Zur Behandlung von Krebserkrankungen stellen Zytostatika seit vielen Jahren eine zentrale Medikamentengruppe unter der Vielzahl von antineoplastisch wirksamen Arzneimitteln dar. Dabei nimmt die Anzahl der Zubereitungen und Applikationen in Krankenhäusern, Apotheken, ärztlichen Praxen und ambulanten Einrichtungen kontinuierlich zu und wird voraussichtlich noch weiter ansteigen. Gründe für den Anstieg sind die zunehmende Lebenserwartung der Bevölkerung, die mit einem Anstieg der Krebserkrankungen einhergeht, sowie der Einsatz in neuen Anwendungsgebieten wie beispielsweise rheumatischen Erkrankungen und Multipler Sklerose. Hinzu kommt der zunehmende Einsatz von Zytostatika in der Veterinärmedizin.
Da es sich bei Zytostatika um hochpotente Arzneistoffe handelt, die auch krebserzeugende, keimzellmutagene und reproduktionstoxische (CMR) Wirkungen haben können, kann von ihnen eine Gefahr für das Personal ausgehen, das mit diesen Arzneimitteln umgeht. Geringe Wirkstoffmengen können bei Zubereitung, Transport, Verabreichung und Entsorgung beispielsweise durch Leckage oder Aerosolbildung freigesetzt werden und über die Atemwege und die Haut in den Körper gelangen.
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Bislang wurde nur sehr selten über akute lokale oder auch systemische Wirkungen wie allergische Reaktionen oder Störungen des Allgemeinbefindens bei Personen berichtet, die mit zytostatikahaltigen Arzneimitteln umgehen. Ursache waren meist größere, unfallbedingte Kontaminationen oder schlechte Arbeitsplatzbedingungen vor der Einführung der heute üblichen Schutzmaßnahmen. Für Mengen von Zytostatika, die weit unterhalb einer therapeutischen Dosis liegen, gibt es derzeit keine wissenschaftlich belegten Dosis-Wirkungs-Beziehungen hinsichtlich des krebserzeugenden, keimzellmutagenen und reproduktionstoxischen Potenzials. Trotzdem rechtfertigen die bisher bekannten Eigenschaften, dass Schutzmaßnahmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergriffen werden, die mit Zytostatika in Kontakt kommen können.
Diese DGUV Information soll Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Fachleute für Arbeitsschutz dabei unterstützen, die stoffbezogenen Gefährdungen, die von einem Umgang mit Zytostatika ausgehen, zu minimieren und so die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen. Auch das Pflegepersonal sowie das pharmazeutische und ärztliche Personal erhalten hilfreiche Informationen für ihre Arbeit mit Zytostatika. Die Anforderungen der aktuellen Gefahrstoffverordnung und der Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 525 "Gefahrstoffe in Einrichtungen der medizinischen Versorgung" werden dabei besonders berücksichtigt. Bei der letzten Aktualisierung wurde die TRGS 525 auf den veterinärmedizinischen Bereich erweitert, aus diesem Grund können sich Einrichtungen aus diesem Bereich ebenfalls an dieser DGUV Information orientieren, sofern vergleichbare Tätigkeiten mit Zytostatika dort durchgeführt werden.
Thema dieser DGUV Information ist der sichere Umgang mit Zytostatika. Andere antineoplastisch wirksame Arzneimittelgruppen (zum Beispiel monoklonale Antikörper) können sich in ihrer toxikologischen Wirkung von den Zytostatika unterscheiden. In solchen Fällen kann eine Auswahl der in dieser DGUV Information beschriebenen Maßnahmen ausreichend sein, um die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.
Nicht immer können allgemein gültige Regelungen für Hygiene und Arbeitsschutz aufgestellt werden, die für jeden Arbeitsplatz gleichermaßen geeignet sind. Deshalb sind die hier beschriebenen Schutzmaßnahmen häufig als Hinweise formuliert. Sie reichen vom sicheren Auspacken der angelieferten Ware über das Zubereiten der Injektions-/Infusionslösungen und deren Verabreichung bis zur Entsorgung von Zytostatika. Welche konkreten Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, muss im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung individuell festgelegt werden. Nur wenn die Gefährdungsbeurteilung und die daraus abgeleiteten Schutzmaßnahmen anhand der TRGS 525 sowie dieser DGUV Information umgesetzt werden oder durch andere Maßnahmen ein vergleichbares Schutzniveau erreicht wird, kann das Risiko einer Gefährdung durch den Umgang mit Zytostatika als gering eingestuft werden.