Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
2.2.1 Entscheidungsträger
Viele Arbeitsschutzprozesse hängen letztlich an wirtschaftlichen Entscheidungen:
- Muss ein zu hoher Arbeitsdruck durch mehr Personal abgefangen werden?
- Soll eine Anlage wegen zu geringem Schutzstandard umgerüstet, ausgetauscht oder die Fertigung an einen anderen Standort überführt werden?
- Entscheidet man sich für ein Betriebsgebäude, das zwar günstig gelegen und anzumieten ist, aber als Arbeitsstätte räumliche Mängel hat – oder wird mehr Geld in ein teureres, aber moderneres Gebäude investiert?
Wenn über solche und ähnliche Fragestellungen im ASA ausschließlich Arbeitsschutzverantwortliche im engeren Sinne diskutieren, können die relevanten Entscheidungen gar nicht getroffen werden, sondern allenfalls Empfehlungen gegeben werden, die oft, kaum dass sie kommuniziert werden, von anderswo gesteuerten Entwicklungen wieder überholt werden. Das ist für alle Seiten und die betroffenen Beschäftigten unbefriedigend und trägt dazu bei, dass in der Beschäftigung mit Arbeitsschutzprozessen kein Verbesserungspotenzial gesehen wird.
Digital können Entscheidungsträger gezielt zugeschaltet werden, was Kommunikation und Entscheidungsfindung erheblich direkter, glaubwürdiger und effektiver macht.
2.2.2 Vorort-Verantwortliche
Wer in einer kleinen Niederlassung oder Abteilung für relativ wenige Beschäftigte Führungsverantwortung hat, sieht sich oft als Allrounder, der mit vielen Fragestellungen der Betriebs- und Personalführung umgehen muss, oft ohne dafür intensiv geschult und mit den nötigen Zeitreserven versehen zu sein. In der Folge sehen sich Beschäftigte in solchen Situationen sehr gefordert oder überfordert und zeigen wenig Interesse, sich mit Arbeitsschutzfragen aktiv auseinanderzusetzen. Sie erwarten vielmehr, dass die Zentrale ihnen hier den Rücken freihält, selbst wenn sie vor Ort ggf. selber am meisten unter vorhandenen Mängeln und Problemen leiden.
Weil Führungsverantwortung und Arbeits- und Gesundheitsschutz gesetzlich untrennbar miteinander verbunden sind, ist es unverzichtbar, dass Führungskräfte aller Hierarchieebenen in das Thema einbezogen sind. Wenn der Zeitaufwand dafür gering, der wahrgenommene Output einer gut organisierten und durchgeführten digitalen Sitzung aber gut ist, führt das automatisch zu mehr Interesse und Engagement im Arbeitsschutz – und damit zu besseren Resultaten und mehr Rechtssicherheit.
2.2.3 Sicherheitsbeauftragte
Schon vom Grundsatz her sind Sicherheitsbeauftragte nicht in erster Linie Arbeitsschutzexperten, sondern "normale" Mitarbeiter, die einen besonderen Blick für Sicherheit und Gesundheit haben. Dieser wird zunächst i. d. R. durch Fortbildungen geschult, kann sich aber erst nachhaltig weiterentwickeln, wenn die Sicherheitsbeauftragten sich im Alltag weiter mit dem Thema beschäftigen. Weil es aber häufig nur einen Sicherheitsbeauftragten pro Bereich, Abteilung oder Niederlassung gibt und die zuständige Sicherheitsfachkraft meist nicht vor Ort ist, kommt der direkte Austausch nur selten zustande.
Daher sind die ASA-Sitzungen wichtige regelmäßige Impulsgeber, die dazu beitragen, dass Sicherheitsbeauftragte in ihrer Funktion wahr- und ernst genommen werden. Weil aber die Funktion "nur" ein Ehrenamt und kein Stellenschwerpunkt ist, ist es bei Unternehmen mit mehreren Standorten oft schlicht nicht möglich, dass für die Teilnahme ein hoher Reiseaufwand in Kauf genommen wird. Ein Zeiteinsatz von 1–2 Stunden vierteljährlich für eine digitale Teilnahme ist aber immer zu verkraften und ermöglicht den Sicherheitsbeauftragten, sich in die relevanten Fragestellungen einzuarbeiten und thematisch "am Ball zu bleiben".
2.2.4 Externe Fachkräfte
Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte und Brandschutzbeauftragte sind in den meisten Fällen "extern", sei es, dass sie von externen Dienstleistern "eingekauft" sind oder zentral für viele Standorte eines Unternehmens zuständig sind. Gerade dann, wenn Zeitressourcen ohnehin kurz bemessen sind (z. B. bei Arbeitsmedizinern häufig der Fall), würde die Anreise zu einer ASA-Sitzung mit einem halben oder gar einem ganzen Einsatztag zu Buche schlagen – ein Aufwand, der oft nicht möglich oder nicht gerechtfertigt ist. Gleichzeitig ist es aber oft wichtig und erforderlich, dass bestimmte Prozesse des Arbeits- und Gesundheitsschutzes einheitlich gestaltet und kommuniziert werden und dass es bei Bedarf zu einem standortübergreifenden Austausch kommen kann, der sich digital viel einfacher und schneller realisieren lässt, als wenn Präsenzsitzungen aus Zeit- und Planungsgründen ausschließlich nach einem festen Jahresplan durchgeführt werden können.