Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Wir hoffen alle, dass es nie passieren wird. Aber Brände, Explosionen und Unfälle mit Gefahrstoffen können plötzlich auftreten und uns jederzeit überraschen.
Damit Beschäftigte im Falle eines Brandes richtig reagieren, müssen gut geplante Übungen zur Evakuierung der Beschäftigten durchgeführt werden.
Gemäß § 4 Abs. 4 Arbeitsstättenverordnung muss der Arbeitgeber einen Flucht- und Rettungsplan aufstellen und in angemessenen Zeitabständen Übungen durchführen.
Außerdem relevant:
1 Begriffsbestimmungen
Zur begrifflichen Trennung ähnlicher Sachverhalte, die jedoch unterschiedliche einsatztaktische Maßnahmen erfordern, werden 2 unterschiedliche Ausdrücke verwendet: Räumung bzw. Evakuierung.
Räumung ist das schnelle In-Sicherheit-Bringen von Personen aus einem akut gefährdeten Bereich.
Bei der Räumung (vorsorgliche Maßnahme) ist die Gefährdung abzusehen, die möglichen Schäden sind in ihrem Ausmaß begrenzt und beeinträchtigen die medizinische Versorgung nicht langfristig. Ein Gebäude oder Gebäudeteil wird vorübergehend freigeräumt, die Wiederbelegung des Gebäudes ist abzusehen und die Funktionsfähigkeit ist in kurzer Zeit wieder möglich.
Für den Fall einer akuten Bedrohung werden die betroffenen Personen aus einem Bereich oder Gebäude zu einer Sammelstelle geführt. Flucht- und Rettungswege sowie Sammelstellen müssen im Vorfeld festgelegt, entsprechend gestaltet und gekennzeichnet werden. Der Rettungseinsatz der Feuerwehr und der betrieblichen Helfer ist vorzubereiten.
Evakuierung ist das längerfristige Verbringen von Personen aus einem gefährdeten oder zerstörten Bereich in einen intakten Bereich mit gleichwertiger Versorgungsmöglichkeit, aufgrund einer übergeordneten Entscheidung.
Bei der Evakuierung (langfristige oder endgültige Maßnahme) ist die Gefährdung in ihrem Ausmaß nicht abzusehen. Der Schaden könnte unbegrenzt groß sein, er beeinträchtigt langfristig die medizinische Versorgung, eine Wiederbelegung des Gebäudes ist nicht abzusehen, die Funktionsfähigkeit des Gebäudes ist in kurzer Zeit nicht möglich.
Bei der Evakuierung werden die betroffenen Personen aus einem Bereich oder Gebäude oder von einer Sammelstelle in einen sicheren und intakten Bereich mit gleichwertiger Versorgung gebracht. Es ist zu klären, in welchen Bereichen eine gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Transportkapazitäten sind vorzuplanen.
Begriff "Evakuierung"
In Abschn. 2.6 DGUV-I 205-033 findet sich die Anmerkung, dass "der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) beschlossen [hat], dass Evakuierung der maßgebende Begriff im Bereich der Sicherheit und Gesundheit bzw. übergeordnet zum Begriff "Räumung" anzusehen ist".
2 Planung
Die Planung der Evakuierungsübung übernimmt i. d. R. der Unternehmer mit dem ggf. vorhandenen Brandschutzbeauftragten und der Fachkraft für Arbeitssicherheit. Da der Betriebs- oder Personalrat in diesem Fall ein Mitbestimmungsrecht besitzt, muss er ebenfalls bei der Planung mit einbezogen werden (§ 87 BetrVG).
Feuerwehren einbeziehen
Grundsätzlich ist es für Feuerwehren hilfreich, wenn sie ein Unternehmen im Brandfall nicht zum ersten Mal betreten. Durch eine Übung können sie sich bereits einen Überblick über die örtlichen Gegebenheiten, mögliche Gefährdungen und Ansprechpartner verschaffen. Allerdings sind die Ressourcen der Feuerwehren zur Begleitung von Übungen beschränkt. Eine Anfrage lohnt aber in jedem Fall, auch für eine Beratung bei der Planung einer Übung bzw. die Abstimmung unklarer Fragen.
2.1 Flucht- und Rettungswege
Die Führungskräfte und der Brandschutzbeauftragte/die Fachkraft für Arbeitssicherheit müssen vor der Durchführung der Übung unbedingt die Flucht- und Rettungswege überprüfen.
Einwandfreier Zustand der Flucht- und Rettungswege und leichte Erreichbarkeit der Notausgänge sind Voraussetzungen, um Arbeitsplätze und Räume im Gefahrfall sicher verlassen zu können. Im Katastrophenfall erfüllen die Rettungswege zusätzlich die Funktion von "Angriffswegen" der externen Rettungskräfte (z. B. Feuerwehr).
Fluchtwege und Notausgänge müssen als solche deutlich erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet sein und auf möglichst kurzem Weg ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führen. Aber führen die Flucht- und Rettungswege tatsächlich dorthin? Oder enden sie eventuell an einer Wand, da sich durch Umbaumaßnahmen mittlerweile einiges geändert hat? Wenn die Fluchtwege und Notausgänge nicht von jedem Arbeitsplatz aus gesehen werden können, ist zusätzlich auf sie hinzuweisen.
Fluchtwege und Notausgänge dürfen durch nichts eingeengt werden und müssen stets freigehalten werden. Auf diesen Punkt ist besonderes Augenmerk zu richten. Oft werden die Flucht- und Rettungswege als Abstellplatz missbraucht. So finden sich nicht selten Kopierer, gemütliche Sitzgelegenheiten oder Prospektständer in diesen Wegen.
Zudem sollte darauf geachtet werden, dass Personen, die die Fluchtwege benutzen, nicht...