Die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist Aufgabe des Unternehmers, der durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit und den Facharzt für Arbeitsmedizin dabei unterstützt werden kann.
4.1 Tätigkeiten
Mit Stich- oder Schnittverletzungen ist beispielsweise bei folgenden Tätigkeiten zu rechnen:
- Arbeiten mit Handmessern (z. B. in Küchenbetrieben, Schlachthäusern, in der Fleischbearbeitung bei Auslöse- und Zerlegearbeiten von Fleisch, Wild und Geflügel, Holzschnitzarbeiten);
- Arbeiten mit scharfkantigen oder spitzen Gegenständen (z. B. Bleche, Gussteile, Kunststoff, Glas ...);
- Arbeiten mit kraftbetriebenen Handmessern (z. B. Enthäutemesser, Entfettungsgerät, Kreismesser, Rundmesser, Stoßmesser);
- besondere Messer- bzw. Klingenformen;
- Messerwechsel und Transport von schweren Maschinenmessern.
Bissverletzungen können mit Stichverletzungen vergleichbar sein.
Erhöhte Gefährdungen bestehen z. B. durch
- Messerführung in Richtung des Körpers,
- erhöhten Kraftaufwand bei der Tätigkeit,
- räumliche Enge,
- Körperhaltung des Arbeitenden und
- Eigenschaften des zu bearbeitenden Materials (z. B. zäh, widerstandsfähig, rutschig).
Risikoprioritätszahl
Die DGUV-I 212-864 "Auswahl von Schnitt- und Stichschutz bei der Verwendung von Handmessern in der Nahrungsmittelwirtschaft" erläutert die Risikoprioritätszahl (RPZ) mit zahlreichen Beispielen für die Gefährdungsbeurteilung und Gefährdungsminimierung durch technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen. Die Risikoprioritätszahl wird dabei durch die mögliche Verletzungsschwere bei einer Tätigkeit und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Verletzung ermittelt.
4.2 Auswahl
Stechschutzkleidung muss passend zum Beschäftigten ausgewählt werden. Dabei sind die richtige Größe, die erforderliche Bewegungsfreiheit und der Tragekomfort zu berücksichtigen. Die Benutzung schlecht oder nicht passender Stechschutzkleidung erhöht das Verletzungsrisiko. Zu lose anliegende Schutzkleidung kann verrutschen, zu eng eingestellte die Bewegungsfreiheit und ggf. auch die Atmung einschränken oder das Wohlbefinden beeinträchtigen.
Die Größe von Stechschutzhandschuhen wird beispielsweise anhand von Farben dargestellt (Tab. 2):
Handschuhgröße |
Farbe |
Steife Stulpen am Handschuh (Länge B) |
Lange Stulpen |
5 |
Braun |
120 mm |
200 mm |
6 |
Grün |
7 |
Weiß |
8 |
Rot |
160 mm |
220 mm |
9 |
Blau |
240 mm |
10 |
Orange |
180 mm |
Tab. 2: Größen und Farbkennzeichnungen von Handschuhen und Unterarmschützern
Beschäftigte an der Auswahl beteiligen
Bei der Beschaffung von Stechschutz sollten die Beschäftigten einbezogen werden, um den Tragekomfort und die Akzeptanz der Stechschutzkleidung zu erhöhen.
4.3 Einsatzbeschränkungen
Beim Einsatz extrem spitzer Messer ist der Schutz vor Stichverletzungen auch bei Verwendung von Stechschutzbekleidung nicht mehr gewährleistet (vgl. Tab. 3, Abb. 13).
Messertyp |
Breite der Klinge 20 mm hinter der Spitze, Angaben in mm |
extrem spitz |
< 8 |
spitz |
8 bis 12,5 |
breit |
> 12,5 |
Tab. 3: Messerspitzenmaße nach DIN EN ISO 13998
Abb. 13: Extrem spitze Messer durchdringen das Schutzgewebe (links), spitze Messer werden durch das Schutzgewebe zurückgehalten (rechts)
Bei Arbeiten an rotierenden Teilen dürfen keine Metallringgeflechthandschuhe getragen werden, da es möglich ist, dass der Handschuh gefangen und eingezogen wird. Die Folgen sind meist schwerere Verletzungen als ohne Handschuhe.