Notfallorganisation: Fluchtwege und Notausgänge nach ASR A2.3

Nach ASR A2.3 gilt: Für das sichere Verlassen von Gebäuden im Gefahrfall müssen Fluchtwege, Notausgänge und Notausstiege ständig freigehalten werden. Sie müssen wie auch Türen im Verlauf von Fluchtwegen gekennzeichnet sein. Zudem kann es erforderlich sein, einen Flucht- und Rettungsplan zu erstellen. Mit einer Änderung im November 2024 wurden die Regelungen für dynamische optische Sicherheitsleitsysteme konkretisiert.

Die ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“ gilt für jede Arbeitsstätte in Gebäuden und vergleichbaren Einrichtungen, zu denen Beschäftigte bei ihrer Arbeit Zugang haben.

ASR A2.3: Sicheres Verlassen der Arbeitsstätte im Notfall

Die ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“ gilt für jede Arbeitsstätte in Gebäuden und vergleichbaren Einrichtungen, zu denen Beschäftigte bei ihrer Arbeit Zugang haben. Sie konkretisiert die Anforderungen der ArbStättV an das Einrichten und Betreiben von Fluchtwegen sowie und Notausgängen sowie von Sammelstellen, für das Erstellen von Flucht- und Rettungsplänen und das Üben entsprechend dieser Pläne.

Sie gilt auch für das Einrichten und Betreiben der Sicherheitsbeleuchtung und von optischen Sicherheitsleitsystemen für Fluchtwege und Notausgänge und enthält die lichttechnischen Anforderungen an Sicherheitsbeleuchtung und optische Sicherheitsleitsysteme sowie Hinweise zu deren Betrieb, Instandhaltung und Prüfung.

Bei Gefahr muss das sichere Verlassen der Arbeitsstätte gewährleistet werden, nicht nur für Beschäftigte, sondern auch für betriebsfremde Personen wie Kunden oder Besucher.

Diese Technische Regel gilt dagegen nicht für Gebäudebereiche, in denen sich Beschäftigte nur für Instandhaltungsarbeiten aufhalten, wie z.B. Kontroll- und Wartungsgänge, die nur gelegentlich begangen werden. Für Bereiche, in denen die ASR A2.3 nicht anwendbar ist, müssen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung erforderliche Maßnahmen festgelegt werden, um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten.

Daneben gelten die Forderungen des Bauordnungsrechts des jeweiligen Bundeslandes.

Definitionen Fluchtweg, Rettungsweg, Verkehrsweg, notwendige Flure, Notausgang, Sicherheitsleitsystem

Die Bauordnung schreibt für Arbeitsstätten und andere Gebäude, in denen sich viele Personen aufhalten, das Anlegen von Flucht- und Rettungswegen vor. Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge gehören zur Arbeitsstätte (§ 2 ArbStättV).

Verkehrswege sind alle „für den Fußgänger- und/oder Fahrzeugverkehr bestimmte Bereiche in Gebäuden oder im Freien auf dem Gelände eines Betriebes oder auf Baustellen,“ also u.a. Flure, Gänge einschließlich Laufstege und Fahrsteige, Bühnen und Galerien, Treppen, ortsfeste Steigleitern, Steigeisengänge und Laderampen. Verkehrswege sind keine Arbeitsplätze, auf Verkehrswegen können jedoch temporär Arbeitsplätze eingerichtet werden. (ASR A1.8).

Fluchtwege sind definiert als „Verkehrswege, an die besondere Anforderungen zu stellen sind und die der selbstständigen Flucht aus einem möglichen Gefahrenbereich und … der Rettung von Personen dienen. Auch Außentreppen, begehbare Dachflächen oder offene Gänge können Teil eines Fluchtweges sein. Fluchtwege führen ins Freie oder in einen gesicherten Bereich. Fluchtwege sind auch die im Bauordnungsrecht definierten Rettungswege, sofern sie selbstständig begangen werden können.

Rettungswege dienen Rettungskräften, um zu den in Not befindlichen Personen vorzudringen und von diesen unmittelbare Gefahr abzuwenden. Bestandteile von Rettungswegen können z.B. auch Notleitern oder Rettungsgeräte der Feuerwehr sein.

Notwendige Flure bilden den „Verbindungsweg zwischen Nutzungs- oder Aufenthaltsräumen und einem sicheren Evakuierungsort oder ins Freie.“ Sie sind gem. Bauordnungsrecht immer dann erforderlich, wenn der Weg aus einem Raum nicht direkt ins Freie oder in ein Treppenhaus geführt werden kann. Sie müssen von anderen Räumen feuerwiderstandsfähig und raumabschließend getrennt und gegen das Eindringen von Feuer und Rauch geschützt sein, d.h. Türen in notwendigen Fluren müssen deshalb immer geschlossen gehalten werden. Notwendige Flure werden durch notwendige Treppen ergänzt.

Ein Notausgang ist ein „Ausgang im Verlauf eines Hauptfluchtweges, der direkt ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führt,“ also Türen, Fenster, u.ä.

Ein Notausstieg ist dagegen „ein geeigneter Ausstieg im Verlauf eines Nebenfluchtweges zur selbstständigen Flucht aus einem Raum oder einem Gebäude“, also Fenster in Wandöffnungen, Luke oder Klappe in Boden- oder Deckenöffnungen. Er soll in Wandöffnungen mind. 90 cm breit und 1,20 m hoch sein, in Boden- oder Deckenöffnungen mind. 0,70 m x 0,70 m.

Ein dynamisches optisches Sicherheitsleitsystem ist „ein elektrisch betriebenes optisches Sicherheitsleitsystem zur Unterstützung der Selbstrettung, das bei Eintritt einer vordefinierten Gefährdungssituation (z. B. Brand oder Rauch) einmalig mit Änderung der Fluchtrichtungsanzeige reagieren kann und diese Änderung bis zur Rückstellung dauerhaft anzeigt."

Wie viele Fluchtwege sind erforderlich?

Fluchtwege werden in Haupt- und Nebenfluchtwege unterschieden:

Hauptfluchtwege bilden die zur Flucht erforderlichen Verkehrswege, die nach dem Bauordnungsrecht notwendigen Flure und Treppenräume für notwendige Treppen sowie Notausgänge.

Nebenfluchtwege sind zusätzliche Fluchtwege, die ebenfalls ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führen. Ob sie erforderlich sind, ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung unter besonderer Berücksichtigung der - bei dem jeweiligen Aufenthaltsort bzw. Arbeitsplatz vorliegenden - spezifischen Verhältnisse, z.B. erhöhter Brandgefahr oder Anzahl der Personen, die auf den Fluchtweg angewiesen sind. Ein Nebenfluchtweg ist grundsätzlich erforderlich bei Produktions-, Lagerräumen oder Werkstätten mit einer Fläche von mehr als 200 m², bei Arbeitsräumen, deren Grundfläche mehr als 400 m² beträgt, z. B. Großraumbüros bzw. Kombibüros  oder aufgrund anderer spezifischer Vorschriften. Der Nebenfluchtweg führt durch einen Ausgang, der als Tür, Fenstertür (z. B. Terrassentür) oder als Schlupftür in Toren ausgebildet ist, oder durch einen Notausstieg..

Hinweis: Haupt- und Nebenfluchtweg können an derselben Tür beginnen, entscheidend ist, dass diese zu unterschiedlichen Notausgängen bzw. Notausstiegen führen.

Fluchtwege, Notausgänge und Notausstiege müssen ständig freigehalten werden, damit sie jederzeit benutzt werden können und sie müssen wie auch Türen im Verlauf von Fluchtwegen entsprechend der ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ gekennzeichnet sein.

Weitere Regelungen zu Rettungsweg und notwendigen Fluren legen die Bauordnungen der Länder fest.

Wie breit und hoch müssen Flucht- und Rettungswege sein, was gilt bezüglich Fluchtweglänge?

Die Breite von Hauptfluchtwegen hängt davon ab, wie viele Personen sie im Gefahrenfall benutzen müssen: Sie müssen für bis zu 5 Personen grundsätzlich mind. 0,90 m breit sein (Es gelten Übergangsregelungen für Gebäude, die vor dem 30.09.2022 errichtet werden), bei einer Anzahl von bis zu 400 Personen sind 2,40 m erforderlich.

Für Fluchtwege aus sog. besonderen Bereichen, z.B. Gänge zu persönlich zugewiesenen Arbeitsplätzen, gelten abweichende Werte (Tab. 1 ASR A2.3). Die Mindestbreiten für Nebenfluchtwege sollen sich nach den Maßen für Hauptfluchtwege richten.

Nach der Treppe anschließende horizontale Hauptfluchtwege müssen die gleiche Mindestbreite wie Treppen haben. Die Mindestbreite darf durch kurze Einbauten oder Einrichtungen, z.  B. Feuerlöscher, Wandvorsprünge, Türflügel, Türzargen, Türdrücker und Notausgangsbeschläge, 1,05 m nicht unterschreiten (Nr. 5 Abs. 16 ASR A2.3).

Hauptfluchtwege sollen mind. 2,10 m hoch sein und dürfen 2 m nicht unterschreiten (Türen und Durchgänge mind. 1,95 m).

Fluchtwege müssen möglichst kurz sein, in Abhängigkeit von Brand- und Explosionsgefahr sind festgelegte Längen von Hauptfluchtwegen für Räume mit explosionsgefährlichen Stoffen: bis zu 10 m, für übrige Räume: max. bis zu 35 m (ASR A2.3). Das Bauordnungsrecht der Länder kann ggf. davon abweichende längere Weglängen zulassen.

Anforderungen an die Sicherheitsbeleuchtung

Wird die Ausstattung von Fluchtwegen mit einer Sicherheitsbeleuchtung nicht von anderen Rechtsvorschriften wie dem Bauordnungsrecht gefordert, müssen Arbeitgeber prüfen, ob das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte gewährleistet ist, z. B. bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung. Dabei sind bestimmte Kriterien zu beachten, u. a. hohe Personenbelegung, ortsunkundige Personen wie Kunden und Geschäftspartner, fehlendes Tageslicht, große Flächen wie in Großraumbüros.

Nach Ausfall der Allgemeinbeleuchtung muss die Sicherheitsbeleuchtung für Fluchtwege grundsätzlich 50 % der erforderlichen Beleuchtungsstärke (mind. 1 lx) innerhalb von 5 s erreichen; 100 % der erforderlichen Beleuchtungsstärke müssen innerhalb von 60 s erreicht werden – und zwar für die Dauer von mind. 30 min.  

Für Sicherheitsbeleuchtungsanlagen, die über ausschließlich mit Verbrennungsmotoren betriebene Netzersatzanlagen versorgt werden, z. B. für medizinisch genutzte Bereiche, gelten durch die Änderung der ASR A2.3 im November 2024 Ausnahmeregelungen. Die bisherige Übergangsregelung für bereits vorhandene Sicherheitsbeleuchtungsanlagen wird auf Gebäude beschränkt, die bis zum 30.4.2025 errichtet worden sind oder deren Bauantragstellung bis zu diesem Termin erfolgt ist.

Wann muss ein Flucht- und Rettungsplan erstellt werden?

Flucht- und Rettungspläne können z.B. erforderlich sein:

  • bei unübersichtlicher Fluchtwegführung, z.B. über Zwischengeschosse, durch größere Räume, gewinkelte oder von den normalen Verkehrswegen abweichende Wegführung,
  • bei einem hohen Anteil an ortsunkundigen Personen, z.B. Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr wie Krankenhaus, Hotel, Kaufhaus, o.ä.,
  • in Bereichen mit einer erhöhten Gefährdung, oder wenn sich aus benachbarten Arbeitsstätten Gefährdungsmöglichkeiten ergeben, z.B. durch explosions- bzw. brandgefährdete Anlagen oder Stofffreisetzung,
  • auf Baustellen für Fluchtwege, die nicht erkennbar ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führen oder deren Verlauf sich während der Baumaßnahme wesentlich ändert oder unübersichtlich ist.

Der Arbeitgeber muss den Flucht- und Rettungsplan erstellen, dieser muss aktuell, übersichtlich, gut lesbar und farblich unter Verwendung von Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen gestaltet sein (s. ASR A1.3). Flucht- und Rettungspläne müssen an geeigneter Stelle ausgehängt werden, z.B. im Eingangsbereich, an Treppenaufgängen oder vor Aufzügen. Beschäftigte müssen regelmäßig über Flucht und Rettungspläne informiert werden, dies sollte mind. jährlich im Rahmen der Unterweisung und / oder einer Begehung erfolgen.

Was darf im Fluchtweg stehen?

Grundsätzlich müssen Fluchtwege ständig freigehalten werden, damit sie jederzeit benutzt werden können. V.a. dürfen dort keine brennbaren Stoffe gelagert werden wie Papiervorräte oder Kartonagen.

Praxishinweis: Darf der Drucker im Flur stehen?

Grundsätzlich sollten auch Drucker und Kopierer nicht in Fluren aufgestellt werden, die als Fluchtwege dienen. Ist dies aus Platzmangel dennoch erforderlich, dann muss das Gerät so aufgestellt werden, dass ungehindertes Passieren möglich ist und kein Kopierpapier in der Nähe gelagert wird.

In der Gefährdungsbeurteilung sollte das Schutzziel der ausreichend langen Nutzbarkeit des Fluchtwegs im Brandfall durch Minimierung von Brandlasten und Brandentstehungsgefahren berücksichtigt werden. Daraus ist abzuleiten, dass notwendige Flure von Brandlasten weitgehend freizuhalten sind.

Untersuchungen der BauA haben ergeben, dass sich durch derartige „längere Einengungen“ auf Fluchtwegen die Passagezeiten verlängern. Die sichere Lösung ist deshalb, Drucker und Kopierer möglichst in separaten Räumen zu betreiben, da die Geräte heiß werden und die Gefahr besteht, dass sie anfangen zu schwelen. Und wegen der Freisetzung von Tonerstaub empfiehlt sich die Aufstellung in einem gesonderten Raum, der nicht als Arbeits- oder Pausenraum dient.

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