Dr. jur. Edgar Rose, Prof. Dr. Jürgen Taeger
Fenster und Oberlichter sind Bauteile zur natürlichen Beleuchtung. Darüber hinaus kann ihr Zweck auch in der Lüftung oder in der Sichtverbindung nach außen liegen. Belange der Beleuchtung und der Lüftung sind an anderer Stelle des Anhangs (Anhang 3.4 und 3.6) geregelt. Daraus sowie aus dem Bauordnungsrecht ergeben sich auch Anforderungen für die Anzahl bzw. die Größe der vorzusehenden Fensterflächen. Die Regelungen im Anhang 1.6 betreffen lediglich die mechanischen Sicherheitsanforderungen, die bei Planung und Auswahl sowie im Hinblick auf Reinigung und Instandhaltung der Fenster und Oberlichter zu beachten sind.
Konkretisiert werden die Bestimmungen des Anhangs 1.6 durch die ASR A1.6 "Fenster, Oberlichter, lichtdurchlässige Wände". Generell ist darin festgelegt, dass nur Fenster und Dachoberlichter verwendet werden dürfen, die den europäischen und nationalen Vorschriften (z. B. Produktrecht) entsprechen, die für die Verwendung in der Arbeitsstätte geeignet sind und die sicher betrieben werden können. Bereits bei der Auswahl der eingesetzten Materialien hat der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die Nutzung und Einbausituation zu berücksichtigen – insbesondere bei der Auswahl der Glasart, Abschn. 4.1.1 ASR A1.6.
Erforderlich ist zunächst, dass die Elemente mit Funktionen ausgestattet sind, aufgrund derer sie sicher zu öffnen, zu schließen und zu verstellen sind, Anhang 1.6 Abs. 1 Satz 1. Einzelheiten ergeben sich aus Abschn. 4.1 ASR A1.6. Dabei wird zwischen den allgemeinen Anforderungen für jede Art von Fenster und speziellen Anforderungen für kraftbetätigte Fenster unterschieden. Danach müssen etwa Flügel von Fenstern gegen unbeabsichtigtes Verlassen der Führungs- und Befestigungselemente gesichert sein. Von Griffen, Hebeln und Schlössern dürfen keine Gefährdungen ausgehen. Sie sollen u. a. gerundet sein, einen Mindestabstand haben und von einem sicheren Standort betätigt werden können. Vielfältige Schutzmaßnahmen werden in der ASR A1.6 für kraftbetätigte Fenster angeregt, um Quetschungen oder Stöße zu verhindern. Der Arbeitgeber hat hieraus eine wirksame Auswahl zu treffen.
Fenster sind so anzuordnen, dass sie (auch) in geöffnetem Zustand keine Gefahr für die Beschäftigten darstellen, Anhang 1.6 Abs. 1 Satz 2. Eine solche könnte bestehen, wenn ein Fensterflügel in geöffnetem Zustand in die freie Bewegungsfläche (Anhang 3.1) oder in Verkehrswege (Anhang 1.8) hineinragt. In Abschn. 4.1.1 ASR A1.6 wird zudem vor der unkontrollierten Bewegung von Fensterflügeln gewarnt und auf Einrichtung zu ihrer Vermeidung hingewiesen.
Besonders geht Abschn. 4.1.1 ASR A1.6 auf Fenster ein, deren Brüstungshöhe zur Absturzsicherung nicht ausreichend ist bzw. die bodentief eingebaut sind. Hier ist eine Sicherheitsverglasung erforderlich, die je nach Einsatzbedingungen auszuwählen ist (siehe Anhang ASR A1.6), sowie bei zu öffnenden Fenstern und bestehender Absturzgefahr eine zusätzliche Absturzsicherung.
Werden Menschen mit Behinderungen beschäftigt, so ist zusätzlich der Anhang A1.6 ASR V3a.2 "Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten" zu beachten. Es geht vor allem um Wahrnehmbarkeit (offene Fenster etc.) und Erkennbarkeit der Fensterfunktionen für Blinde und Sehbehinderte und um deren Bedienbarkeit bei sonstigen Einschränkungen, z. B. für Rollstuhlfahrer.
Anhang 1.6 Abs. 2 schreibt vor, dass Fenster und Oberlichter ohne Gefährdung des Reinigungspersonals und anderer Personen zu reinigen sein müssen. Das ist durch Auswahl oder nachträgliche Ausrüstung der Fenster sicherzustellen. Abschn. 5 Abs. 1 ASR A1.6 geht noch einen Schritt weiter, wenn festgestellt wird, dass bereits bei der Planung der Fenster und Dachoberlichter die sichere Instandhaltung und Reinigung zu gewährleisten ist. Entscheidend ist nach Abschn. 5 Abs. 2 ASR A1.6, dass für eine sichere Standfläche mit ausreichendem Bewegungsfreiraum für das Reinigungspersonal gesorgt wird. Verschiedene technische Varianten werden in Abschn. 5 ASR A1.6 genannt. Fehlen sichere Standflächen, können auch Hebebühnen und Gerüste eingesetzt werden. Nur wenn auch dies unmöglich ist, kommen hochziehbare Personenaufnahmemittel (z. B. Arbeitskörbe) in Betracht.