Dr. jur. Edgar Rose, Prof. Dr. Jürgen Taeger
Fast ein Drittel aller tödlichen Arbeitsunfälle beruhen auf Absturz von Dächern, Gerüsten, Fahrzeugen usw. Bei fast einem Fünftel davon betrug die Absturzhöhe nicht einmal 3 m. Auch herabfallende Gegenstände führen relativ häufig zu tödlichen Unfällen oder schweren Verletzungen. Daher existieren schon in Anhang 2.1 dezidierte Regelungen, die durch die ASR A2.1 "Schutz vor Absturz- und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen" konkretisiert werden. Ergänzend ist die TRBS 2121 "Gefährdung von Personen durch Absturz" zu beachten.
Anhang 2.1 verfolgt den Schutz der Beschäftigten vor Verletzungen durch Absturz und herabfallende Gegenstände. Abs. 1 betrifft den Schutz von Beschäftigten in den Gefahrenbereichen, Abs. 2 soll angrenzend tätige Beschäftigte davor schützen, in die Gefahrenbereiche zu gelangen.
Schutzbedarf besteht in allen Bereichen einer Arbeitsstätte, in denen Absturzmöglichkeiten oder die Gefahr herabfallender Gegenstände auftreten, z. B. erhöhte Arbeitsplätze auf Podesten, Balkonen oder Galerien, hochgelegene Laufgänge, von denen aus häufig Kontroll- und Instandhaltungsarbeiten durchzuführen sind, Gerüste und Dächer, Boden- und Wandöffnungen (Gräben, Gruben, Silos, Luken usw.) sowie Arbeitsplätze und Verkehrswege darunter.
Absturzgefahr
In Anhang 2.1 Abs. 1 Satz 3 heißt es seit der ArbStättV-Reform 2016, dass Absturzgefahr bereits bei einer Absturzhöhe von mehr als einem Meter besteht.
Der Arbeitgeber hat in der Gefährdungsbeurteilung die entsprechenden Gefahrenbereiche festzulegen. Seit der ArbStättV-Reform 2016 wird in Anhang 2.1 sorgfältig zwischen dem eigentlichen Gefahrenbereich (Abs. 1) und dem angrenzenden Bereich (Abs. 2) unterschieden. In der ASR A2.1 "Schutz vor Absturz- und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen" ist in Abschn. 3.9 der Begriff Gefahrenbereiche dahingehend definiert, dass es sich um Bereiche handelt, in denen Beschäftigte nicht durch bauliche Maßnahmen (Dächer, Wände, festverbaute Geländer oder Gitter) vor einer Gefährdung durch Absturz oder herabfallende Gegenstände geschützt sind. Der Gefahrenbereich Absturz beginnt laut Abschn. 5.4 ASR A2.1 bei 2,0 m vor der Absturzkante. Der Gefahrenbereich herabfallender Gegenstände ist dort festzulegen, wo die tatsächliche Gefahr des Herabfallens von Gegenständen nicht durch bauliche Maßnahmen ausgeschlossen ist. Neben dem Gefahrenbereich selbst sind Arbeitsplätze und Verkehrswege festzulegen, die gemäß Anhang 2.1 an die genannten Gefahrenbereiche angrenzen. Eine Definition der ASR A2.1 liegt hierzu noch nicht vor. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass es sich um Bereiche handelt, aus denen die dort Beschäftigten leicht und nicht ganz unwahrscheinlich in den Gefahrenbereich hineingeraten können – etwa um Wege abzukürzen.
In Anhang 2.1 Abs. 1 S. 1 wird der Grundsatz aufgestellt, dass Schutzvorrichtungen installiert werden müssen, die verhindern, dass Beschäftigte abstürzen oder durch herabfallende Gegenstände verletzt werden können. Seit der ArbStättV-Reform 2016 wird in Satz 2 die Ausnahme eingeräumt, dass aufgrund der Eigenart des Arbeitsplatzes oder der durchzuführenden Arbeiten Schutzvorrichtungen gegen Absturz nicht geeignet sind. Dann muss der Arbeitgeber die Sicherheit durch andere wirksame Maßnahmen gewährleisten. Entsprechend wird in Abschn. 4.2 ASR A2.1 eine Rangfolge der Schutzmaßnahmen gegenüber Absturzgefahren und herabfallenden Gegenständen detailliert vorgegeben.
Zum Schutz vor Absturz haben gemäß Abschn. 4.2 ASR A2.1 bauliche und technische Maßnahmen Vorrang vor organisatorischen und individuellen Schutzmaßnahmen. An erster Stelle sind Absturzsicherungen einzusetzen. Das sind laut Abschn. 3.5 ASR A2.1 Einrichtungen, die einen Absturz auch ohne bewusstes Mitwirken der Beschäftigten verhindern (z. B. Umwehrungen oder Abdeckungen). Sind aus betriebstechnischen Gründen Absturzsicherungen nicht einsetzbar, müssen an deren Stelle Auffangrichtungen vorhanden sein, also zwangsläufig wirksame Einrichtungen, die abstürzende Beschäftigte auch ohne deren bewusstes Mitwirken auffangen, z. B. Schutznetze (Abschn. 3.6 ASR A2.1). Ist auch dies nicht möglich, muss auf Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz zurückgegriffen werden. Nur unter ganz engen Voraussetzungen darf für qualifiziertes und körperlich geeignetes Personal nach einer speziellen Unterweisung auch auf persönliche Schutzausrüstung verzichtet werden. Eine ähnliche Rangfolge – allerdings ohne den letzten Punkt – gilt laut Abschn. 4.4 ASR A2.1 auch für den Schutz gegenüber herabfallenden Gegenständen.
Sehr eingehend ist in Abschn. 5.1 ASR A2.1 die Sicherung an Absturzkanten durch Umwehrungen geregelt.
Geländer
Geklärt ist durch Abschn. 5.1 Abs. 2 ASR A2.1, dass Umwehrungen grundsätzlich mindestens 1,00 m hoch sein müssen. Anderslautendes Bauordnungsrecht einzelner Länder, das 0,90 m ausreichen lässt, hat damit für Arbeitsstätten keine Bedeutung. Es gilt, dass 1,00 m Höhe nur unterschritten werden darf, wenn die Umwehrung ...