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Frage 19: Warum müssen Hallen gelüftet werden? |
Durch Prozesse in Industriehallen fallen häufig Emissionen von Maschinen, Geräten und Materialien an, z. B. Staub. Dann ist primär die Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung mit der Ableitung geeigneter Schutzmaßnahmen umzusetzen, z. B. durch Absauganlagen oder Hallenlüftungsanlagen. Durch die Atmung des Menschen nimmt der CO2-Gehalt im Raum zu. Vorrangig durch die zuerst genannten prozessbedingten Emissionen in die Hallenluft, ergänzt durch die Ausdünstungen des Menschen und den CO2-Anstieg, spricht man von verbrauchter Luft, die stickig, abgestanden und ermüdend empfunden wird. Dagegen hilft nur eins: Lüften, d. h.: Durch den Luftaustausch bzw. die Lüftung wird die verbrauchte Raumluft durch frische Außenluft ersetzt.
Bei dem Einsatz von Absauganlagen, die prozessbedingte Gefahrstoffe an der Entstehungsstelle absaugen und die abgesaugte Luft ins Freie befördern, ist eine Belüftung der Halle in dem Fall erforderlich, um die ins Freie abgegebene Luft auszugleichen. Des Weiteren können technische Anlagen zur Raumlüftung zur Beseitigung prozessbedingter thermischer Lasten beitragen, insbesondere wenn die Luftführung nach dem Prinzip der Schichtenströmung (siehe DGUV-Regel 109-002) umgesetzt wird.
Auch in Industriehallen, in denen nur geringe Gefahrstoffemissionen und Wärmelasten auftreten, muss eine ausreichende Lüftung gewährleistet sein, wenn dort Beschäftigte arbeiten. Hier steht der Gesundheitsschutz der Beschäftigten im Vordergrund! Grundsätzlich gilt es, eine gute Luftqualität sicherzustellen (siehe Fragen 25–27). Aber auch der Infektionsschutz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kann nur bei einer guten Lüftung der Industriehalle sichergestellt werden (siehe Frage 27).
Viele Hallen können aufgrund ihrer Raummaße und den geringen Lüftungsflächen, z. B. den Fenstern, nicht ausreichend über eine freie (natürliche) Lüftung (siehe Frage 20) belüftet werden. In der ASR A3.6 wird beschrieben, wie beurteilt werden kann, ob eine freie Lüftung ausreicht oder eine technische Lüftung erforderlich ist.
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Frage 20: Welche Arten der Lüftung gibt es? |
Man unterscheidet die
- freie (natürliche) Lüftung
- technische (maschinelle) Lüftung
Die freie Lüftung erfolgt beispielsweise durch geöffnete Fenster, Luken in Lichtbändern oder Dachluken. Die technische Lüftung wird durch Lüftungs- und Klimaanlagen realisiert. Wesentlich ist, dass durch diese Anlagen Außenluft in die Gebäude geleitet wird. Wird die Außenluft nur erwärmt, spricht man von Lüftungsanlagen. Kann diese zusätzlich gekühlt und be- oder entfeuchtet werden, spricht man von Klimaanlagen. Lüftungs- und Klimaanlagen werden unter dem Begriff raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) zusammengefasst.
In vielen Hallen überwiegt die freie Lüftung. Man unterscheidet dabei Spaltlüftung (gekipptes Fenster; Abb. 7) und Stoßlüftung (kurzzeitig ganz geöffnetes Fenster; Abb. 8), wobei die Stoßlüftung einen wesentlich intensiveren Luftaustausch bewirkt. Noch intensiver ist die Querlüftung (Abb. 9), bei der z. B. gegenüberliegende Fenster geöffnet werden. Dabei können hohe Luftgeschwindigkeiten entstehen – es besteht dann auch Zugluftgefahr (siehe Fragen 16–18).
Abb. 7
Spaltlüftung
Abb. 8
Stoßlüftung
Abb. 9
Querlüftung
Freie Lüftung bei Industriehallen
Abb. 10
Freie Lüftung
Insbesondere in Industriehallen mit thermischen Prozessen kann eine freie Lüftung funktionieren, jedoch ist die Voraussetzung dafür, dass oben durch das Hallendach die wärmere, aufsteigende Luft entweichen kann und im bodennahen Bereich frische Außenluft z. B. durch Lüftungsgitter in Außenwänden nachströmen kann. Jedoch hängt auch dann der Luftaustausch von Druck- und Temperaturdifferenzen innerhalb und außerhalb der Halle ab.
Die Wirksamkeit der freien Lüftung ist vor allem vom Wetter abhängig. Nur bei Temperaturunterschieden zwischen innen und außen oder wenn es windig ist, findet ein Luftaustausch statt. So kann beispielsweise im Frühjahr bei Windstille und Außentemperaturen von +20°C das natürliche Lüften fast wirkungslos sein. Wegen dieser Abhängigkeit kann bei freier Lüftung nicht mit einer bestimmten Luftwechselrate gerechnet werden.
Die Luftwechselrate gibt an, wie häufig pro Stunde das gesamte Raumvolumen durch Luft ausgetauscht wird. Allerdings macht sie keine Aussage darüber, ob der gesamte Raum mit Außenluft durchspült wird, weil dafür auch die Raumgeometrie entscheidend ist. Sind die anwesenden Personen die maßgeblichen Emissionsquellen für luftfremde Stoffe (z. B. Büroräume, Lagerhallen), kann eine Luftwechselrate von 1/h durch freie Lüftung erreicht werden und ausreichend sein, d.h. in einer Stunde wird die gesamte Raumluft einmal erneuert.
Technische Lüftung bei Industriehallen
Eine technische Lüftung über RLT-Anlagen ist erforderlich, wenn der notwendige Luftaustausch über freie Lüftung nicht erreicht werden kann, z. B. in großen Räumen mit fenster- bzw. türfernen Bereichen oder wenn aus prozesstechnischen Gründen Fenster und Tore geschlossen gehalten werde...