ZP Süd: Felix Magath sprach über Hochleistung und Burnout
Mit 6.200 Besuchenden lockte die ZP Süd über eintausend Menschen mehr auf die Messe Stuttgart als im vergangenen Jahr. Wie in den Vorjahren erfuhr das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) viel Aufmerksamkeit. So waren zahlreiche BGM-Anbieter und -Referentinnen vertreten. Überraschend ist der Aufschwung nicht – denn der Krankenstand in Deutschland war im vergangenen Jahr so hoch wie nie, wie ein Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung jüngst zeigte. 15,2 Tage fehlten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Schnitt pro Jahr.
Das drückt auf die Produktivität in den Unternehmen. Die müssen sich mit der Frage beschäftigen, wie sie die Fehlzeiten durch Krankheit reduzieren können. Zu den Krankheitsgruppen, die die höchsten Fehlzeiten verursachen, gehören seit Jahren psychische Erkrankungen wie Burnout oder Depressionen. So wichtig es also ist, über berufsbedingten Stress zu sprechen – Burnout ist vielerorts noch immer ein Tabuthema.
Zweiter Tag der ZP Süd: Felix Magath erzählt vom eigenen Burnout
Das Messe-Highlight gab es am zweiten Tag der ZP Süd: Personalmagazin-Redakteurin Katharina Schmitt sprach mit Fußballtrainer Felix Magath, Claudia Viehweger von Scout24 und BGM-Experte Volker Nürnberg auf der Keynote Stage darüber, wie Führungskräfte ihre Teams leistungsfähig machen und gleichzeitig deren psychische Gesundheit fördern können.
Dabei erzählte Magath von der Zeit, in der auch er psychisch an seine Grenzen gestoßen ist – kurz bevor er beim FC Schalke 04 entlassen wurde: "Es hat der Wecker geklingelt und ich dachte: Nein, ich will jetzt nicht aufstehen – und ich drehte mich herum. Es waren Symptome eines Burnouts." Als er schließlich entlassen wurde, nahm er dennoch nur Tage später wieder einen Job an – bei seinem ehemaligen Arbeitgeber VfL Wolfsburg, mit dem er zuvor Deutscher Meister wurde, obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon spürte, dass er nicht dazu bereit war und eine Pause notwendig gewesen wäre.
In diesem Video sprechen unsere drei Podiumsgäste über Stressfaktoren, Motivation und die eigene Erschöpfung
BGM-Experte Volker Nürnberg bemängelt Erholungsdefizit
Woran liegt es aber, dass der Druck im Profifußball wie auch in der Arbeitswelt immer mehr zunimmt? Nürnberg führt das Problem auf die Arbeitsverdichtung zurück. Zudem seien immer schnellere Innovationszyklen gefordert– etwa, wenn Unternehmen laufend neue Technologien oder Software einführen. Den entscheidenden Punkt sieht Nürnberg darin, dass in der heutigen Arbeitswelt ein Erholungsdefizit bestehe, Beschäftigte also zu wenig Zeit hätten, um zu regenerieren.
Arbeitsumfeld und Orientierung als wichtige Faktoren
Viele Arbeitnehmende beklagen den steigenden Leistungsdruck und sehen darin die Ursache psychischer Erkrankungen. Viehweger sieht das differenzierter. Druck sei zunächst einmal nichts Negatives. Vielmehr gehe es um den Umgang damit. Entscheidend sei, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Mitarbeitende offen sagen können, was sie belastet. "Das kann Mitarbeitenden psychologische Sicherheit im Team vermitteln".
Leistungsdruck gibt es im Profifußball zur Genüge. Das kann laut Magath vor allem dann zum Problem werden, wenn Führung fehlt. Denn wenn ein Spieler auf dem Platz nicht wisse, wie er agieren soll, entstehe Stress. Dem stimmte auch Claudia Viehweger zu: "Mitarbeitende müssen wissen, wie sie zum Teamerfolg beitragen können." Dafür brauche es Klarheit in vielerlei Hinsicht: Klarheit bei den jeweiligen Rollen, der Ressourcenallokation und in den Entscheidungsprozessen.
Passung von Job und Persönlichkeit als Königsdisziplin
Eine weitere Parallele von Fußball zu HR ist der Fokus auf den Menschen, der laut Magath wichtiger sei als die Taktik. Jede Situation auf dem Spielfeld sei unterschiedlich und der Spieler müsse die Entscheidungen allein treffen. "Darum ist es entscheidend, den Spieler richtig einzuschätzen und ihn in eine Position zu bringen, in der er selbstbewusst handelt." Die richtigen Leute an die richtige Stelle bringen – auch für Claudia Viehweger ist das die "Königsdisziplin" einer Führungskraft.
Führungskräfte wie auch Trainer sind also vor allem in sozialer Hinsicht gefragt; sowohl, um die Teams leistungsfähiger zu machen, als auch um zu erkennen, wenn Mitarbeitende überlastet sind. Nürnberg betonte, dass Führungskräfte in der Regel keine Psychologen seien – und dies auch nicht der Anspruch sein könne. Dennoch spricht er sich dafür aus, Führungskräfte mehr nach sozialen als nach fachlichen Kriterien auszuwählen. Aktuell geschehe dies zu selten.
Interesse an Podium sendet wichtiges Signal
Nürnberg warnt davor, das Thema psychische Gesundheit zu unterschätzen. So sterben dreimal mehr Menschen an Suizid als an Verkehrsunfällen. Die bis auf den letzten Platz gefüllten Reihen vor der Keynote-Stage zeugten davon, dass das Thema allmählich auch in der Arbeitswelt Beachtung findet – und prominente Persönlichkeiten wie Felix Magath dazu beitragen können, Menschen für das Thema zu sensibilisieren.
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