Zusammenfassung
Digitale Technologien und telemedizinische Verfahren sind mittlerweile im Gesundheitswesen weit verbreitet. Auch in der zukunftsorientierten Arbeitsmedizin sind in Ergänzung der bestehenden Betreuungsformen bereits zahlreiche Anwendungsgebiete der Telematik identifiziert. Ziel muss eine sichere Anwendung und eine breite Akzeptanz der Instrumente sein – insbesondere auch im Hinblick auf Datenschutz und Datensicherheit, aber gleichzeitig verbunden mit dem Auftrag, die Gesundheit bei der Arbeit vor Ort im Blick zu behalten. Neben Vorsorge und Diagnostik – wie in anderen Fachrichtungen – geht es in der Arbeitsmedizin auch um die Beratung zu Verhältnissen und Umgebungsbedingungen, die die Betreuung ganz wesentlich prägen. Der Beitrag fasst den Stand der Telematik in der Arbeitsmedizin
- für die allgemeine und spezielle arbeitsmedizinische Beratung der Beschäftigten und der Unternehmen,
- für Teilbereiche der arbeitsmedizinischen Vorsorge,
- bei der Erstellung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung,
- im Erfahrungsaustausch mit Kollegen sowie technischen Fachkräften in Betrieben und Aufsichtsbehörden und
- für die Aus-, Fort- und Weiterbildung
zusammen.
1 Einführung
Neben den Herausforderungen durch den Fachkräftemangel, gesetzlichen Vorgaben und einer steigenden Belastung der Arbeitnehmer ist auch die Arbeitsmedizin gefordert, zeitnah und flexibel zu kommunizieren und zu reagieren. Aufgrund der wachsenden Versorgungslücke, die durch den demografischen Wandel und eine hohe Nachfrage entsteht, muss die Arbeitsmedizin insbesondere für Kleinbetriebe außerhalb der Ballungsräume effizienter und leichter zugänglich werden.
Die Anwendung digitaler Technologien und telemedizinischer Verfahren im Gesundheitswesen gewinnt zunehmend an Bedeutung. In Fachbereichen wie der Dermatologie, Radiologie und Notfallmedizin sind sie seit Jahren etabliert und in Positionspapieren und Leitlinien beschrieben. Mit einem Beschluss des Deutschen Ärztetages 2018 hat die Neufassung des § 7 Abs. 4 der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä) den Weg auch für die "ausschließliche Fernbehandlung" geebnet: Einerseits wurde der "persönliche Kontakt" der Ärztinnen und Ärzte gegenüber den Patienten betont, gleichzeitig aber festgestellt, dass dabei "unterstützend" Kommunikationsmedien eingesetzt werden können. Weiter heißt es in Satz 3: "Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird."
Die zukunftsorientierte Arbeitsmedizin hat seit 2019 in verschiedenen Pilotprojekten Anwendungsgebiete identifiziert, die sich für eine telearbeitsmedizinische Betreuung unter den vorgenannten Rahmenbedingungen eignen. In der Neufassung der DGUV Vorschrift 2 "Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit" und einer kommentierenden DGUV-Regel 100-002 ist die Nutzung digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien seit 2025 ausdrücklich unter bestimmten Voraussetzungen für die arbeitsmedizinische Betreuung zugelassen.
Der Einsatz telemedizinischer Verfahren in der Arbeitsmedizin erfordert fundiertes Fachwissen und detaillierte Kenntnisse der speziellen Arbeitsplatzverhältnisse. Dabei sollte der persönliche Kontakt des Betriebsarztes zu den Beschäftigten nicht ersetzt, sondern allenfalls ergänzt werden. Ziel ist es, zeitnah Beratungsleistungen zu erbringen.
Begriffserläuterungen
E-Health (Electronic-Health) umfasst nach Definition der WHO den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), um die allgemeine Gesundheit und deren Syste...