Arbeitswelt und Individuum im Ungleichgewicht
Die Arbeitsbedingungen sind meist nicht alleine verantwortlich, wenn jemand psychisch erkrankt. Doch beim Burnout-Syndrom geht man davon aus, dass die Arbeitswelt einen großen ursächlichen Einfluss auf die Entstehung hat. Die Krankheit bricht aus, wenn Arbeitswelt und Individuum nicht mehr im Einklang sind.
Stabilisierende Strukturen
Warum kommen immer mehr Menschen aus dem Gleichgewicht und werden psychisch krank? Fachleute führen das u. a. darauf zurück, dass die gesellschaftlichen Strukturen instabiler sind als früher: Familien brechen auseinander, immer weniger Menschen finden im religiösen Glauben einen Halt, Heimat als Ort der Geborgenheit hat an Wert verloren und die Berufswelt ist nur noch selten dauerhaft und beständig. Individualität spielt eine immer größere Rolle, d. h., jeder ist für sich selbst verantwortlich. Doch die wenigsten haben gelernt, auf sich zu achten, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und zu vertreten.
Abläufe und Prozesse
Hinzu kommen Faktoren der modernen (Arbeits-)Welt, die überfordern: Durch die Digitalisierung müssen ständig und immer schneller neue Anwendungen erlernt und beherrscht werden. Lebenslanges Lernen ist heute in allen Branchen unverzichtbar. Aber auch die Produktzyklen beschleunigen sich. Das führt dazu, dass sich immer mehr Menschen rastlos und zugleich unproduktiv fühlen.
Außerdem erfordern die wirtschaftliche Entwicklung und die Globalisierung zunehmend, dass Erwerbstätige ihren Arbeitsplatz öfter wechseln. Dadurch entstehen Anpassungs- und Umstellungssituationen, die geistig und seelisch belasten. Veränderungen brauchen Zeit, die aber meist nicht gegeben und viel zu selten eingefordert wird.
Zusammengehörigkeitsgefühl
Soziale Kontakte und ein Zusammengehörigkeitsgefühl sowie die Identität mit dem Unternehmen haben in den vergangenen Jahren deutlich nachgelassen und werden immer weniger gefördert. So lädt kaum ein Unternehmen noch zur Weihnachtsfeier ein und in den wenigsten Abteilungen werden noch Geburtstage und Jubiläen gemeinsam gefeiert. Während der Corona-Pandemie waren soziale Kontakte zeitweise sogar stark eingeschränkt bzw. untersagt. Auch heute halten sich manche Menschen noch von größeren Zusammenkünften fern. Hier sind die Unternehmen gefordert, neue Ideen zu entwickeln, damit die Mitarbeitenden eine starke Gemeinschaft werden bzw. bleiben.
Burnout-Theorien
Den Burnout-Theorien liegen seit den 1980er- und 1990er-Jahren 2 Erklärungsansätze zugrunde:
- Beim persönlichkeitszentrierten Ansatz stehen Persönlichkeitsstrukturen und individuelle Dispositionen im Vordergrund.
- Der organisationszentrierte Ansatz sieht dagegen gesellschaftliche Faktoren sowie Bedingungen der Arbeitswelt als Auslöser der Krankheit.