Der Umgang mit tätigkeitsbezogener psychischer Belastung ist ein Thema, das nicht nur bei Konfliktsituationen im Arbeitsalltag, z. B. mit schwierigen Kundinnen und Kunden, sondern generell bei der Gestaltung von Arbeitsaufgaben, der Arbeitsorganisation, der Arbeitsumgebung und den sozialen Beziehungen eine Rolle spielt.
Abb. 41
Durch Integration der psychischen Faktoren in die Gefährdungsbeurteilung rücken die Arbeitsbedingungen in den Mittelpunkt, die - je nach Gestaltung - eine schädigende aber auch eine förderliche Wirkung auf die Gesundheit der Beschäftigten haben können. So kann z. B. die Einführung von Aufgabenwechseln bei ausschließlicher Kassiertätigkeit gesundheitsförderliche Abwechslung in ehemals abwechslungsarme Arbeitsaufgaben bringen und das Risiko von vorzeitiger Ermüdung und Arbeitsfehlern minimieren.
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Weitere Informationen |
- BGHW Arbeitsmittel A200 "Das PegA-Programm"
- BGHW Wissen W16-1ff. "Psychische Belastung und Beanspruchung"
- Praxisordner "Kein Stress mit dem Stress - Lösungen und Tipps für Führungskräfte des Handels und der Warenlogistik", Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Stand: November 2018
- Broschüre "Kein Stress mit dem Stress - Eine Handlungshilfe für Beschäftigte", Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Stand: März 2015
- Broschüre "Gesunde Mitarbeiter - gesundes Unternehmen", Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Stand: Juli 2014
- www.gda-psyche.de Arbeitsprogramm Psyche der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA)
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Entgegen dem allgemeinen Verständnis, ist psychische Belastung zunächst neutral zu verstehen. Gemeint sind alle Belastungsfaktoren, die das Denken, Fühlen und Verhalten des Menschen von außen beeinflussen, wie z. B.:
- Arbeitsinhalt und die Arbeitsaufgabe
- Arbeitsorganisation
- Arbeitsintensität
- Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit
- soziale Unterstützung am Arbeitsplatz
Abb. 42
Belastungs-Beanspruchungs-Modell
Jede Art von Arbeit geht mit psychischer Belastung einher. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung wird bewertet, ob eine mangelhafte Gestaltung der Arbeitsbedingungen vorliegt, aus der sich Gefährdungen ergeben können, z. B.
- mangelhafte Arbeitsorganisation, z. B. durch häufige Störungen der Arbeit
- zu viele Arbeitsaufgaben, die nicht in der vorhandenen Arbeitszeit bewältigt werden können
- neue Arbeitsaufgaben ohne Einarbeitung
- ungünstig gestaltete Arbeitszeiten (z. B. lange Arbeitszeiten, Arbeit auf Abruf, ungünstige Schichtsysteme mit Spätschichten, rückwärts rollierenden Schichtwechseln (Nacht-, dann Spät-, dann Mittel-, dann Frühschicht))
- ungünstig gestaltete Pausenzeiten (keine, zu wenige, Störungen der Pause)
- Kombination von geringem Handlungsspielraum bei hoher Arbeitsintensität
- aggressives Verhalten von Kundinnen und Kunden
- Gefahr traumatischer Ereignisse (z. B. Raubüberfälle)
- Erschwernisse durch Lärm, hohe Umfeld-Geräuschpegel, laute Musik, ungünstige klimatische Bedingungen
- Arbeitsplatzunsicherheit
Gefährdungsbeurteilung
Ziel ist, die Arbeitsbedingungen, unter denen die einzelnen Tätigkeiten ausgeführt werden, hinsichtlich der psychischen Belastung zu analysieren, um Gefährdungen zu identifizieren, die zu einer ungünstigen Beanspruchung der Beschäftigten führen können. Bei den abzuleitenden Maßnahmen gilt, wie sonst auch, das TOP-Prinzip. Die Schwierigkeit liegt darin, dass oft keine spezifischen Grenzwerte zur Beurteilung vorliegen.
Zur Beurteilung psychischer Belastung können z. B. Beobachtungsverfahren (d. h. Begehungen am Arbeitsplatz), Beschäftigtenbefragung und beteiligungsorientierte Verfahren wie Workshops angewendet werden. PegA (Psychische Belastung erfassen - gesunde Arbeitsbedingungen gestalten) ist ein umfassendes Programm mit verschiedenen Instrumenten und Praxishilfen, um die Gefährdungsbeurteilung für den Teilaspekt der psychischen Belastung durchzuführen. Welche Methoden oder Instrumente gewählt werden, ist u. a. abhängig von den personellen und organisatorischen Voraussetzungen im Betrieb.
Gefährdung |
Beispielhafte Maßnahmen |
zu viele Arbeitsaufgaben, die nicht in der vorhandenen Arbeitszeit bewältigt werden können |
Aufgaben analysieren und z. B. Doppelarbeit und überflüssige Aufgaben vermeiden, Zuständigkeiten festlegen, Personalbedarfsanalyse |
ungünstig gestaltete Arbeitszeiten und -zyklen |
vorwärts rollierende Schichtzyklen (Früh, Spät), längerfristige und planbare Schicht- und Personaleinsatzpläne, Berücksichtigen von persönlichen Interessen/Wünschen der Beschäftigten |
schwierige Kundinnen und Kunden |
Qualifizierung und Unterweisung der Beschäftigten zu Deeskalationstechniken, Konfliktlösungsstrategien und Gesprächsführung, Möglichkeiten zur Mischarbeit schaffen, Handlungs- und Entscheidungsspielräume für die Beschäftigten schaffen |
traumatische Ereignisse |
siehe Kap. 3.2.4 "Verhalten bei Raub, Diebs... |