EAWS steht für Ergonomic Assessment Work Sheet. Über die Leitmerkmalmethode hinausgehend, umfasst es außerdem repetitive Belastungen der oberen Extremitäten. Die Anwendung kann sowohl mitarbeiterorientiert als auch arbeitsplatzbezogen erfolgen. Diese Methode (vom Institut für Arbeitswissenschaft der TU Darmstadt – IAD) findet vor allem dank ihrer raschen Anwendbarkeit eine weite Verbreitung, insbesondere in der Automobil- und Zulieferindustrie. EAWS ist darüber hinaus das MTM-Standard-Ergonomiewerkzeug und wurde in entsprechende Software-Lösungen implementiert.
EAWS ist ein aus mehreren Modulen aufgebautes Kombinationsverfahren zur Bewertung physischer Belastungen. Die Bewertungskriterien sind vielmals qualitativ formuliert. Jedem Modul liegt ein komplexes Regelwerk zugrunde, das die Bearbeitung durch geschultes und in der Ergonomiebewertung erfahrenes Personal erforderlich macht. Es gibt eigene Module für Körperhaltungen, Aktionskräfte, manuelle Handhabung, Belastung der oberen Extremitäten sowie eines für "Extrapunkte", die nicht schlüssig einsortiert werden konnten.
3.1 EAWS Modul 0: Extrapunkte
EAWS-Modul 0 umfasst auf den Zeilen 0a bis 0e eine Vielzahl unterschiedlicher Belastungen, welche in den übrigen Modulen nicht berücksichtigt werden. Es handelt sich um Beeinträchtigungen durch Arbeit an sich bewegenden Objekten, eingeschränkte Zugänglichkeit, Rückschläge, Impulse oder Schwingungen, Gelenkstellungen sowie andere körperliche Belastungen. Die Punktevergabe erfolgt dabei anhand der Ausprägung sowie ggf. zeitabhängig.
Das Modul 0 ist weitgehend qualitativ formuliert. In der Anwendungspraxis obliegt es dem Analytiker, anhand von Erfahrungswerten oder betrieblichen Festlegungen, Punktwerte in geeigneter Höhe festzulegen.
3.2 EAWS Modul 1: Körperhaltungen
Das Modul umfasst die Zeilen 1 bis 16 des EAWS-Formblattes. Mit Modul 1 werden statische Körperhaltungen, d. h. Körperhaltungen mit einer jeweiligen Dauer von mindestens 4s, sowie hochfrequente Bewegungen des Rumpfes und der Arme bewertet. Hochfrequent bedeutet mindestens 2 extreme Beugungen des Rumpfes pro Minute (Formblatt: Zeilen 4, 12, 13) oder mindestens 10 extreme Armbewegungen pro Minute (Formblatt: Zeilen 5, 6, 10, 11, 14, 15).
Geringe manuell zu handhabende Lasten (< 3 kg), Fingerkräfte (< 30 N) bzw. Ganzkörperkräfte (< 40 N) sind in der Bewertung im EAWS-Modul 1 bereits enthalten.
EAWS bietet zur Haltungseinstufung in Modul 1 qualitativ beschreibende Piktogramme, ergänzt um Gelenkwinkelangaben für die Rumpfbeugung bzw. -neigung sowie relative Verhältnisangaben zur Armstreckung. Die Piktogramme bestehen dabei aus wenigen Segmenten:
- Kopf,
- Rumpf,
- Arm in 2 Teilen und
- Beine in 3 Teilen.
In Modul 1 ist die gesamte Dauer des Arbeitszyklus zu bewerten. Dabei erfolgt die Zuordnung sämtlicher Zeitanteile, die entweder als nicht statisch bzw. hochfrequent identifiziert oder in den Modulen 2 und 3 bewertet wurden, zu einer jeweils für den Arbeitsplatz typische Grundkörperhaltung.
3.3 EAWS Modul 2: Aktionskräfte
In Modul 2, welches die Zeilen 17 und 18 im Formblatt umfasst, werden aufzubringende Aktionskräfte anhand der Intensität (Kraftbetrag [N] im Verhältnis zur Maximalkraft) und Dauer bzw. Häufigkeit bewertet. Dabei wird zwischen Finger- und Arm- bzw. Ganzkörperkräften unterschieden. Fingerkräfte von weniger als 30 N bzw. Arm-/Ganzkörperkräfte von weniger als 40 N werden nicht bewertet; die Belastung ist in diesen Fällen bereits in der Bewertung von Modul 1 enthalten.
Für die Maximalkräfte werden 2 Perzentile angegeben: P15 für Planungsanalysen sowie P40 für Ausführungsanalysen. Die maximal mögliche Fingerkraft ist abhängig von der Griffform, wobei zwischen 5 Möglichkeiten unterschieden wird. Die Ausübung der Kraft wird als einarmig angenommen. Bei Arm-/Ganzkörperkräften ist die Maximalkraft abhängig von der Grundkörperhaltung (Stehen, Knien, Sitzen) und der Kraftrichtung (6 Richtungen). Weiterhin wird zwischen ein- und beidarmiger Kraftausübung unterschieden.
Die manuelle Bewertung von EAWS-Modul 2 ist, sofern unterschiedliche Kraftfälle an einem Arbeitsplatz auftreten, sehr rechenintensiv und damit fehleranfällig. Es müssen statische und dynamische Kraftfälle sowie Kraftfälle mit unterschiedlichen Kraftniveaus durch Bildung gewichteter Mittelwerte und Interpolation letztlich zu jeweils einem Gesamtpunktwert für die Zeilen 17 und 18 zusammengefasst werden.
3.4 EAWS Modul 3: Manuelles Handhaben von Lasten
In Modul 3 – im Formblatt die Zeile 19 – werden Belastungen durch manuelles Handhaben von Lasten bewertet. Die Belastung ist dabei abhängig vom Lastgewicht, der Körperhaltung und Position der Last sowie der Häufigkeit, Dauer oder Wegstrecke. Bei der Beurteilung der Lastgewichte erfolgt eine geschlechtsabhängige Differenzierung. Für Operationen, die das Ziehen oder Schieben von Lasten umfassen, können zusätzliche Ausführungsbedingungen berücksichtigt werden. Bezüglich Häufigkeit, Dauer und Wegstrecke werden unterschiedliche Arten von Lastfällen unterschieden. Vorgänge, die weder lange Wegstrecken (> 5 m) noch Zeitdauern (> 5 s) umfassen, werden in Abhängigkeit...