Studie der ILO: Gewalt am Arbeitsplatz

Fast 23 Prozent aller Beschäftigten weltweit hat während der Arbeit Erfahrungen mit Gewalt oder Belästigung gemacht, sei es physische, psychische oder sexuelle Gewalt. Im Rahmen einer Studie der International Labour Organization (ILO) der UNO, Lloyd’s Register Foundation und Gallup wurden erstmals internationale Daten zu diesem Problem erhoben und analysiert.

Die Studie „Experiences of Violence and Harassment at Work: A global first Survey“ gibt einen ersten weltweiten Überblick über das Ausmaß von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz in seinen unterschiedlichen Formen. Sie berücksichtigt dabei auch die Gründe, welche die Beschäftigten davon abhalten über ihre Erfahrungen mit Gewalt und Belästigung zu sprechen. Die Studie basiert auf Interviews mit über 75 000 Menschen im Alter von mindestens 15 Jahren aus 121 Ländern, die im Laufe des vergangenen Jahres als Teil des Lloyd’s Register Foundation World Risk Poll geführt wurden.

Definition von Gewalt

Dass die International Labour Organization (ILO), eine Sonderorganisation der UNO, diese Studie initiiert hat, ist kein Zufall. Im Jahr 2019 hat sie die erste allgemein anerkannte Definition für Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz formuliert. Das ILO-Übereinkommen 190 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt und die Empfehlung 206 sind die ersten internationalen Arbeitsstandards, die ein Rahmenwerk für die Vorbeugung, Abhilfe, Beseitigung sowie Bestrafung von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz geschaffen haben. Das Übereinkommen, das auch von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert wurde und hierzulande vermutlich bis 2024 gesetzlich bindend sein wird, stellt erstmals im internationalen Recht fest, dass jeder Mensch ein Recht auf eine Arbeitswelt frei von Gewalt und Belästigung hat.

Wichtigste Ergebnisse der Studie

Was sind nun die wichtigsten Ergebnisse der Studie? Weltweit gaben 18% aller arbeitenden Frauen und Männer an, in ihrem Arbeitsleben psychische Gewalt oder Belästigung erfahren zu haben, 9% gaben an, physische Gewalt oder Belästigung erfahren zu haben, wobei bei dieser Gewaltform Männer häufiger betroffen waren als Frauen. Von den Befragten gaben darüber hinaus 6% an, von sexueller Gewalt oder Belästigung betroffen zu sein, wobei Frauen hier besonders häufig betroffen waren. Mehr als 60% aller Betroffenen gaben an, wiederholt Gewalt oder Belästigung am Arbeitsplatz erfahren zu haben, wobei der letzte Vorfall bei der Mehrheit der Befragten weniger als fünf Jahre zurückliegt.

Besonders betroffene Gruppen

Die Gruppen, die am meisten von den unterschiedlichen Formen von Gewalt und Belästigung berichten, sind junge Menschen, Arbeitsmigranten und Lohnangestellte. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine junge Frau sexuelle Gewalt oder Belästigung erfahren hat, war dabei zweimal so hoch wie bei jungen Männern, und Arbeitsmigrantinnen waren zusätzlich doppelt so häufig von sexueller Gewalt oder Belästigung betroffen wie Frauen ohne Migrationshintergrund.

Gewalterfahrungen werden oft verschwiegen

Nur gut die Hälfte der Opfer weltweit (54%) haben diese Erfahrung mit einer anderen Person geteilt, oftmals erst nachdem sie wiederholt Gewalt und Belästigung erlebt haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person ihre Gewalterfahrungen teilt, liegt bei Frauen mit 61% etwas mehr als 10% höher als bei Männern (50%). Als Gründe für das Schweigen werden „Reputationsverlust“ und „Zeitverschwendung“ genannt. Oft sind auch es auch kulturelle Hintergründe, wie zum Beispiel religiöse Überzeugungen, warum Betroffene ihre Erfahrungen für sich behalten. Freunde oder Familienangehörige werden eher und häufiger informiert als andere informelle oder formelle Stellen.


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