Investitionen in HR: Handlungsempfehlungen und Argumente

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten steht der Personal­bereich oft besonders unter Druck, seinen Wert­beitrag zum Unter­nehmen aufzuzeigen. Repräsen­tative Daten aus dem Linked Personnel Panel, der größten personalökonomischen Betriebs­­befragung in Deutsch­land, zeigen, inwiefern sich Investitionen in Personal­maß­nahmen rechnen – und welche Instrumente auf den Prüfstand gehören.

Eine der größten Herausforderungen im Personalmanagement ist die Frage nach der Effektivität der eingesetzten Personalmaßnahmen: Was bewirken sie tatsächlich – vor allem in Bezug auf wirtschaftlichen Erfolg? Der Personalbereich steht noch mehr als andere Querschnittsfunktionen unter Druck, den Wertbeitrag der Personalarbeit zum Unternehmenserfolg zu rechtfertigen. Denn die Investitionen in das "Humankapital" sind hoch. Dabei geht es nicht nur um den Zusammenhang mit dem direkten Unternehmensergebnis, sondern auch um indirekte Beziehungen – zum Beispiel indem sich Personalmaßnahmen in besseren nicht-finanziellen Leistungsindikatoren (KPIs) wie Mitarbeiterzufriedenheit oder Commitment manifestieren. Diese Frühindikatoren (leading indicators) spiegeln sich dann idealerweise auch langfristig im (finanziellen) Unternehmenserfolg wider.

Personalmaßnahmen und wirtschaftlicher Erfolg: Wo liegen die Zusammenhänge?

Zahlreiche Studien belegen, dass besser gemanagte Unternehmen auch wirtschaftlich erfolgreicher sind. Oft lässt sich das an harten, leicht messbaren Faktoren ablesen – zum Beispiel aus dem Produktions- und Vertriebsumfeld. Dies ist auch naheliegend, da hier bessere Strukturen schon kurzfristig zu einer Effizienzsteigerung führen können. Weniger offensichtlich ist der Zusammenhang dagegen zwischen Personalarbeit und dem wirtschaftlichen Gesamterfolg von Unternehmen. Viele Personalmaßnahmen sind erst einmal mit hohen Investitionskosten verbunden und der Erfolg ist, wenn überhaupt, nur langfristig messbar. Zudem können auch unbeabsichtigte Effekte eintreten. Normalerweise geht man davon aus, dass Investitionen in Weiterbildungen die Mitarbeitenden befähigen, ihre Arbeit besser auszuführen und sie an das Unternehmen zu binden. Allerdings kann es auch passieren, dass besser qualifizierte Beschäftigte das Unternehmen verlassen. 

Aber auch methodisch ist es herausfordernd, über reine Korrelationen hinaus kausale Aussagen über Wirkungszusammenhänge zu treffen. Häufig lässt sich beobachten, dass bestimmte Maßnahmen und Wirkungen gemeinsam auftreten, ohne dass man sagen könnte, dass das eine für das andere ursächlich ist. Dies ist unter anderem dem sogenannten Reverse-Causality-Problem geschuldet: So könnte ein Zusammenhang zwischen der Verbreitung von Personalmaßnahmen und dem wirtschaftlichen Erfolg allein darin bestehen, dass Unternehmen sich in schlechten Zeiten gezwungen fühlen, bestimmte Maßnahmen abzuschaffen oder aber wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen über die notwendigen liquiden Mittel verfügen, um "teure" Personalpraktiken einzuführen. Zudem führen Unternehmen Maßnahmen typischerweise nicht zufällig ein, sondern zum Beispiel als Reaktion auf ein internes Problem. Dieses sogenannte Endogenitätsproblem macht die Identifizierung kausaler Effekte sehr schwer, weil alle möglichen Einflussfaktoren gemessen und kontrolliert werden müssten. Randomisierte Pilotstudien, die Maßnahmen zufällig bestimmten Einheiten zuweisen (Treatmentgruppe versus Kontrollgruppe), würden hier Abhilfe schaffen, sind aber nicht für jeden Unternehmenskontext geeignet.

Analyse von HR-Maßnahmen und betrieblicher Produktivität

In diesem Beitrag präsentieren wir erste Analysen zum Zusammenhang zwischen ausgewählten HR-Maßnahmen und der betrieblichen Produktivität. Grundlage unserer Auswertung ist das Linked Personnel Panel (LPP), eine repräsentative Befragung privatwirtschaftlicher Betriebe (ab 50 Beschäftigten) und deren Beschäftigten, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), den Universitäten in Köln und Tübingen sowie Forschungsinstituten wie dem ZEW und IZA seit 2012 alle zwei Jahre durchführt. Der Datensatz umfasst mittlerweile sechs Betriebs- und sechs Beschäftigtenbefragungen, die zeitlich versetzt stattfinden. Durch zufälliges Stichprobendesign und eine hohe Teilnahmerate ist es möglich, repräsentative Aussagen für die entsprechenden Betriebe und deren Beschäftigten zu treffen. 

Zunächst betrachten wir die Entwicklung einiger Personalmaßnahmen, die direkt der Anreizsetzung und Leistungsbeurteilung dienen (Performance Management), und solche, deren Zielsetzung eher die Entwicklung und/oder die Weiterbildung von Beschäftigten ist. Aus aktuellem Anlass nehmen wir auch die Homeoffice-Nutzung mit auf, die sowohl als Instrument der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie als Retention-Instrument fungieren kann. Bei diesen Personalmaßnahmen sehen wir Trends in verschiedene Richtungen. 

Weniger Maßnahmen im Performance Management 

Im Zeitraum zwischen 2012 und 2023 beobachten wir einen sukzessiven Rückgang von Maßnahmen zur Anreizsetzung in Betrieben in Deutschland. Am deutlichsten fällt dieser Rückgang bei der variablen Vergütung aus, welche 2023 nur noch in 44 Prozent der Betriebe zum Einsatz kam und damit deutlich seltener als noch 2012 (58 Prozent). Rückläufig sind auch schriftlich fixierte Zielvereinbarungen, die in diesem Zeitraum von 60 auf 50 Prozent abnahmen. Da Zielvereinbarungen, variable Vergütung und Leistungsbeurteilungen zwar nicht immer, aber meistens miteinander einhergehen, überrascht es nicht, dass auch die Bedeutung von jährlichen Leistungsbeurteilungen abnimmt (59 auf 47 Prozent). Einzig jährliche, strukturierte Mitarbeitergespräche, die Unternehmen im Stil eines Entwicklungsdialogs auch ohne Leistungskomponente gestalten können, verzeichnen nach einem temporären moderaten Rückgang sogar eine Zunahme in den letzten Jahren: Im Jahr 2023 praktizierten dies nach wie vor sieben von zehn Betrieben (72 Prozent) ( Abbildung 1). 

Ein gänzlich anderes Bild zeichnet die Verbreitung von Personalentwicklungsmaßnahmen über die Zeit. Die Nutzungshäufigkeit solcher Instrumente ist im Zeitablauf vergleichsweise stabil, was insbesondere bei der Nutzung regelmäßiger Mitarbeiterbefragungen auffällt. Allerdings sind die betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen in der vorletzten Befragungswelle stark zurückgegangen – wahrscheinlich pandemiebedingt, da Weiterbildungen in Präsenz nicht stattfinden konnten und verschoben werden mussten. Und auch die Umstellung auf Online-Schulungen brauchte Vorbereitungszeit. Die Umsetzung scheint den Betrieben nun gelungen zu sein, da die Nutzungshäufigkeit im Jahr 2023 fast wieder die Werte des Jahres 2012 erreicht hat ( Abbildung 2). Außerdem wird im LPP danach gefragt, ob Unternehmen individuelle Entwicklungspläne für Beschäftigte erstellen. Auch hier lässt sich ein Rückgang im Jahr 2020 beobachten, allerdings fällt die anschließende Erholung geringer aus als die bei den Weiterbildungsmaßnahmen, sodass in Summe ein Rückgang zwischen 2012 und 2023 (39 auf 31 Prozent) zu Buche steht.

Starke Zunahme bei der Homeoffice-Nutzung

Einzig bei der Verbreitung von Homeoffice beobachten wir ein gegenläufiges Muster in Form eines kontinuierlichen Anstiegs vor der Pandemie und eine erwartungsgemäß noch stärkere Zunahme zu Beginn der Pandemie. Betriebe gaben dabei in der Befragung an, ob sie ihren Beschäftigten grundsätzlich die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice bieten, ein Mindestumfang war dabei nicht Voraussetzung. Von 2016 bis 2020 lässt sich ein Trend hin zu zwei Tagen Homeoffice pro Woche erkennen. Vor allem selteneres Homeoffice ging zurück. Dass bereits die Werte vor der Pandemie auf einem hohen Niveau liegen, lässt sich anhand des Datensatzes erklären, der nur Betriebe mit mehr als 50 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erfasst. Es ist davon auszugehen, dass kleinere Betriebe oft die technischen Voraussetzungen wie VPN-Zugänge und Videoconferencing weniger schnell an den Start bringen konnten. Im Jahr 2023 boten knapp 4 von 5 privatwirtschaftlichen Betrieben zumindest einem Teil ihrer Belegschaft das Arbeiten von zu Hause an. 

Besteht zwischen Personalarbeit und Wertschöpfung ein Zusammenhang?

Nun stellt sich die Frage, welche Personalmaßnahmen für Betriebe wirtschaftlich vorteilhaft sind, also ob die beschriebenen Veränderungen (Ausweitungen oder Reduzierungen) in der Nutzungshäufigkeit von Personalinstrumenten mit einer Veränderung des wirtschaftlichen Erfolgs einhergehen. Um dies zu beantworten, haben wir den Zusammenhang zwischen ausgewählten Personalmaßnahmen und der betrieblichen Wertschöpfung untersucht. Wertschöpfung messen wir dabei als Umsatz eines Betriebs abzüglich der Vorleistungen. Die Wertschöpfung ist pro Kopf erfasst, um Unterschiede zwischen Betriebsgrößen auszugleichen. 

Abbildung 3 zeigt eine erste deskriptive Gegenüberstellung zwischen den oben schon untersuchten Personalinstrumenten und der durchschnittlichen betrieblichen Wertschöpfung pro Kopf. Es zeigt sich ein positiver Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein der Personalinstrumente und der Pro-Kopf-Wertschöpfung. Insbesondere für die Nutzung von Homeoffice, variabler Vergütung sowie Zielvereinbarungen fällt die Wertschöpfung pro Kopf im Durchschnitt deutlich höher aus. Bei den übrigen Maßnahmen ( siehe Abbildung 3) zeigen sich hingegen keine bedeutenden Unterschiede.

Diese deskriptive Darstellung lässt jedoch außer Acht, dass hinter den gezeigten Unterschieden (also den blauen und gelben Balken) unterschiedliche Typen von Betrieben stecken können. So könnte es zum Beispiel sein, dass sich wirtschaftlich erfolgreichere Firmen bestimmte Maßnahmen eher leisten können (oder wollen) oder Firmen mit einem hohen Anteil Hochqualifizierter nicht nur eine höhere Wertschöpfung pro Kopf erzielen, sondern auch wegen der besseren Eignung der Tätigkeiten eher Homeoffice anbieten. Auch kann die Zugehörigkeit zu bestimmten Industrien die Unterschiede beeinflussen. 
Um näherungsweise einen kausalen Zusammenhang zwischen Personalmaßnahmen und Wertschöpfung adäquat zu untersuchen, setzen wir daher sogenannte "multivariate Regressionen" ein. Das sind statistische Verfahren, die mittels Kontrollvariablen und fixen Effekten solche Unterschiede zwischen Betrieben "herausrechnen". Auf diese Weise versuchen wir, das Problem der umgekehrten Kausalität abzumildern. Durch den langen Beobachtungszeitraum können wir so nicht nur leicht zu beobachtende Unterschiede – wie etwa die Branche oder die Belegschaftszusammensetzung – als Ursache für bestimmte Wirkungen ausschließen, sondern auch Einflüsse von weniger offensichtlichen Betriebsmerkmalen wie der Unternehmenskultur herausrechnen. 

Viele Personalmaßnahmen benötigen Zeit, um Wirkung zu entfalten. Ihre Einführung oder Umsetzung kostet erst einmal direkt oder indirekt Geld, weil Mitarbeitende geschult, neue Soft- oder Hardware beschafft oder sich geänderte Strukturen einspielen müssen. Um dies darzustellen, differenzieren wir in unseren Analysen zwischen einem kurzfristigen Effekt, bei dem es in den letzten zwei Jahren eine Änderung in einer Personalmaßnahme gab und einem mittelfristigen Effekt mit erfolgten Änderungen innerhalb der letzten vier Jahre.

Kaum Zusammenhänge zwischen HR-Maßnahmen und kurzfristiger Wertschöpfung 

Kurzfristig lässt sich bei fast allen Personalmaßnahmen kein statistisch signifikanter Zusammenhang mit der betrieblichen Wertschöpfung erkennen. Einzig Betriebe, die etwas am Einsatz von Entwicklungsplänen geändert haben – also solche Pläne eingeführt oder abgeschafft haben –, weisen eine durchschnittlich um zehn Prozent geringere Wertschöpfung auf als Betriebe ohne Veränderungen in diesem Bereich. Eine mögliche Erklärung liegt in der Ausgestaltung solcher Entwicklungspläne, die wir in Befragungen mit einer Großzahl an Unternehmen nicht bis ins kleinste Detail abbilden können. Unternehmen erzeugen in diesen Entwicklungsplänen typischerweise Erwartungen von Beschäftigten, zum Beispiel in Bezug auf Karriereschritte oder Beförderungen. Wenn Arbeitgeber diese Erwartungen nicht erfüllen, kann dies negative Effekte auf Zufriedenheit und Wechselbereitschaft haben und sich letztendlich in geringerer Wertschöpfung niederschlagen.

Die LPP-Betriebsbefragung erhebt darüber hinaus für einige Personalinstrumente die Zielgruppe der jeweiligen Maßnahmen, also ob diese Maßnahmen für Beschäftigte mit oder ohne Führungsverantwortung angeboten werden. Auch hier finden wir in beiden Beschäftigtengruppen in der Kurzfristperspektive keinerlei signifikante Zusammenhänge mit der Wertschöpfung.

Welche Personalmaßnahmen sich langfristig lohnen

Betrachtet man hingegen einen längerfristigen Zeithorizont, also Veränderungen in Personalmaßnahmen innerhalb der letzten vier Jahre, ist nur bei einer Personalmaßnahme ein deutlich ausgeprägter, positiver Zusammenhang mit der Wertschöpfung pro Kopf erkennbar. Betriebe, die variable Vergütungssysteme für Führungskräfte anbieten, weisen eine etwa 15 Prozent höhere Wertschöpfung auf als Betriebe, die Führungskräfte ohne variable Vergütung entlohnen. Interessanterweise dreht sich das Vorzeichen bei Beschäftigten ohne Führungsverantwortung um. Hier finden wir eine um 20 Prozent geringere Wertschöpfung pro Kopf, wenn Unternehmen die variable Vergütung bei Nicht-Führungskräften einsetzen.

Dieser langfristige negative Zusammenhang variabler Vergütungssysteme für Nicht-Führungskräfte kann diverse Ursachen haben, die schon länger Gegenstand größerer Diskussionen im Personalbereich und in der Forschung sind. Mögliche Gründe: Es ist bekannt, dass intrinsische Motivation durch extrinsische Anreize verdrängt werden kann oder Gewöhnungseffekte bei bestimmten Anreizen auftreten können. Es erscheint allerdings plausibler, diese negative Korrelation damit zu erklären, dass individuelle Leistung auf unteren Hierarchieebenen schwerer messbar ist. Deshalb greifen Unternehmen oft auf rein subjektive Leistungsbeurteilungen zurück – mit den allseits bekannten Problemen. Setzen sie hingegen vermehrt auf kollektivistische Ziele wie Team- oder Unternehmensziele, kann gerade auf unteren Ebenen der geringere, direkte Einfluss eines Beschäftigten auf das Unternehmensergebnis einen eher schwachen Leistungsmotivator darstellen (Trittbrettfahrerproblem). Diesen letzten Punkt bestätigen auch unsere Analysen. Wenn wir den Vergütungsmix, also die relative Gewichtung von Individual-, Team- und Unternehmenszielen getrennt betrachten, sehen wir, dass die geringere Wertschöpfung variabler Vergütung für Nicht-Führungskräfte vor allem die Unternehmen betrifft, die Unternehmenszielen eine höhere Bedeutung geben. Hier könnte also ein klassisches Trittbrettfahrerproblem vorliegen, das typischerweise mit steigender Unternehmensgröße virulenter wird. Dies ist auch in der personalökonomischen Forschung durchaus bekannt. Jedoch gibt es auch Beispiele, in denen solche kollektivistischen Ziele bei Nicht-Führungskräften funktionieren, zum Beispiel durch soziale Kontrolle oder Gruppendruck innerhalb der Belegschaft. Unternehmen, die kollektive Ziele auch für Nicht-Führungskräfte verwenden wollen, müssen die Auswirkungen auf die Leistungsbereitschaft und Motivation daher sehr sorgsam evaluieren.

Variable Vergütung geht oft, wie oben beschrieben, mit anderen Maßnahmen des Performance Managements einher. Hierzu zählen Zielvereinbarungen, Leistungsbeurteilungen und Mitarbeitergespräche zwischen Führungskraft und Beschäftigten. Für alle drei dieser Maßnahmen können wir keine signifikante Korrelation mit der betrieblichen Wertschöpfung finden. Allerdings haben wir bis jetzt nur die isolierten Effekte der HR-Maßnahmen betrachtet. Dabei ist es möglich, dass diese Maßnahmen nur in Kombination wirken und isoliert eingeführt keine Wirkung zeigen. Unsere weiteren Analysen zeigen aber, dass Betriebe, die auf das Bündel dieser drei Maßnahmen gleichzeitig setzen, auch keine größere Wertschöpfung generieren als Betriebe, die nur einzelne Maßnahmen aus dem Paket nutzen.

Beim Thema Weiterbildung sieht das Bild ein wenig anders aus. Unternehmen richten ihre Weiterbildungsmaßnahmen idealerweise auf die Potenziale und zukünftigen Bedarfe in der Belegschaft aus. Allerdings sind Qualifizierungen, die über kurze On-the-job Trainingsmaßnahmen hinausgehen, häufig mit hohen direkten und indirekten Kosten verbunden. Dabei fallen Kursgebühren an oder den Unternehmen entgeht die Arbeitszeit der Teilnehmenden, die während der Maßnahme nicht oder nur eingeschränkt für die eigentliche Tätigkeit zur Verfügung stehen. Damit kommt es auf den Zeithorizont an, ab wann sich Investitionen lohnen. Unsere Analyseergebnisse scheinen dies zu bestätigen: Investitionen in Weiterbildungsmaßnahmen haben kurzfristig keinen Einfluss auf die Wertschöpfung, längerfristig jedoch sehr wohl. Dies gilt unabhängig vom Niveau der Fachqualifikation von Beschäftigten.

Und wie sieht es mit dem langfristigen Effekt von Entwicklungsplänen aus? Oben haben wir ausgeführt, dass es kurzfristig negative Auswirkungen haben kann, wenn Unternehmen Entwicklungspläne einführen oder abschaffen. Bei längerfristiger Betrachtung können wir jedoch keinen statistisch signifikanten Effekt nachweisen, also weder einen positiven noch einen negativen.

Wie oben bereits gezeigt, erlebte das mobile Arbeiten von zu Hause (Homeoffice) durch die Pandemie einen enormen Verbreitungsschub. Als ein wichtiger Grund für die "Rückkehr" ins Büro führen Unternehmen oftmals einen negativen Zusammenhang zwischen Homeoffice-Nutzung und individueller Produktivität an, getrieben durch erschwerte Leistungskontrolle, mangelnden Austausch, Probleme bei der Mitarbeiterführung und erschwerte Teamarbeit, wodurch Kreativität und Innovationskraft leiden können. Unsere Analyse kann das nicht bestätigen, jedenfalls hinsichtlich der betrieblichen Wertschöpfung: Änderungen im Homeoffice-Angebot – also auch dessen Abschaffung – wirken sich weder kurz- noch langfristig auf die Wertschöpfung aus. 

Gute Führung zahlt sich aus

Um auch Aussagen über die Qualität von Führung treffen zu können, haben wir die verschiedenen Quellen des LPP-Datensatzes genutzt, der aus einer Betriebsbefragung und einer Beschäftigtenbefragung besteht. Wenn wir beide Befragungen miteinander verbinden, können wir weitere Erkenntnisse ableiten. Die Beschäftigtenbefragung gibt Aufschluss darüber, wie die Belegschaft die Instrumente der Personalarbeit, die Stimmung oder die Unternehmenskultur wahrnimmt. 

Für die folgenden Analysen haben wir die Antworten aller Beschäftigten in einem Betrieb gebündelt, um so ein Stimmungsbild pro Betrieb zu erhalten. Die Analysen zeigen hier einen Zusammenhang zwischen bestimmten Elementen der Führungsqualität und der betrieblichen Wertschöpfung. Eine höhere Zustimmung der Beschäftigten zu der Aussage "Vorgesetzte zeigen Verständnis für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" ist mit einer höheren betrieblichen Wertschöpfung in der Kurzfristperspektive korreliert. Eine nachweisbar höhere Wertschöpfung weisen langfristig gesehen die Betriebe aus, in denen die Beschäftigten eher der Aussage "Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben ein klares Verständnis, was unser Betrieb erreichen will" zustimmen. Die Ergebnisse deuten an, dass Unternehmen nicht nur eine langfristige Strategie und Werte haben, sondern diese auch kommunizieren und vorleben sollten. Dies sind originäre Führungsaufgaben, die Unternehmen durch ein flankierendes Führungskräfteentwicklungsprogramm schulen und weiterentwickeln sollten. Vor allem für die Wirksamkeit von Vergütungssystemen, die Unternehmen mehr und mehr auf nachhaltige Unternehmensergebnisse ausrichten, ist Zielklarheit und Zielkongruenz zwischen Unternehmen und Belegschaft eminent wichtig.

Gesundheit 

Um die Analyse abzurunden, haben wir uns die Auswirkungen von Personalmaßnahmen auf betriebliche Gesundheitsindikatoren angeschaut. Die durchschnittlichen Krankheitstage pro Betrieb steigen im betrachteten Zeitraum von 14,3 Tagen im Jahr 2012 auf 15,9 Tage im Jahr 2023. 

Vor allem im Bereich Weiterbildung zeigt sich in der Langfristperspektive ein signifikant negativer Zusammenhang mit den Krankheitstagen im Betrieb: Betriebe, die Veränderungen bei Weiterbildungen für qualifizierte und hochqualifizierte Beschäftigte vornehmen, verzeichnen durchschnittlich etwa 3,4 bis 6,9 Krankheitstage weniger als Betriebe, die keine Veränderungen im Bereich Weiterbildung vornehmen. 

Einen positiven Zusammenhang mit der Anzahl an Krankheitstagen finden wir hingegen bei der Homeoffice-Nutzung, aber nur in der Kurzfristperspektive: Betriebe, die Veränderungen in der Nutzung von Homeoffice-Angeboten durchführen, weisen im Durchschnitt bis zu 1,3 Krankheitstage mehr auf als Betriebe, die keine Homeoffice-Nutzung anbieten. Langfristig zeigt sich hier jedoch kein signifikanter Zusammenhang.

Ein weiteres Phänomen der betrieblichen Gesundheit ist Präsentismus, also das Aufsuchen des Arbeitsplatzes trotz Krankheit der Beschäftigten. Wir erheben in der LPP-Mitarbeiterbefragung seit dem Jahr 2016 dieses Verhalten mit der Frage: "An wie vielen Tagen sind Sie zur Arbeit gegangen, obwohl sie sich aufgrund Ihres Gesundheitszustands besser hätten krankmelden sollen?" Präsentismus ist noch nicht so gut erforscht wie Absentismus. Bekannt ist aber, dass Präsentismus eine erhöhte Ansteckungsgefahr für Kolleginnen und Kollegen im Betrieb mit sich bringt und sich somit negativ auf die Krankheitstage im Betrieb und die Produktivität auswirken kann. Die durchschnittlichen Präsentismus-Tage in unserer Befragung sind von 12,6 Tagen im Jahr 2016 auf 7,6 Tage im Jahr 2020 gesunken – neuere Daten werden hierzu gerade erhoben. Diese Verhaltensänderung hängt vermutlich mit der erhöhten Sensibilität durch die Pandemieerfahrungen zusammen. Betrachtet man diese Entwicklung in Bezug auf Maßnahmen im Performance Management, zeigt sich, dass Beschäftigte in Betrieben, die Veränderungen an Leistungsbeurteilungssystemen vornehmen, sowohl kurz- wie auch langfristig bis zu sechs Präsentismus-Tage weniger angeben. Dies könnte auch eine Erklärung für die höheren Fehlzeiten sein. Beschäftigte, deren Leistung von Vorgesetzten beurteilt wird, lassen sich im Krankheitsfall, in dem sie typischerweise nicht ihre volle Leistung abrufen können, eher krankschreiben, um negative Auswirkungen auf ihre Bonuszahlungen zu reduzieren.

Gute Personalarbeit geht über finanzielle Kennzahlen hinaus

Auf den ersten Blick mag es überraschen, dass sich kein klarerer Zusammenhang zwischen der Vielzahl an betrachteten Personalmaßnahmen und dem wirtschaftlichen Erfolg zeigt. Daraus sollten Unternehmen jedoch keinesfalls ableiten, dass sich Investitionen in Personalmaßnahmen nicht lohnen.

Die Frage nach dem Erfolgsbeitrag von HR-Maßnahmen – und von HR im Allgemeinen – ist mehrschichtig und aus empirischer Sicht durchaus herausfordernd. Methodisch stellen sich, wie oben beschrieben, sowohl Unternehmen wie auch Wissenschaftlern drängende Fragen. Welche KPIs sind geeignet, den Wertbeitrag von HR-Maßnahmen genau abzubilden? Wir haben hier vor allem finanzielle Kennzahlen betrachtet, nicht-finanzielle Indikatoren wie zum Beispiel ESG-Kriterien sind nicht berücksichtigt. Und wenn es gelingt, passende KPIs zu definieren, kann man diese dann auch zuverlässig und konsistent über die Geschäftsbereiche hinweg in Unternehmen messen? Wie bewertet man die teils lange Amortisationsdauer, die mit vielen HR-Maßnahmen einhergeht (siehe zum Beispiel Entwicklungspläne)? Gibt es im Unternehmen geeignete KPIs, die einen nachhaltigen Erfolg über solch lange Zeiträume genau abbilden können, also die weitgehend unbeeinflusst sind von exogenen Einflüssen wie Regulatorik oder Wirtschaftslage? Möchte man den Erfolgsbeitrag auf der betrieblichen Ebene oder eher der Beschäftigtenebene erfassen? 

Auf jeden Fall kommt es immer auf den spezifischen Unternehmenskontext und die genaue Ausgestaltung der Personalmaßnahmen an. Selbst zwischen Unternehmen mit ähnlichem Geschäftsmodell, die in der gleichen Branche operieren, kann die spezifische Zusammensetzung der Belegschaft hinsichtlich Präferenzen und Persönlichkeitsmerkmalen dafür sorgen, dass der Einsatz homogener Personalmaßnahmen zu Unterschieden in der Wertschöpfung führen kann. 

Frühere Ergebnisse von Forschungsarbeiten zeigen durchaus, dass Personalmaßnahmen ihre Berechtigung haben. Sie können das Commitment, Engagement oder die Bindung an den Betrieb steigern. Dies schlägt sich aber erst längerfristig in Finanzkennzahlen nieder. Personalinstrumente sollten daher nicht nur als potenzielle Treiber der Wertschöpfung angesehen werden, sondern vielmehr als Hygienefaktoren und wichtige Tools, um Optimierungs- und Effizienzmaßnahmen in Unternehmen zu flankieren. Weiterhin ist zu beachten, dass bestimmte Personalmaßnahmen von Beschäftigten einfach erwartet werden. Wer sie nicht durchführt, muss mit Bindungs- und Recruiting-Problemen rechnen. Der Einsatz von Personalinstrumenten in solchen Arbeitnehmermärkten folgt daher, jedenfalls kurzfristig, nicht immer einer klaren Wertschöpfungslogik.

Für Unternehmen führt kein Weg daran vorbei, Beschäftigte für neue Prozesse zu schulen. Sie sollten die Qualifikationsstruktur der Belegschaft vorausschauend an zukünftige Bedarfe und Anforderungen anpassen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf das Recruiting, sondern auch auf Weiterbildungsmaßnahmen und die Leistungs- und Potenzialbeurteilung. Diese wichtigen Funktionen des Personalmanagements in finanziellen und nicht-finanziellen Kennzahlen abzubilden, ist eine Mammutaufgabe. Klar ist: Ohne gute Personalarbeit, wäre jegliche Transformationsagenda von Unternehmen zum Scheitern verurteilt. 

Handlungsempfehlungen und Argumente für Investitionen in HR

Das Personalmanagement in Unternehmen hat das Potenzial, zu mehr Wertschöpfung und Produktivität beizutragen. Was gute Personalarbeit ist, darüber lässt sich aber trefflich streiten. Dennoch legen die Analysen des repräsentativen Linked Personnel Panel nahe, dass bestimmte Instrumente mehr bewirken als andere. Die wichtigsten Learnings daraus sind:

  1. Kurzfristige Effekte von Personalmaßnahmen auf die Wertschöpfung sind in der Breite nicht zu erwarten. HR sollte Entscheidungsträgerinnen und -träger im Unternehmen deshalb explizit auf die Langfristperspektive hinweisen.
  2. Mit Personalmaßnahmen sollten Unternehmen keine falschen Erwartungen bei Beschäftigten in Bezug auf Karriereentwicklung und Entlohnung wecken.
  3. Variable Boni bei Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung sind mit Vorsicht zu genießen: Hier können leicht negative Effekte für die Wertschöpfung auftreten, wahrscheinlich getrieben durch die schlechte Messbarkeit von individueller Leistung in vielen Bereichen. Anders bei Führungskräften: Hier können sich variable Vergütungssysteme lohnen.
  4. Veränderungen im Performance Management – konkret bei Leistungsbeurteilungssystemen – sind kurz- und langfristig mit weniger Präsentismus verbunden. Es gilt also immer, solche Verhaltensauswirkungen von HR-Maßnahmen kontinuierlich zu evaluieren und gegebenenfalls gegenzusteuern. 
  5. Die Bedeutung von Homeoffice-Angeboten für die Wertschöpfung scheint überschätzt: Änderungen – also die Einführung oder Abschaffung – wirken sich weder kurz- noch langfristig aus. Kurzfristig können sogar die Krankheitstage im Betrieb steigen.
  6. Weiterbildung zahlt sich langfristig aus: Höher Qualifizierte erhalten zwar höhere Löhne und sind auch für andere Arbeitgeber attraktiv. Doch unsere Analysen deuten auf eine höhere Produktivität hin. Bei höher- und hochqualifizierten Beschäftigten sinken zudem die Krankheitstage.
  7. Führungskräfteentwicklung ist von besonderer strategischer Bedeutung, um alle Beschäftigten auf Strategie und Werte im Unternehmen auszurichten.

Unsere Analyse zeigt: Es ist möglicherweise an der Zeit, manche Instrumente in der Personalarbeit zu hinterfragen. Nur weil sie üblich sind, sind sie noch lange nicht sinnvoll. Hinzu kommt: Gerade in Krisenzeiten erwarten Unternehmen, dass die Auswirkungen von Investitionen schnell sichtbar werden. Das ist jedoch bei Personalmaßnahmen – gerade bei den investitionsintensiven wie der Weiterbildung oder langfristigen Entwicklungsplänen – nur selten der Fall. Dieses Spannungsverhältnis ist eine der zentralen Herausforderungen im Personalmanagement.

Um nachhaltig den Erfolgsbeitrag der Personalarbeit zu messen, müssen alle Beteiligten aus Unternehmen und Forschung weiterhin an Themen wie Datenverfügbarkeit, einheitlicher Definition von zentralen KPIs und deren konsistente Messung arbeiten. Dann kann man im Sinne einer evidenzbasierten Personalpolitik tie­fergehende Analysen zum Wertbeitrag der Personalarbeit durchführen. Idealerweise zeigen Arbeitgeber zudem die Bereitschaft, Pilotstudien in bestimmten Bereichen oder Regionen durchzuführen, um kausale Wirkungsketten zu identifizieren. Und genau damit lassen sich Entscheiderinnen und Entscheider in der Geschäftsführung, dem Vorstand und Betriebsrat überzeugen: Gute Personalarbeit kann sich lohnen.


Dieser Beitrag ist erschienen in Personalmagazin 1/2025. Als Abonnent haben Sie Zugang zu diesem Beitrag und allen Artikeln dieser Ausgabe in unserem Digitalmagazin als Desktop-Applikation oder in der Personalmagazin-App.


Die Autoren:

Dr. Philipp Grunau ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Betriebe und Beschäftigung des Instituts für Arbeits­markt- und Berufsforschung (IAB).

Prof. Dr. Patrick Kampkötter ist Inhaber des Lehrstuhls für Managerial Accounting an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Dr. Stefanie Wolter ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsdatenzentrum und Leiterin der Arbeitsgruppe Qualität der Beschäftigung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).