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Herausgeber: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
Einführung
Die gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland beschäftigt sich seit ihrem Bestehen mit zwei elementaren Fragen:
- Welchen gesundheitlichen Risiken sind Beschäftigte an ihren Arbeitsplätzen ausgesetzt?
- Unter welchen Umständen kann Arbeit krank machen?
Diese Fragestellungen treten stets unter sich verändernden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Bedingungen auf und erheben den berechtigten Anspruch, passende Antworten zu finden.
In jüngster Zeit erfahren psychische Belastungen bei der Arbeit erhöhte Aufmerksamkeit. Insbesondere die Folgen der daraus entstehenden psychischen Fehlbeanspruchung, wie Stress, emotionale Erschöpfung, Depression oder andere psychische Störungen stehen im Mittelpunkt. Sie erzeugen einerseits großes Leid bei den Betroffenen, sind aber andererseits ebenfalls eine erhebliche Belastung für die Unternehmen und letztlich für die gesamte Volkswirtschaft.
Aktuellen Studien zufolge, werden von Beschäftigten in Deutschland als auslösende Faktoren der genannten Folgen am häufigsten eine große Arbeitsmenge, unvorhersehbare Unterbrechungen, hohe Verantwortung, hoher Zeitdruck, fehlende Wertschätzung oder geringer Handlungsspielraum angeführt.
An Arbeitsplätzen mit Kundenkontakt kommen neben den beschriebenen Einflüssen, einige weitere Belastungsfaktoren hinzu: Emotionsarbeit und Gewalt am Arbeitsplatz. Letzteres kann sowohl zwischen Kunden/ Klienten/Patienten und Beschäftigten als auch zwischen Beschäftigten auftreten. Die Auswertungen von Statistiken der Unfallversicherungsträger zeigen: Banken und Sparkassen, Bahnbetriebe, öffentliche Verwaltungen und Einrichtungen des Gesundheitswesens haben im Vergleich zu anderen Branchen bis zu einem Viertel häufiger Gewalt oder psychisch belastende Ereignisse als Unfallursache.
Mit dem Projekt "abba – Arbeitsbelastungen und Bedrohungen in Arbeitsgemeinschaften nach Hartz IV" widmete sich die gesetzliche Unfallversicherung in den Jahren 2008 bis 2010 den besonderen Arbeitsbedingungen in den Jobcentern. Ziel des Projektes war es, geeignete Präventionsmaßnahmen zu ermitteln und zu erproben, die die Arbeitsbelastungen der Beschäftigten verringern können. Das heißt: gesündere Arbeitsbedingungen und mehr Sicherheit vor Übergriffen für die Beschäftigten zu schaffen.
Im Ergebnis sind vielfältige Beispiele guter Praxis entstanden, die zu mehr Sicherheit und Gesundheit in den Jobcentern beigetragen haben. Mit dieser Broschüre wollen wir einige Maßnahmen des abba-Projektes vorstellen und mögliche Schritte aufzeigen, wie Unternehmen Veränderungsprozesse begleiten und gestalten können.
1 Sicher und gesund arbeiten an Arbeitsplätzen mit Kundenkontakt
Ob im Jobcenter, im Supermarkt an der Kasse oder im Finanzamt: Der Kontakt zu Kunden ist eine besondere Arbeitstätigkeit. Sie birgt einiges an Stresspotenzial. Die eigenen Gefühle im Griff zu haben ("Bitte lächeln!", "Der Kunde hat immer Recht!") oder mit Mängeln in der Führung zurechtzukommen, reicht nicht. Manchmal wird es sogar richtig heikel und es kommt zu Übergriffen. Das belastet die Mitarbeiter sehr und macht sie krank. Doch ohne Kunden geht es nicht. Da ist es gut zu wissen, dass man etwas gegen die Überlastung im Job und auch gegen Gewalt durch Kunden tun kann. Diese Erfahrung haben wir in einem Projekt mit Jobcentern gemacht.
Ob Emotionsarbeit, Mängel in der Führung oder Verbesserung der Kundensteuerung: Die vorliegende Broschüre zeigt anhand von vielfältigen Beispielen aus dem Projekt "abba – Arbeitsbelastungen und Bedrohungen in Arbeitsgemeinschaften nach Hartz IV", was Arbeitgeber und Beschäftigte gegen zu hohe Arbeitsbelastungen und Gewalt durch Kunden tun können.
2 Die Grundlage: Arbeits- und Gesundheitsschutz organisieren
Arbeitsschutz ist Chefsache. Die Arbeitsschutzvorschriften richten sich vor allem an den Unternehmer. Er muss Arbeitsstätten, Maschinen, Geräte, Anlagen usw. so einrichten und unterhalten, dass die Beschäftigten gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind. Um seiner Verantwortung im Arbeits- und Gesundheitsschutz nachzukommen, muss der Arbeitgeber für eine angemessene Organisation des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sorgen. Dazu ist die Übertragung der Aufgaben auf verantwortliche Führungskräfte ebenso notwendig, wie die Bestellung der beratenden Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte, der Sicherheitsbeauftragten und der Ersthelfer sowie die Gründung eines Arbeitsschutzausschusses. Mit anderen Worten: Um gute, gesunde und sichere Arbeitsplätze zu bekommen, müssen die strukturellen Voraussetzungen, die Rahmenbedingungen, in Betrieben und Behörde geschaffen werden.
Eine wirksame und moderne Organisation von Arbeits- und Gesundheitsschutz zielt auf drei wesentliche Bereiche:
Die Aufbauorganisation
schafft Strukturen und legt Aufgaben sowie Kompetenzen der Verantwortlichen und Beauftragten für die einzelnen Organisationseinheiten eines Unternehmens fest.
Die Ablauforganisation
legt fest, nach welchen verbindlichen (und bekannt gemachten!) Regeln die zugewiesenen Aufgaben durch Arbeits- und Informationsprozesse erfüllt werden.
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