Dipl.-Ing. (FH) Thomas Schlüter
Zusammenfassung
Der Einzug und die Nutzung der Elektrizität in allen Lebensbereichen ist sowohl im privaten als auch beruflichen Umfeld unvermeidbar mit dem Entstehen künstlich erzeugter elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder verbunden. Da der menschliche Organismus keine Sinnesorgane besitzt, um solche Felder wahrnehmen zu können, existiert auch keine natürliche Warnfunktion gegenüber solchen Beeinflussungen. Die auf den Menschen einwirkenden Felder müssen deshalb entsprechend ihrer Intensität und Wirkungsweise eingeteilt und betrachtet werden. Um den Schutz von Personen im privaten und beruflichen Umfeld zu gewährleisten, existieren in Deutschland Verordnungen und Vorschriften, in denen Grenzwerte zur Vorsorge gegen unzulässige Feldexpositionen verbindlich festgeschrieben sind.
Im vorliegenden Beitrag werden neben einem historischen Überblick der Felder die physikalischen Grundlagen der verschiedenen Feldarten erläutert sowie natürliche Feldquellen beschrieben. Ebenso wird die Vielzahl der technisch erzeugten Felder klassifiziert und entsprechend ihren Wirkungsweisen übersichtlich unterteilt und dabei der jeweils gültigen Vorschrift oder Verordnung zugeordnet. Die Essenz des Beitrags findet sich in der komprimierten Darstellung der derzeit in Deutschland gültigen Vorschriften und Verordnungen. Damit kann der Praktiker die Umsetzung sowohl der für die Allgemeinbevölkerung gültigen Verordnung realisieren als auch die im beruflichen Umfeld geltenden Vorschriften anwenden sowie Immissionsorte elektrischer Anlagen beurteilen und alle auftretenden Fragestellungen bezüglich der gültigen Grenzwerte beantworten.
1 Geschichte der Felder
1.1 Entdeckung des elektrischen Feldes
Bereits die alten Griechen wussten um die Wirkung des elektrischen Feldes, denn ihnen war bekannt, dass ein Stück Bernstein, welches man an einem Stoff oder Pelz rieb, kleine Teilchen an sich zu ziehen vermochte. Etwa um das Jahr 1600 fand Sir William Gilbert, Leibarzt der englischen Königin Elisabeth I., noch andere Materialien wie z. B. Glas, Wachs, Schwefel oder einige Edelsteine, die Papierschnitzel oder Ascheteilchen an sich zogen, wenn sie gerieben wurden. Gilbert bezeichnete sie als "corpora electrica", was soviel wie elektrische Materialien bedeutet. Hiermit wollte er zum Ausdruck bringen, dass sie sich wie Bernstein verhielten, denn dieser wurde von den alten Griechen "elektron" genannt, und auch die Römer hatten das griechische Wort als "electrum" in ihren Wortschatz übernommen. Man verstand darunter einen unsichtbaren Wirkstoff, dessen Kräfte durch Bernstein oder andere Materialien sichtbar gemacht werden konnten. Der Name für "Elektrizität" war geboren, den wir bis heute so verwenden.
Zu Beginn der Neuzeit verstand man also unter Elektrizität nur das elektrische Feld, das durch die Trennung elektrischer Ladungen bei der Reibung unterschiedlicher Materialien entsteht. Für den noch rätselhaften Einfluss des elektrischen Feldes auf verschiedene Materialien oder gar Menschen verwendeten die Gelehrten der damaligen Zeit das lateinische Fremdwort "Influenz". Da das Reiben von Materialien mit der Hand sehr mühsam war und man bereits die verschiedensten mechanischen Maschinen entwickelt hatte, lag es nahe, das Reiben mit der Hand durch eine Maschine zu ersetzen. So entwickelte man sog. Elektrisierapparate oder Influenzmaschinen, die stärkere und somit noch eindrucksvollere Effekte lieferten. Bereits um die Mitte des 18. Jahrhunderts faszinierten besonders die Funken, die zwischen den Elektroden der Influenzmaschinen übersprangen. Die Erforschung von elektrischen Phänomenen wurde rasch vertieft und intensiviert. In vielen Versuchen mit zum Teil abenteuerlichen Versuchsaufbauten wurden immer neue Erkenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit der neuen, noch unbekannten Energieform gemacht, welche für die anwesenden Probanden zum Teil sehr unangenehm waren. Die "Sicherheit" – das bedeutete damals, wie weit man gehen konnte, ohne dem Probanden ernsthafte Schäden zuzufügen – wurde am lebenden Objekt, d. h. an Tieren und Menschen studiert und ausprobiert.
1.2 Entdeckung des magnetischen Feldes
Obwohl das magnetische Feld schon seit mindestens zweieinhalbtausend Jahren den Naturphilosophen des alten Griechenland, wie z. B. Demokrit oder Empedokles, u. a. von dem in der Natur vorkommenden Magneteisenstein, welcher Eisenteile anziehen konnte, bekannt war, dauerte es bis Anfang des 19. Jahrhunderts, bis die künstliche Erzeugung dieser Kraftlinien entdeckt und beherrscht wurde. Die Grundlage hierfür lieferte um das Jahr 1800 der Italiener Alessandro Volta, der herausfand, dass zwischen untersch...