Eigenschaften und Gefährdungen
Polyurethan-Kunststoffe (PU- oder PUR-Kunststoffe) sind hochmolekulare Stoffe, die aus Isocyanaten und Polyalkoholen (Polyolen) in einer chemischen Reaktion entstehen. Seltener werden statt der Polyalkohole Polyamine eingesetzt. Polyurethane finden Verwendung als Schaum-, Beschichtungs- und Klebstoffe sowie als Elastomere für hochbeanspruchte Formteile. In Werkstätten werden PU-Kunststoffe vor allem als Montageschäume und als Beschichtungsstoffe (zum Beispiel "PUR-Lacke") eingesetzt, von denen es Ein- und Mehrkomponentensysteme gibt. Bei Zweikomponentensystemen wird die Isocyanat-Komponente als "Härter", die Polyol-Komponente als "Harzkomponente" bezeichnet. Gefahren gehen dabei insbesondere von den im "Härter" enthaltenen Isocyanaten aus, daneben von Katalysatoren, Löse- und Treibmitteln sowie anderen Hilfsstoffen.
Die ausgehärteten Kunststoffe sind weitgehend ungefährlich. Nur beim Erhitzen (zum Beispiel Abflammen alter PU-Anstriche, Schweißen in der Nähe von PU-Schaumteilen) oder im Brandfall kann es zur Freisetzung von gefährlichen Zersetzungsprodukten, wie Blausäure, kommen.
Folgende Isocyanate (Monomere) werden in den Produkten eingesetzt:
- MDI (Diphenylmethandiisocyanate)
- TDI (Toluylendiisocyanate)
- HDI (Hexamethylendiisocyanat)
- IPDI (Isophorondiisocyanat)
- NDI (Naphtylendiisocyanat)
Im Vordergrund steht die sensibilisierende (allergisierende) Wirkung der Ausgangsstoffe aller Produkte mit freiem Isocyanat auf die Atemwege ("Isocyanatasthma") und auf die Haut. Ein Isocyanat-Asthma kann durch hohe Expositionen beim Einatmen aber auch durch massiven Hautkontakt entstehen. Der Hautkontakt kann zu einem allergischen Hautekzem führen. Die allergisierende Wirkung kann bei Konzentrationen weit unter den Grenzwerten eintreten. Das Isocyanatasthma und eine isocyanatbedingte Kontaktallergie können eine Berufskrankheit (BK 1315 oder BK 5101) begründen.
Alle Isocyanate wirken zusätzlich stark reizend auf Augen, Haut und Schleimhäute.
MDI und TDI stehen im Verdacht, krebserzeugend zu wirken. PU-Lacke enthalten häufig große Mengen Lösemittel wie Glykolether und aromatische Kohlenwasserstoffe. Zu den Gefahren, die von diesen Stoffen ausgehen (siehe Kapitel 2.4 "Gefahrstoffe zur Oberflächenbehandlung").
Druckgaspackungen, zum Beispiel Montageschaumdosen, können beim Erhitzen oder bei mechanischer Beschädigung auf Grund des enthaltenen Treibgases gefährlich werden. Bei brennbaren Treibgasen ist in engen, schlecht gelüfteten Räumen beim Vorhandensein von Zündquellen die Gefahr von Verpuffungen gegeben.
Wegen der großen Produktvielfalt auf diesem Gebiet muss im Einzelfall immer das Sicherheitsdatenblatt des jeweiligen Produkts zu Rate gezogen werden.
Schutzmaßnahmen
Nach der REACH-Verordnung (Anhang XIV) unterliegen Tätigkeiten mit Isocyanaten einer Beschränkung. Danach sind Anwenderinnen und Anwender solcher Produkte, mit mehr als 0,1 Gew.% Monomergehalt (z.B. MDI oder HDI), in der sicheren Anwendung zu schulen. Die Schulungsmaterialien müssen von den herstellenden Firmen zur Verfügung gestellt werden. Diese Anforderung gilt ab August 2023. Die erfolgreiche Teilnahme an der Schulung wird durch ein Zertifikat dokumentiert.
Ersatzstoffe
Müssen aus anwendungstechnischen Gründen Polyurethansysteme eingesetzt werden, sollte der Gehalt an freiem Isocyanat möglichst gering sein. Hilfreich ist dabei der GISCODE für PU-Systeme, siehe Tabelle 14. Hierbei sollten Produkte mit möglichst niedrigem GISCODE verwendet werden. Bei Montageschäumen, zum Beispiel anstatt PU 80 besser PU 70 einsetzen.
Tabelle 14 GISCODE für PU-Systeme
GISCODE |
Produktgruppe |
PU10 |
PU-Systeme, total solid |
PU20 |
PU-Systeme, total solid, Gruppe 2 |
PU30 |
PU-Systeme, lösemittelarm |
PU35 |
PU-Systeme, lösemittelhaltig |
PU40 |
PU-Systeme, total solid, CMR |
PU45 |
PU-Systeme, lösemittelarm, CMR |
PU50 |
PU-Systeme, lösemittelhaltig, CMR |
PU55 |
PU-Systeme, lösemittelhaltig, giftig, CMR |
PU70 |
PU-Montageschäume |
PU80 |
PU-Montageschäume, hochentzündlich |
Ersatzverfahren
Die Vermeidung der Aerosolbildung ist beim Umgang mit isocyanathaltigen Produkten besonders wichtig, da dabei eine hohe Gefahr einer Atemwegssensibilisierung besteht. Streichen oder Rollen sollte Spritzen oder Sprühen ersetzen, wo immer dies möglich ist.
Technische Schutzmaßnahmen
Da hauptsächlich die nicht abreagierten Isocyanate gefährliche Eigenschaften aufweisen, ist beim Ansetzen von Mehrkomponentensystemen besonders darauf zu achten, dass das vom Hersteller vorgeschriebene Mischungsverhältnis genau eingehalten wird. Die genaue Dosierung erfolgt zum Beispiel mit Messbechern oder Waagen. Zur vollständigen Durchmischung sind gegebenenfalls mechanische Rührer einzusetzen, wobei das Verspritzen von Material beim Durchmischen zu vermeiden ist.
Absaugung und Lüftung
PU-Lacke sollten nur in speziellen Lackierräumen oder Spritzständen mit erhöhtem Luftwechsel verarbeitet werden, auch wenn nur gestrichen oder gerollt wird (siehe auch DGUV Informationen 209-046 und 209-087).
Organisatorische Schutzmaßnahmen
Auf der Gru...