Vor diesem Hintergrund wurde seit Anfang der 2000er Jahre von verschiedenen Akteuren - Wissenschaftlern, Stiftungen, Schulentwicklern, Krankenkassen und Unfallkassen - ein Ansatz schulischer Gesundheitsförderung entwickelt, der die schulische Prävention und Gesundheitsförderung stärker mit den Bildungs- und Erziehungsaufträgen sowie mit der schulischen Qualitätsentwicklung verzahnt. Bei diesem integrativen Ansatz mit dem Leitmotiv "Gute gesunde Schule" geht es nicht mehr darum, Gesundheit zum Thema der Schule zu machen, sondern darum, mit Gesundheit gute Schulen zu entwickeln und damit Gesundheit für die Bildung zu nutzen.

Der Ansatz der guten gesunden Schule ist die konzeptionelle Grundlage des nordrhein-westfälischen Landesprogramms "Bildung und Gesundheit" (www.bug-nrw.de) und der Arbeit der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen in und mit den Schulen in Nordrhein-Westfalen sowie der DGUV. Das Konzept ist erfolgreich im bundesweiten Projekt "MindMatters" (www.mindmatters-schule.de) erprobt worden.

Im Folgenden werden das grundlegende Verständnis und die wesentlichen Elemente des Ansatzes beschrieben.

Grundlegendes Verständnis der guten gesunden Schule

Der Ansatz der guten gesunden Schule beruht auf der Grundannahme, dass zwischen Gesundheitsförderung, gesundheitlicher Prävention und Qualitätsentwicklung Interdependenz besteht. "Nur wenn Gesundheitsförderung in allen relevanten (Qualitäts-)Dimensionen stattfindet, entsteht Schulgesundheit - wie jedoch Schulqualität eine unverzichtbare Voraussetzung für wirksame Gesundheitsförderung ist. Das Wohlergehen aller ist nicht nur ein Zustand von Schulqualität, es fordert sie auch. Wer Qualität will, muss also die Gesundheit fordern - und umgekehrt" (Rolff, 2005, S. 42).

Grundlegend für das Konzept der guten gesunden Schule ist somit das spezifische Verständnis der Wechselbeziehung von Gesundheit und Bildung. Prävention und Gesundheitsförderung sind nicht mehr Selbstzweck mit dem alleinigen Ziel, die Sicherheit und Gesundheit in den Schulen zu sichern, wiederherzustellen und zu fördern, sondern vielmehr Mittel zum Zweck der eigentlichen Auftragserledigung von Schule. "Der Ansatz nutzt und entwickelt die Ressource Gesundheit, um die Bildungs-, Erziehungs- und Schulqualität der Institution Schule zu erhöhen und die Schulen im Sinne von Empowerment zu ermächtigen, aktiv, nachhaltig und gesundheitsfördernd die eigenen Prozesse in die Hand zu nehmen" (Nilshon & Schminder, 2005, S. 13).

Durch gesundheitsbezogene Interventionen sollen Unterricht und Erziehen, Lehren und Lernen, Führung und Management sowie Schulkultur und Schulklima verbessert werden. Es sollen aber auch das präventive und gesundheitsförderliche Potential originär pädagogischer Maßnahmen für die Verbesserung der Gesundheit der schulischen Akteure und des Systems Schule genutzt werden. Im Konzept der guten gesunden Schule geht es nicht mehr nur um die Prävention und Gesundheitsförderung durch die Schule, sondern vor allem um die Bildungsförderung durch Gesundheit. Gesundheit wird in den Dienst der Schule gestellt und mit Gesundheit sollen gute Schulen entwickelt werden. Gesundheit ist in dem Konzept der guten gesunden Schule somit Voraussetzung und Ergebnis eines gelingenden Bildungs- und Erziehungsprozesses. Damit sind Prävention und Gesundheitsförderung keine zusätzlichen Aufgaben, sondern originär pädagogische Aufgaben der Schule und müssen sich neben Gesundheitszielen primär an Bildungszielen messen lassen.

Definition: Empowerment

"Empowerment zielt darauf ab, dass Menschen die Fähigkeit entwickeln und verbessern, ihre soziale Lebenswelt und ihr Leben selbst zu gestalten und sich nicht gestalten zu lassen. Empowerment beschreibt Prozesse von Einzelnen, Gruppen und Strukturen bis hin zu größerer gemeinschaftlicher Stärke und Handlungsfähigkeit ...." Durch den Empowerment-Ansatz sollen Personen(-gruppen) dazu ermutigt werden, ihre eigenen (vielfach verschütteten) personalen und sozialen Ressourcen sowie ihre Fähigkeiten zur Beteiligung zu nutzen, um Kontrolle über die Gestaltung der eigenen sozialen Lebenswelt (wieder) zu erobern. Die jeweiligen Rahmenbedingungen der Zielgruppe (das soziale und politische Umfeld) müssen stets mitbedacht werden, da diese das Vorhandensein und die Entwicklung von Ressourcen mitbestimmen. Die Förderung von Partizipation/Teilhabe und Gemeinschaftsbildung sind wesentliche Strategien des Empowermentprozesses (Quelle: Brandes & Stark, Leitbegriffe der Gesundheitsförderung, www.bzga.de/leitbegriffe/).

Diese Sichtweise stellt in der schulischen Gesundheitsarbeit einen Paradigmenwechsel dar, denn damit wird Schule nicht mehr als ein Lebensraum verstanden, der lediglich gesundheitsförderlich gestaltet werden soll. Stattdessen werden die Unterstützung bei der Bewältigung des Kerngeschäfts von Schule und eine verbesserte Bildungsqualität fokussiert.

Information

Kernfrage der guten gesunden Schule:

"Was ist das Kerngeschäft der Schule und welchen Beitrag kann der Aspekt der Gesundheit zur Bewältigun...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Arbeitsschutz Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge