2.6.1 Kann im Bereich der zu beurteilenden Anlage oder im Inneren von Apparaturen explosionsfähige Atmosphäre auftreten?
Diese Frage bezieht sich allein auf die Stoffe, deren Eigenschaften und mögliche Verarbeitungszustände, bei denen Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube vorhanden sind oder möglicherweise entstehen, die explosionsfähige Atmosphäre bilden können.
Sie kann nicht ohne weiteres beantwortet werden. Manchmal ist ein größerer Untersuchungsaufwand erforderlich. Man muss hier sowohl die stofflichen Eigenschaften (z. B. Dampfdruck) als auch die äußeren Gegebenheiten (z. B. Lüftung) berücksichtigen.
Zoneneinteilung
Um keine aufwendigen Berechnungen durchführen zu müssen, können Sie auf die Beispielsammlung der DGUV-R 113-001 oder der DIN EN 60079-10 zurückgreifen, in der für viele Anwendungen Zoneneinteilungen festgelegt sind.
Bei der Festlegung der Zonen dürfen die Verweise auf die jeweilige Vorschrift oder Regel nicht fehlen. Eine Neubeurteilung oder Aktualisierung könnte sonst sehr aufwendig werden.
Werden explosionsgefährdete Bereiche nicht in Zonen eingeteilt, sind Schutzmaßnahmen im Sinne der Zone 0 bzw. 20 zu treffen, soweit in der Gefährdungsbeurteilung nichts anderes festgelegt wurde (Abschn. 1 Nr. 2 TRGS 723).
Bei der Beurteilung müssen Sie auch die angrenzenden Bereiche oder Räume mitbetrachten. Hier sind besonders Tür- und Fensterbereiche zu beurteilen. Das gilt auch für Rohrleitungen zur Förderung entzündlicher Flüssigkeiten, insbesondere, wenn sie mehrere Räume miteinander verbinden (Übertragung von Explosionen).
Auch Dachauslässe von Sicherheitsventilen oder Abluftsysteme bedürfen einer gesonderten Betrachtung. Die Abluftleitungen gehen vielfach durch mehrere Räume und können explosionsfähige Atmosphäre fördern oder Explosionen übertragen. In den meisten Fällen werden in Abluftleitungen Detonationssicherungen oder Explosionsunterdrückungsklappen eingebaut.
Bei der Gefährdungsbeurteilung müssen Sie auch die Arbeitsschritte kritisch hinterfragen.
Probenahme
Kann es bei einer Probenahme zu einer Zündung, z. B. durch statische Entladung, kommen?
2.6.2 Sind die zu erwartenden Mengen explosionsfähiger Atmosphäre aufgrund der örtlichen und betrieblichen Verhältnisse gefahrdrohend?
Explosionsfähige Atmosphären sind ab einem Volumen von 10 Litern gefahrdrohend, wenn Zündquellen vorhanden sind. Deshalb müssen Sie potenzielle Zündquellen unbedingt ermitteln (siehe auch EMKG-Leitfaden)!
Die Anforderungen zur Vermeidung von wirksamen Zündquellen können auf nicht-atmosphärische Bedingungen übertragen werden, wenn Kenntnisse der Zündwirksamkeit bei nicht-atmosphärischen Bedingungen vorliegen; siehe dazu auch TRGS 722 (Abschn. 1 Nr. 3 TRGS 723).
Zusätzlich zu den technischen Schutzmaßnahmen für den Normalbetrieb müssen Sie auch noch organisatorische und persönliche Maßnahmen durchführen.
Dabei sollten Sie besonders beachten:
- elektrostatische Entladungen durch aufgeladene Personen infolge des An- und Ausziehens von Arbeitskleidung oder Schutzanzügen etc.,
- elektrostatische Entladungen durch aufgeladene Kunststoffflächen infolge trockenen Abwischens,
- elektrostatische Entladungen durch aufgeladene, elektrostatisch leitfähige oder nichtleitfähige Flüssigkeiten beim Ausschütten, Pumpen oder Versprühen,
- Funkenbildung bei Reib-, Schlag- und Abtrennvorgängen durch handelsübliche Werkzeuge,
- Funkenbildung durch Schlagvorgänge beim Herunterfallen von Schrauben, Muttern etc.,
- Funkenbildung durch bewegende Teile beim Eindringen von Fremdkörpern oder hohe Temperaturen bei Reibung (z. B. defektes Lager),
- thermische Zündquellen durch Reibungsvorgänge, exotherme Reaktionen oder adiabatische Kompression.
Weitere potenzielle Zündquellen finden Sie in TRGS 723.
Zusätzlich zum Vorhandensein von explosionsfähiger Atmosphäre und wirksamen Zündquellen ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung das mögliche Ausmaß von Explosionen zu beurteilen.