Prof. Dr. Rainer von Kiparski †
Zusammenfassung
Fahrgerüste und fahrbare Arbeitsbühnen werden eingesetzt, um kleinere Bau- und Instandhaltungsarbeiten an hoch gelegenen Arbeitsplätzen rationell durchzuführen. Es sind sehr flexible Arbeitsmittel, die mit geringem Aufwand an wechselnden Arbeitsplätzen eingesetzt werden können. Für alle Fahrgerüste ist ein Brauchbarkeitsnachweis erforderlich. Wird das Gerüst in der Regelausführung aufgebaut, gilt der Brauchbarkeitsnachweis als erbracht. Fahrgerüste dürfen nur unter Aufsicht einer befähigten Person auf-, ab- oder umgebaut werden. Die dabei beteiligten Beschäftigten müssen fachlich geeignet und speziell für diese Arbeiten unterwiesen sein.
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
- TRBS 2121 Teil 1 "Gefährdung von Beschäftigten durch Absturz bei der Verwendung von Gerüsten"
- DGUV-I 201-011 "Handlungsanleitung für den Umgang mit Arbeits- und Schutzgerüsten"
- DIN EN 1004 "Fahrbare Arbeitsbühnen aus vorgefertigten Bauteilen Werkstoffe, Maße, Lastannahmen und sicherheitstechnische Anforderungen, 2005"
- DIN 4420-3 "Arbeits- und Schutzgerüste, Teil 3: Ausgewählte Gerüstbauarten und ihre Regelausführung, 2006"
- DIN EN 12811-1 "Temporäre Konstruktionen für Bauwerke – Teil 1: Arbeitsgerüste; Leistungsanforderungen, Entwurf, Konstruktion und Bemessung, 2004"
1 Begriffsbestimmung
Fahrgerüste werden grundsätzlich unterschieden in:
- fahrbare Arbeitsbühnen
- fahrbare Gerüste und
- Kleingerüste.
Als fahrbare Arbeitsbühnen werden Fahrgerüste bezeichnet, die als einfeldige Gerüstkonstruktionen nach DIN EN 1004 aus vorgefertigten (systemabhängigen) Bauteilen errichtet werden. Sie sind verfahrbare Arbeitsplätze mit unveränderlichen Längen und Breiten der Belagflächen und können immer nur in denselben fabrikmäßig vorgegebenen Abmessungen verwendet werden.
Fahrbare Gerüste sind aus Bauteilen eines Systemgerüstes erstellte Arbeitsgerüste, die auf Fahrrollen stehen und verfahren werden können. Sie sind Hilfskonstruktionen mit veränderlichen Längen oder Breiten der Belagflächen.
Kleingerüste sind gerüstähnliche Konstruktionen mit mehr als 1,00 m Standhöhe, die aus einer Gerüstlage mit unveränderlicher Länge und Breite bestehen und freistehend als Schnellbaugerüste benutzt werden können.
2 Einteilung und Auswahlkriterien
Ein wichtiges Kriterium zur Auswahl der Fahrgerüste für die jeweiligen Arbeiten bildet die Gerüstgruppe bzw. Lastklasse:
- Gerüstgruppe/Lastklasse 1: nur für leichte Inspektionstätigkeiten;
- Gerüstgruppe/Lastklasse 2: nur für Bau- und Instandhaltungsarbeiten, die kein Lagern von Materialien erfordern, zum Beispiel für Reinigungsarbeiten.
Gerüstgruppe/Lastklasse 3: nur für Bau- und Instandhaltungsarbeiten, bei denen die Belastung aus Personen und Material das flächenbezogene Nutzgewicht von 200 kN/m2 bzw 200 kg/m2 nicht überschreitet, z. B.
- Putz- oder Stuckarbeiten mit geringer Materiallagerung,
- Instandsetzungsarbeiten an Installationen der Haustechnik,
- Malerarbeiten, Beschichtungsarbeiten.
2.1 Fahrbare Arbeitsbühnen
Als fahrbare Arbeitsbühnen (Abb. 1) werden nach DIN EN 1004 Gerüstkonstruktionen bezeichnet, die
- freistehend benutzt werden können,
- eine oder mehrere Belagflächen aufweisen,
- aus vorgefertigten Bauteilen zusammengesetzt sind,
- planmäßige Maße aufweisen,
- üblicherweise vier Füße und mindestens vier Fahrrollen aufweisen,
- standsicher sind durch an der Aufstellfläche wirkende Stabilisierungsmaßnahmen und, sofern erforderlich, durch eine Konstruktion zur Wandabstützung.
Fahrbare Arbeitsbühnen nach DIN EN 1004 dürfen nur für die Gerüstgruppen 2 oder 3 bemessen werden (Tab. 1).
Abb. 1: Fahrbare Arbeitsbühnen mit Ballastierung (links) und mit Auslegern (rechts) als Stabilisierungsmaßnahmen
Gerüstgruppe |
Gleichmäßig verteilte Last in kN/m² |
2 |
1,50 |
3 |
2,00 |
Tab. 1: Gerüstgruppen der gleichmäßig verteilten Last nach DIN EN 1004
2.2 Fahrbare Gerüste
Fahrbare Gerüste sind nach DIN 4420-3 Gerüste mit längen- oder flächenorientierten Gerüstlagen aus Stahlrohren, Kupplungen und Systembauteilen, die auf Fahrrollen stehen und verfahren werden können (Abb. 2).
Abb. 2: Fahrbares Gerüst nach DIN 4420-3; Hinweis: Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde der Leitergang nicht dargestellt.
Werden Fahrrollen als Lenkrollen verwendet, müssen sie den Anforderungen nach DIN EN 1004 entsprechen. Fahrrollen müssen hinsichtlich ihrer Tragfähigkeit und mit ihrer zulässigen Gebrauchslast gekennzeichnet sein. Sie müssen vollwandig, schlauchlos und so an den fahrbaren Gerüsten befestigt sein, dass sie gegen unbeabsichtigtes Lösen gesichert sind.
Die erforderliche Tragfähigkeit der Fahrrollen ist im Einzelfall zu ermitteln.
Fahrbare Gerüste aus Stahlrohren und Kupplungen dürfen in der Regelausführung
- nur auf höchstens 6,0 m² der Belagfläche mit dem flächenbezogenen Nutzgewicht der Lastklassen 1 bis 3 nach DIN EN 12811-1 belastet werden. Die verbleibende Belagfläche darf mit maximal 0,75 kN/m² belastet werden.
- in Längs- und Querrichtung höchstens zweifeldrig ausgeführt werden. Dabei darf ein Verhältnis von Standhöhe zur kleinsten Aufstandbreite von höchstens 3 : 1 nicht überschritten werden. Die Standhöhe darf 12 m nicht über...