnehmer angeboten werden, der innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt ist. Der Betroffene kann das Angebot jederzeit ablehnen oder den Prozess abbrechen. Mit Zustimmung ist die zuständige oder gewünschte Interessenvertretung zu beteiligen (BEM-Beauftragte und ggf. der Betriebsarzt).
3 Erfolgsfaktor "Mensch" als Element aller Managementprozesse
Die schnell fortschreitende Entwicklung von Wissenschaft und Technik, glob...