Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
2.1 Anpassung an komplexe Betriebsstrukturen
In kleinen und mittleren Unternehmen, die an nur einem Standort vertreten sind, wird es (abseits von Kontaktbeschränkungen aus Infektionsschutzgründen) kaum Gründe geben, warum eine ASA-Sitzung besser digital als in Präsenz stattfinden sollte. Der Anteil an Unternehmen, die über mehrere, oft sogar zahlreiche und bundesweit oder international lokalisierte Niederlassungen verfügen, nimmt aber zu.
Damit tritt, was die ASA-Arbeit angeht, das Problem auf, dass einerseits das Unternehmen in aller Regel zentrale Strukturen braucht, in denen bestimmte Entscheidungen übergeordnet getroffen und Prozesse einheitlich gestaltet werden. Andererseits muss Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz vor Ort greifen, da, wo oft die Mehrzahl der Beschäftigten eines Unternehmens tätig sind und manchmal (abhängig von der Unternehmensausrichtung) die technisch-betrieblichen Herausforderungen deutlich höher sind als z. B. in einer Verwaltungszentrale.
ASA-Struktur sinnvoll gestalten
Die Bauklotz GmbH ist ein Mittelstandbetrieb, der Baufertigteile in mehreren Bundesländern verkauft und liefert, die teilweise in Eigenfertigung produziert werden.
Die Niederlassungen werden wirtschaftlich von Regionalleitungen geführt, technisch-betriebliche Fragen werden aber zentral gesteuert, weil die Abläufe und Erfordernisse überall sehr ähnlich sind. Die Eigenfertigung findet produktgebunden nur an einzelnen Standorten statt.
Zentrale ASA-Sitzungen am Hauptstandort haben für die Bauklotz GmbH den Vorteil, dass die relevanten Entscheider (z. B. Personal-, Produktions- oder Vertriebsleitungen) teilnehmen können und dass die Anbindung an zentral getroffene Entscheidungsprozesse möglich ist. Nachteilig ist aber, dass Beschäftigte aus der Fläche (sowohl lokale Führungskräfte als auch Betriebsräte und Sicherheitsbeauftragte) allenfalls in Einzelfällen, wechselnd und eher selten an zentralen ASA-Sitzungen teilnehmen werden. Damit fehlt dem Arbeits- und Gesundheitsschutz auf dieser Ebene die Kontinuität und Präsenz, die erforderlich ist, damit relevante Themen wahrgenommen und engagiert bearbeitet werden. Stark zentralisierte ASA-Strukturen werden deshalb zunehmend durch Aufsichtsbehörden und in QM-Prozessen infrage gestellt. Außerdem ist es schwierig, wenn in einem gemeinsamen ASA-Gremium umfangreiche produktionsbezogene Fragestellungen bearbeitet werden müssen, die die Vertriebsseite nicht betreffen oder umgekehrt. Andererseits können zentral wichtige Ansprechpartner, wie Vertreter der Geschäftsführung, nicht in mehreren ASA-Gremien kontinuierlich mitarbeiten.
Die Bauklotz GmbH hat durch digital durchgeführte ASA-Sitzungen viel mehr Möglichkeiten, in ASA-Sitzungen Teilnehmende gezielt so zusammenzubringen, dass es die Unternehmenskultur im Arbeits- und Gesundheitsschutz voranbringt:
- Für wichtige Einzelthemen können relevante Entscheider zugeschaltet werden, ohne dass gleich ein ganzer Arbeitstag dafür verplant werden muss.
- Sicherheitsbeauftragte und Führungskräfte aus der Fläche können konsequenter dazu angehalten werden, an ASA-Sitzungen teilzunehmen, damit die nötige Information und Motivation für Maßnahmen vor Ort direkt ankommen.
- Einzelne, weit verstreute Standorte, die thematisch gleich gelagert sind, können in einer ASA-Struktur zusammengefasst werden.
2.2 Bessere Einbindung von Teilnehmern
2.2.1 Entscheidungsträger
Viele Arbeitsschutzprozesse hängen letztlich an wirtschaftlichen Entscheidungen:
- Muss ein zu hoher Arbeitsdruck durch mehr Personal abgefangen werden?
- Soll eine Anlage wegen zu geringem Schutzstandard umgerüstet, ausgetauscht oder die Fertigung an einen anderen Standort überführt werden?
- Entscheidet man sich für ein Betriebsgebäude, das zwar günstig gelegen und anzumieten ist, aber als Arbeitsstätte räumliche Mängel hat – oder wird mehr Geld in ein teureres, aber moderneres Gebäude investiert?
Wenn über solche und ähnliche Fragestellungen im ASA ausschließlich Arbeitsschutzverantwortliche im engeren Sinne diskutieren, können die relevanten Entscheidungen gar nicht getroffen werden, sondern allenfalls Empfehlungen gegeben werden, die oft, kaum dass sie kommuniziert werden, von anderswo gesteuerten Entwicklungen wieder überholt werden. Das ist für alle Seiten und die betroffenen Beschäftigten unbefriedigend und trägt dazu bei, dass in der Beschäftigung mit Arbeitsschutzprozessen kein Verbesserungspotenzial gesehen wird.
Digital können Entscheidungsträger gezielt zugeschaltet werden, was Kommunikation und Entscheidungsfindung erheblich direkter, glaubwürdiger und effektiver macht.
2.2.2 Vorort-Verantwortliche
Wer in einer kleinen Niederlassung oder Abteilung für relativ wenige Beschäftigte Führungsverantwortung hat, sieht sich oft als Allrounder, der mit vielen Fragestellungen der Betriebs- und Personalführung umgehen muss, oft ohne dafür intensiv geschult und mit den nötigen Zeitreserven versehen zu sein. In der Folge sehen sich Beschäftigte in solchen Situationen sehr gefordert oder überfordert und zeigen wenig Interesse, sich mit Arbeitsschutzfragen aktiv auseinanderzusetzen. Sie erwarten vielmehr, dass die Zentrale ihne...