Gefährdungsbeurteilungen sind in der Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt wichtiger, als es in der betrieblichen Praxis oft gelebt wird.

Im ungünstigen Fall wurden die Gefährdungsbeurteilungen zentral an irgendeiner Stelle erstellt und dem Betriebsarzt nur zur Kenntnis gegeben – manchmal leider sogar mehr oder weniger extern durch einen Dienstleister, sodass auch die verantwortlichen Führungskräfte kaum Einblick darin haben. Im schlimmsten Fall steht dem Betriebsarzt gar keine Gefährdungsbeurteilung als Grundlage seiner Tätigkeit zur Verfügung.

Faktisch ist der Betriebsarzt aber

  • dazu angehalten, seine Erkenntnisse in die verschiedenen Gefährdungsbeurteilungen, die ein Betrieb benötigt, einfließen zu lassen. Das gilt letztlich für alle Bereiche, weil Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit immer auch eine gesundheitliche Komponente hat, besonders aber in Bereichen, wo Risiken medizinisch bewertet werden müssen, z. B. bei Gefährdungsbeurteilungen zum Mutterschutz oder im Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen/ Infektionsrisiken;
  • auf Gefährdungsbeurteilungen angewiesen, die der betrieblichen Wirklichkeit entsprechen, um zielgerichtet beraten zu können. Z. B. sollte sich der Vorsorgebedarf aufgrund einer Gefährdungsbeurteilung ergeben. Auch die Frage, ob und unter welchen Bedingungen ein Beschäftigter mit Einschränkungen aufgrund einer Behinderung oder Erkrankung an einem bestimmten Arbeitsplatz eingesetzt werden kann, muss anhand einer stimmigen Gefährdungsbeurteilung getroffen werden.
 
Wichtig

Beurteilung psychischer Belastungen

Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist eine gesetzliche Vorgabe und wird von Aufsichtsbehörden dringend eingefordert. Weil es dabei nicht um technische Risiken und ihre oft sehr offensichtlichen Auswirkungen geht, sondern um Erkrankungen als Folge von psychischen Belastungsfaktoren, sind Betriebsärzte hier besonders angesprochen. Sie sollten die Rahmenbedingungen und gängigen Instrumente zur Gefährdungsbeurteilung kennen, die Ergebnisse einordnen und bei der Maßnahmenableitung beraten können.

Allerdings sind auch sie von der Ausbildung her keine ausgewiesenen Fachleute für die Analyse und Einordnung der vielschichtigen psychologischen Prozesse, wie sie in Betrieben und Abteilungen und in jedem Beschäftigten selber ablaufen. Daher sind hier – besonders bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen in größeren Betrieben – Fachleute mit psychologischer Expertise gefragt, die ggf. auch mit großen Datenmengen sicher umgehen können, z. B. Arbeitspsychologen.

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