Gilt die ärztliche Schweigepflicht auch für Betriebsärzte?
Mediziner spielen bei der Arbeitssicherheit und beim betrieblichen Gesundheitsschutz eine bedeutende Rolle. So sind Arbeitgeber verpflichtet, sich bei der Gefährdungsbeurteilung und in allen Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes von einem Betriebsarzt oder Arbeitsmediziner beraten zu lassen. Wenden sich nun Mitarbeiter an den Betriebsarzt, müssen sie sich keine Sorgen machen, dass der Chef davon erfährt.
Hat der Betriebsarzt eine ärztliche Schweigepflicht?
"Mancher hat das Gefühl, der Mediziner sei eine Art verlängerter Arm des Chefs", sagt Prof. Hans Drexler, Arbeitsmediziner an der Universität Erlangen. Doch er unterliegt wie jeder andere Arzt der Schweigepflicht. Würde er den Arbeitgeber etwa über Krankheiten des Mitarbeiters informieren, bricht er seine ärztliche Schweigepflicht und macht sich strafbar.
Was passiert, wenn der Betriebsarzt die Schweigepflicht bricht?
Wie jeder Arzt ist auch ein Betriebsarzt nicht weisungsgebunden, sondern in seinen Diagnosen ausschließlich seinen Fachkenntnissen und seinem Gewissen verpflichtet. Die ärztliche Schweigepflicht verbietet es ihm wie jedem anderen Arzt, Informationen über Patienten an Dritte weiterzugeben.
Verstößt ein Arzt gegen die ärztliche Schweigepflicht, geht er ein hohes Risiko sein. So kann er in der Folge seine Zulassung als Arzt (Approbation) verlieren, kann vom Betroffenen auf Schadensersatz verklagt und sogar zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden.
Die ärztliche Schweigepflicht gilt also auch für den Betriebsarzt. Trotzdem muss er den Arbeitgeber über die jeweilige Untersuchung informieren. Bricht der Betriebsarzt seine Schweigepflicht, macht er sich strafbar. Das gilt auch, wenn Mitarbeiter zum Beispiel nach einer längeren Krankheit in ihre Firma zurückkehren. Mancher hat dann Sorge, ihm etwa von seiner Depression zu erzählen. Der Betriebsarzt dürfe jedoch keine Details an den Arbeitgeber weitergeben, erklärt Drexler.
Er könne nur eine Beurteilung abgeben, ob ein bestimmter Arbeitsplatz infrage kommt oder nicht - er darf aber ohne Erlaubnis des Mitarbeiters keine Einschätzung darüber abgeben, warum das so ist.
Wann darf der Betriebsarzt Informationen an den Arbeitgeber preisgeben
Pflichtvorsorge: Der Betriebsarzt darf die arbeitsmedizinische Bewertung ohne Entbindung von der Schweigepflicht nicht an Dritte weitergeben. Der Arbeitgeber erhält lediglich eine Vorsorgebescheinigung. Diese enthält Angaben über
− den Vorsorgeanlass,
− den Tag der arbeitsmedizinischen Vorsorge und
− die ärztliche Beurteilung, wann eine weitere arbeitsmedizinische Vorsorge angezeigt ist.
Weitere Angaben, zum Beispiel zum Befund oder zu Diagnosen, sind nicht Bestandteil der Vorsorgebescheinigung. Sie unterliegen (umfassend) der ärztlichen Schweigepflicht.
Angebots-/ Wunschvorsorge: Ohne Entbindung von der Schweigepflicht ist eine Weitergabe arbeitsmedizinischer Beurteilungen an Dritte auch hier nicht erlaubt.
Für bestimmte Tätigkeiten müssen Mitarbeiter über bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten verfügen. So benötigt ein Kranführer seine volle Sehkraft und eine überdurchschnittlich gute räumliche Wahrnehmung. Liegen die jeweils geforderten Voraussetzungen nicht vor, ist eine Person nicht für diese Tätigkeit geeignet.
Bei Eignungs- oder Tauglichkeitsuntersuchungen erstellt der untersuchende Arzt im Auftrag des Arbeitgebers ein Gutachten, ob ein bestimmter Mitarbeiter über die körperlichen oder anderen Voraussetzungen für eine bestimmte Tätigkeit verfügt. Beschäftigte, die diese Aufgabe übernehmen wollen, willigen freiwillig in die Untersuchung ein und erlauben dem Arzt, dem Arbeitgeber das Ergebnis der Untersuchung mitzuteilen. Willigt der Beschäftigte nicht in die Untersuchung ein, darf der Arbeitgeber ihn nicht mit der vorgesehenen Aufgabe betrauen.
Bei einer Eignungsuntersuchung darf der Arzt dem Arbeitgeber lediglich das Ergebnis der Untersuchung mitteilen, also die Diagnose „geeignet“ oder „nicht geeignet“. Die Gründe etwa für die Nichteignung unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht.
Das könnte Sie auch interessieren
Arbeitsmedizinische Vorsorge: Pflicht oder freiwillig?
Eignungsuntersuchungen in der Arbeitsmedizin
Wiedereingliederung - zentraler Ansprechpartner: Betriebsarzt
-
Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz melden: Pflichten & Rechte
1.963
-
Fürsorgepflichten des Arbeitgebers - eine Übersicht
1.255
-
Arbeitsunfall im Homeoffice - was ist zu beachten?
688
-
Gilt die ärztliche Schweigepflicht auch für Betriebsärzte?
595
-
Neue ASR A6 „Bildschirmarbeit“ konkretisiert Arbeitsstättenverordnung
479
-
Chronisch krank und berufstätig
467
-
Ist die Teilnahme an der arbeitmedizinischen Vorsorge eigentlich Arbeitszeit?
460
-
Reform der Gefahrstoffverordnung verabschiedet
416
-
Warum ist eine Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz sinnvoll?
277
-
Gewerbeaufsicht im Haus: Rechte und Pflichten der Unternehmen
272
-
Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz melden: Pflichten & Rechte
16.12.2024
-
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Bedeutung für den Arbeitsschutz
10.12.2024
-
Rechte und Pflichten der Prüfer bei Betriebsbesichtigungen
27.11.2024
-
Zutrittsrechte der Arbeitsschutzbehörde zu den privaten Wohnräumen?
26.11.2024
-
Reform der Gefahrstoffverordnung verabschiedet
19.11.2024
-
PFAS-Verbot: Hintergründe und Bedeutung für die Praxis
13.11.2024
-
Mutter- und Jugendschutz im Homeoffice
12.11.2024
-
Hat der Arbeitgeber beim Homeoffice ein Zutrittsrecht zu den privaten Wohnräumen?
06.11.2024
-
Das TOP-Prinzip erklärt: Maßnahmen im Arbeitsschutz
05.11.2024
-
Welche Arbeitsschutzvorschriften gelten im Homeoffice?
28.10.2024