Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
3.1 Allgemeines
Evakuierungsübungen sollten in regelmäßigen Zeitabständen durchgeführt werden. Die ASR A2.3 empfiehlt eine Evakuierungsübung alle 2–5 Jahre. Aufgrund von Neueinstellungen, Umzügen oder Umbauten ergeben sich immer neue Situationen, die bedacht werden müssen. Das sollte bei der Fristsetzung berücksichtigt werden, ebenso wie die Vergesslichkeit der Menschen.
In manchen Betrieben ist es nicht möglich, für Übungszwecke das gesamte Gebäude räumen zu lassen. Hier kann die Evakuierungsübung auch selektiv – auf bestimmte Arbeitsbereiche begrenzt – durchgeführt werden (in Krankenhäusern z. B. etagenweise, in Betrieben auch gebäude- oder arbeitsbereichsweise). Dies entspricht aber auch den tatsächlichen Gegebenheiten bei einem Brand: auch dann ist nicht automatisch das gesamte Gebäude oder Betriebsgelände gefährdet.
Um die Übung zu kontrollieren, sollten Beobachter eingesetzt werden. Diese Beobachter können eigene Mitarbeiter, aber auch Angehörige der Feuerwehr sein, die an bestimmten Stellen im Betrieb positioniert werden (z. B. vor Aufzügen, Treppenhäusern) und den Ablauf der Übung protokollieren. Diese Beobachter sollten mit Armbinden oder Helm kenntlich gemacht werden.
Je nach Größe und Struktur des Unternehmens ist ggf. ein interner Notfallstab sinnvoll. Neben der Unternehmensleitung gehören diesem wesentliche Funktionsträger, wie z. B. Leiter Technik, Facility Manager (FM), Leiter Werkschutz, Leiter Einkauf, Unternehmenskommunikation, an. Mit der eintreffenden Feuerwehr und Polizei ist sobald wie möglich eine gemeinsame Einsatzleitung zu bilden.
Zutritt für Unbefugte verhindern
Stellen Sie sicher, dass es während einer Evakuierungsübung nicht zum Zutritt Unbefugter, zu Diebstählen oder Manipulationen kommen kann. Setzen Sie bei Bedarf dazu mehr Beobachter ein, die neben dem Übungsgeschehen auch die Eingänge im Auge behalten können und auf unbefugte Personen im Gebäude achten können.
3.2 Ablauf der Evakuierungsübung
3.2.1 Terminbekanntgabe
Eine Frage, die sich immer wieder stellt, ist, ob der Termin der Evakuierungsübung auch bei den Mitarbeitern bekannt gegeben werden soll.
Eine angekündigte Übung bringt Vorteile: Die Beschäftigten sind informiert und geraten daher nicht in Panik, die Übung kann ruhig und geordnet ablaufen. Das hat aber auch Nachteile, wenn die Mitarbeiter z. B. die Arbeitsplätze nicht verlassen, da es ja kein Ernstfall ist, oder bereits vorzeitig das Gebäude verlassen und die Sammelstelle aufsuchen, da sie ja wissen, dass in 10 Minuten der Alarm losgeht. Der Übungseffekt ist also wesentlich größer, wenn die Mitarbeiter von dem Alarm "überrascht" werden.
Der konkrete Termin sollte nur der Geschäftsleitung, dem Brandschutzbeauftragten/Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Feuerwehr sowie den benötigten Helfern bekannt sein. Der Betriebsrat erhält die Information, in welcher Kalenderwoche die Übung stattfindet.
Um eine Panik bei einer nicht angekündigten Übung zu verhindern, sollte neben der normalen Alarmierung eine Durchsage erfolgen: "Nur zur Übung". Der Belegschaft muss aber bewusst sein, dass sie dennoch komplett an der Evakuierungsübung (inkl. der Führungskräfte) teilzunehmen hat.
Argumentationshilfe
Wenn vereinzelte Personen nicht "mitspielen" (besonders Vorgesetzte) ist davon auszugehen, dass bei zukünftigen Übungen noch weniger Mitarbeiter daran teilnehmen werden. Gerade der Vorgesetzte hat hier eine wichtige Vorbildfunktion.
Der Mitarbeiter hat eine Verpflichtung, Maßnahmen des Arbeitsschutzes aktiv zu unterstützen und Anweisungen und Weisungen seiner Vorgesetzten Folge zu leisten (§ 15 ArbSchG). Das bedeutet, dass die Nicht-Teilnahme an einer Evakuierungsübung auch arbeitsrechtlich bedenklich ist und mit einer Abmahnung geahndet werden kann. Dieses sollte den Mitarbeitern durchaus bekannt sein.
Wenn es unausweichlich ist, dass einzelne Personen oder Funktionsträger nicht an der Übung teilnehmen können (z. B. wegen nicht zu unterbrechender Produktionsprozesse, laufender Kundenpräsentationen o. Ä.), muss das im Vorhinein geklärt und von der Unternehmensführung genehmigt und mindestens im Nachhinein auch unternehmensintern kommuniziert werden, damit dadurch nicht die Akzeptanz der Übung insgesamt leidet.
3.2.2 Möglicher Ablauf
Eine kurze, innerbetriebliche Evakuierungsübung muss vom reinen Ablauf her nur etwa 20 Minuten Zeit in Anspruch nehmen. Ggf. sind aber begleitende Schulungselemente sinnvoll und erwünscht.
Ablauf einer Übung
Ein möglicher Ablauf könnte nun folgendermaßen aussehen:
11.00 Uhr: Auslösung durch akustische und optische Alarmierung
- Die Mitarbeiter suchen die Sammelstelle auf, kümmern sich ggf. um die Verletzten.
- Die Evakuierungshelfer durchsuchen die Arbeitsbereiche.
- Die Vorgesetzten kontrollieren die Vollzähligkeit an der Sammelstelle.
- Meldung der Evakuierungshelfer und Vorgesetzten an den Übungsleiter, ob Personen fehlen und welche Bereiche kontrolliert wurden.
ca. 11.10 Uhr: Eintreffen der Feuerwehr
- Absprache mit dem Übungsleiter/ggf. Vorgesetzten.
- Suche nach Vermissten.
- Durchführen des ersten "Angriffs" (Anm. Angriff = Versuch, den Bra...