Dipl.-Ing. Andreas Terboven
Zusammenfassung
Nach DIN 4102 werden Wände zur Trennung oder Abgrenzung von Brandabschnitten als Brandwände definiert, wenn sie dazu bestimmt sind, die Ausbreitung von Feuer auf andere Gebäude oder Gebäudeabschnitte zu verhindern. In den behördlichen Verordnungen sind Brandwände zudem raumabschließende Bauteile zum Abschluss von Gebäuden oder Unterteilung von Gebäuden (Gebäude-/Brandabschnitte).
Bau-/Landesbauordnungen:
DGUV-I 205-001 "Betrieblicher Brandschutz in der Praxis"
DIN 4102 "Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen" (Teile 1 bis 4 und 11)
1 Normierte Anforderungen an Brandwände (DIN 4102-3)
Brandwände gehören zum Rohbau einer baulichen Anlage. Sie müssen aus Baustoffen der Klasse A bestehen, also aus nicht brennbaren Bauprodukten.
Brandwände müssen bei mittiger und ausmittiger Belastung mind. die Feuerwiderstandsklasse F90 erfüllen. F90 bedeutet, dass eine Brandwand einen Feuerwiderstand (Funktionserhalt) von mind. 90 min aufweisen muss. Brandwände mit höherer Feuerwiderstandsdauer sind Brandwände, die Anforderungen der Feuerwiderstandsklasse F120 oder F180 erfüllen.
Brandwände mit der Feuerwiderstandsklasse F180 werden auch als "Komplextrennwände" (KTW) bezeichnet. Komplextrennwände trennen Gebäude- oder Lagerkomplexe voneinander. Neben der höchsten Feuerwiderstandsklasse müssen Komplextrennwände auch einer höheren Stoßbeanspruchung standhalten.
Brandwände müssen bei den Prüfungen unter einer definierten Stoßbeanspruchung standsicher und raumabschließend bleiben. Die Standsicherheit muss während und nach den beiden ersten Stößen unter der Belastung p, nach dem dritten Stoß unter dem Eigengewicht g des Probekörpers erhalten bleiben. Der Raumabschluss muss während und nach den Stoßbeanspruchungen gewahrt bleiben. Während und nach den Stoßbeanspruchungen darf auf der dem Feuer abgekehrten Seite die Temperaturerhöhung über die Anfangstemperatur nicht mehr als 140K im Mittel und nicht mehr als 180K max. betragen.
Wenn Bandwände von diesen Anforderungen abweichen, kann eine bauaufsichtliche Zulassung über weitere Eignungsnachweise erreicht werden.
2 Behördliche Anforderungen
Jedes Bundesland formuliert in seiner Bau- bzw. Landesbauordnung Anforderungen an Brandwände. Die Anforderungen der Länder sind unterschiedlich stark spezifiziert. Sie unterscheiden sich v. a. in den Details für Vorgaben und deren Ausnahmeregelungen.
Neben den Bestimmungen der Bauordnung gibt es noch besondere Bestimmungen für
- Verkaufsstätten,
- Versammlungsstätten,
- Bühnenhäuser,
- Lagerung von Gefahrstoffen (TRGS 510 etc.),
- Wassergefährdende Stoffe (Löschwasser-Rückhalte-Richtlinien der Länder) und
- Industriebauten (Industriebaurichtlinien der Länder).
3 Prüfungen für Brandwände
Bei der Prüfung für Brandwände sind 3 Merkmale zu erfüllen:
- ausmittige Belastung p,
- Stoßbeanspruchung,
- Lagerung der Probekörper bei den Stoßbeanspruchungen.
Die ausmittige Belastung p beschreibt wie der Probekörper und in welchem Abstand die Brandwand zu belasten ist. Die Stoßbeanspruchung ist die Feststellung der Widerstandsfähigkeit der Brandwand gegen Stoß. Hier werden die Stoßkraft und die Probefläche definiert, der eine Brandwand standhalten muss. Komplextrennwände müssen höhere Stoßbeanspruchung aushalten. Zur praxisnahen Ausführung ist die Art der Lagerung der Probekörper ebenfalls vorgegeben. Über die Durchführung und die Ergebnisse der Prüfungen ist ein Prüfzeugnis auszustellen.
4 Beispiele zur baulichen Ausführung von Brandwänden
- Brandwände müssen bis zur Bedachung durchgehen. In besonderen Fällen sind Brandwände über das Dach hochzuziehen (mind. 0,5 m), wenn z. B. die Dachhaut aus brennbaren Baustoffen besteht. Brandwände müssen in allen Geschossen übereinander angeordnet sein. Eine geschossweise versetzte Anordnung innerer Brandwände ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich.
- Brandwände zwischen Gebäuden gleicher Höhe müssen in bestimmten Abständen über die anschließenden Dachflächen hinausragen. Die Höhe orientiert sich an der Baustoffausführung der Dachflächen und speziellen Vorgaben, z. B. in der Industriebaurichtlinie.
- Zwischen Gebäuden mit einer Höhendifferenz unter 2 m ist die Brandwand wie bei Gebäuden mit gleicher Höhe auszuführen. Ab 2 m Höhendifferenz gibt es verschiedene Bestimmungen für das Dach des niedrigeren Gebäudes, deren Tragwerke und für Komplextrennwände.
- Eine erhöhte Gefahr der Brandausbreitung besteht auch über Eck, wenn Gebäude oder Gebäudeteile in einem Winkel von < 120° zueinander angeordnet sind. Um an dieser Stelle Brandausbreitung zu vermeiden, gibt es Vorgaben bzgl. der Abstände der Brandwand oder aber zur Ausführung der Außenwände.
- Im Brandfall kann die Standsicherheit durch Ausdehnung oder Einsturz anderer Bauteile gefährdet...