DGUV-Studie: Gewalt am Arbeitsplatz nimmt zu

In vielen Branchen nehmen verbale und körperliche Übergriffe am Arbeitsplatz zu. Besonders betroffen sind das Gesundheitswesen und die öffentliche Verwaltung. Eine aktuelle Umfrage verdeutlicht die Dringlichkeit präventiver Maßnahmen und eines verbesserten Bewusstseins für Gewalt am Arbeitsplatz.

Rund ein Drittel der abhängig Beschäftigten mit häufigem Kontakt zu Kunden oder Patienten hat in den vergangenen zwölf Monaten verbale Übergriffe bei der Arbeit erlebt. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Besonders betroffen sind das Gesundheits- und Sozialwesen sowie die öffentliche Verwaltung. Hier gab mehr als die Hälfte der Befragten an, von mindestens einem verbalen Übergriff betroffen gewesen zu sein. In den Branchen Verkehr, Handel und Erziehung berichtete mehr als ein Drittel der Befragten über entsprechende Vorkommnisse.

Statistiken erfassen nur einen Teil des Problems

Statistiken liefern ein gemischtes Bild darüber, wie verbreitet Gewalt bei der Arbeit ist. Zwischen 9.000 und 13.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle pro Jahr gehen auf Gewalteinwirkung zurück. Die Statistik der gesetzlichen Unfallversicherung zeigt jedoch nur einen Ausschnitt des Geschehens. Meldepflichtig ist ein Arbeitsunfall erst, wenn er zu mehr als drei Tagen Arbeitsunfähigkeit führt. Psychische Gewalt wie Beleidigungen oder Bedrohungen werden von der Statistik häufig nicht erfasst.

Beleidigungen und Beschimpfungen dominieren

Um ein aktuelles Bild zu gewinnen, wurden in der Studie 2.512 zufällig ausgewählte abhängig Beschäftigte, die bei der Arbeit häufig Kontakt mit betriebsfremden Menschen haben, zu ihren Gewalterfahrungen befragt. Das sind die Ergebnisse:

  • Die häufigste Form psychischer Gewalt sind Beleidigungen und Beschimpfungen (32 %).
  • 12 % erleben Spott, Schikanen oder Verleumdung.
  • 7 % geben an, bedroht oder erpresst worden zu sein.
  • 6 % haben sexualisierte psychische Gewalt erlebt.

Generell berichten Frauen (41 %) häufiger als Männer (32 %) von psychischen oder verbalen Übergriffen. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen betreffen vor allem Beschimpfungen und Beleidigungen sowie Formen von sexualisierter psychischer Gewalt.

Fast jeder Zehnte von körperlichen Übergriffen betroffen

Körperliche Übergriffe kommen deutlich seltener vor. 8 % der Befragten geben an, in den vergangenen zwölf Monaten von physischer Gewalt durch betriebsfremde Personen betroffen gewesen zu sein. Am häufigsten sind Schubsen, Anspucken sowie Tritte und Schläge.

Deutlich dramatischer ist die Situation im Gesundheits- und Sozialwesen. Hier gaben 22 % der Befragten an, körperliche Gewalt erlebt zu haben.

Beschäftigte beobachten Zunahme der Gewalt

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: In einigen Branchen beobachtet ein relevanter Anteil der Beschäftigten eine Zunahme von Gewalt. Dies betrifft neben dem Gesundheitswesen und der öffentlichen Verwaltung auch die Branchen Verkehr und Erziehung. Der Handel liegt mit 18 % im Durchschnitt aller Wirtschaftszweige.

Was können die Betriebe tun?

Zunächst sollten Unternehmen und Einrichtungen deutlich machen, dass sie Gewalt nicht tolerieren. Eine systematische Erfassung von Gewaltvorfällen hilft dabei, Problemstellen zu identifizieren. Die Umfrage zeigt, dass hier noch mehr Bewusstsein geschaffen werden muss: Nur etwas mehr als die Hälfte der Betroffenen hat ein Gewaltereignis auch ihrer Führungskraft gemeldet und nur 12 % haben den Vorfall bei den Behörden angezeigt. Führungskräfte sollten daher regelmäßig fragen, ob es Vorfälle gegeben hat.

Wo es häufig zu Gewalt kommt, sollten zudem Vorkehrungen für solche Ereignisse getroffen werden. Ein Teil der Unternehmen und Einrichtungen ergreift hier der Umfrage zufolge bereits Maßnahmen – von Deeskalationstrainings über Notfallpläne bis zu einer betrieblichen psychologischen Erstbetreuung. Rund ein Viertel der Befragten gibt zudem an, dass ihr Arbeitgeber Gewaltvorfälle systematisch erfasst. Im Gesundheitswesen und in der öffentlichen Verwaltung sind es sogar ein Drittel.

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Schlagworte zum Thema:  Arbeitsschutz, Psychische Belastung