Dr. jur. Edgar Rose, Prof. Dr. Jürgen Taeger
Erkältungskrankheiten und gesundheitsschädliche Hitzebelastungen sind gleichermaßen zu vermeiden. Durch eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur in allen Räumen sollen Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten bewahrt, im Umkehrschluss Beeinträchtigungen der menschlichen Arbeitsleistung und Gesundheitsgefahren durch ein schädliches Raumklima ausgeschlossen werden. In Ausnahmefällen erforderlicher Hitze- oder Kältearbeit müssen Schutzkleidung und andere besondere Maßnahmen für Ausgleich sorgen. Die Regulierung der Raumtemperatur zielt darauf ab, zu hohe oder zu niedrige Temperaturen, zu trockene oder feuchtwarme Luft sowie eine ungünstige Temperaturverteilung im Raum zu vermeiden und damit von vornherein ungünstige klimatische Bedingungen zu unterbinden.
Entsprechende Schutzziele werden durch die Vorschriften im Anhang 3.5 vorgegeben. Diese Ziele werden durch die ASR A3.5 "Raumtemperatur" konkretisiert und in einzelne Handlungsanweisungen umgesetzt.
Grenzwerte für Raumtemperaturen
Gemäß ASR A3.5 existieren für hohe Raumtemperaturen im Sommer abgestufte Grenzwerte. Eine Lufttemperatur im Raum von +26 °C soll nicht überschritten werden. Geschieht dies doch, ist je nach Umständen für Sonnenschutz zu sorgen oder durch andere Maßnahmen gegenzusteuern. Bei über +30 °C müssen verschärfte Maßnahmen ergriffen werden und bei über +35 °C ist der Raum ohne spezielle Maßnahmen für Hitzearbeit nicht als Arbeitsraum geeignet.
Zwecks besserer Übersichtlichkeit sind im Zuge der ArbStättV-Reform 2016 die Regelungen in Anhang 3.5 zur Raumtemperatur aufgespalten worden. Abs. 1 betrifft Arbeitsräume, Abs. 2 sonstige Räume, also Sanitär-, Pausen-, Bereitschaftsräume, Kantinen und Erste-Hilfe-Räume sowie neu ab 2016 auch Unterkünfte. In allen Fällen ist das ausdrücklich angestrebte Ziel eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur. Diese muss bei Arbeitsräumen im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkret angewandten Arbeitsverfahren und der tatsächlichen physischen Belastungen der Beschäftigten oder – bei den sonstigen Räumen – des spezifischen Nutzungszwecks des zu temperierenden Raumes ermittelt werden. Maßgeblich sind die Belastung bei der Arbeit (körperliche oder geistige Arbeit), die dabei grundsätzlich angemessene Bekleidungssituation sowie Akklimatisierung und Gesundheitszustand der Beschäftigten.
Zur Ermittlung der angemessenen Raumtemperaturen ist Abschn. 4.2 ASR A3.5 heranzuziehen. Danach sind mehrere Mindestwerte der Lufttemperatur in Arbeitsräumen in Abhängigkeit von der Körperhaltung und der Arbeitsschwere zwischen 12 °C und 20 °C vorgegeben. Die jeweilige Mindesttemperatur ist während der gesamten Arbeitszeit zu gewährleisten. Für Pausen-, Waschräume usw. gelten besondere höhere Mindestwerte. Zur Frage der Höchsttemperatur heißt es, dass +26 °C nicht überschritten werden soll. Bei sommerlichen Außentemperaturen gelten allerdings Sonderregeln, die im nächsten Absatz erläutert werden. Ausnahmen von den Mindest- und Höchstwerten sind wegen betriebstechnischer Anforderungen gemäß Anhang 3.5 Abs. 1 vorgesehen. Alle Anforderungen gelten nur während der Nutzungsdauer.
Anhang 3.5 Abs. 3 sieht einen Schutz vor übermäßiger Sonneneinstrahlung und dadurch bedingter Hitzebelastung für alle Räume vor, die mit Fenstern, Oberlichtern oder Glaswänden ausgestattet sind. Diese müssen gemäß Abschn. 4.3 ASR A3.5 so gestaltet werden, dass eine ausreichende Tageslichtversorgung gewährleistet ist und gleichzeitig störende Blendung und übermäßige Erwärmung vermieden werden.
Neu ist durch Abschn. 4.3 und 4.4 ASR A3.5 ein abgestufter Pflichtenkatalog für den Fall eingeführt worden, dass die Sonneneinstrahlung oder hohe Außentemperaturen zu einer Raumtemperatur über +26 °C führen. Führt die Sonneneinstrahlung zu Raumtemperaturen über +26 °C, müssen Fenster, Oberlichter und Glaswände mit geeigneten Sonnenschutzsystemen ausgerüstet werden. Gestaltungsbeispiele können der Tab. 3 in Abschn. 4.3 ASR A3.5 entnommen werden. Führen Außentemperaturen über +26 °C zum Überschreiten einer Raumtemperatur von +26 °C, sollen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden oder es muss, wenn Gesundheitsgefährdungen drohen (z. B. bei schwerer körperlicher Arbeit, beim Tragen besonders belastender Schutzkleidung oder bei besonders gefährdeten Personen), über weitere geeignete Maßnahmen entschieden werden. Werden +30 °C überschritten, sind generell weitere Maßnahmen nach Tab. 4 in Abschn. 4.4 ASR A3.5 erforderlich, wie z. B. besondere Lüftungsmaßnahmen, angepasste Arbeitszeitregelungen, Entwärmungsphasen, Nutzung von Ventilatoren.
Das OVG Sachsen entschied am 9.5.2018 (Az. 5 A 998/17), dass eine behördliche Anordnung gerechtfertigt sei, bereits bei Überschreiten von +26 °C und zugleich niedrigerer Außentemperatur in der Kartonagenabteilung einer Behindertenwerkstatt die Arbeit einzustellen. Auch die fehlende Beachtung der Soll-Vorschrift aus Abschn. 4.2 ASR A3.5 bedeute, dass der Arbeitgeber die Regeln für Arbeitsstätten nicht anwende und daher die Ve...