Dipl.-Ing. Annette Wilmes
Für die Ermittlung der stoffspezifischen Eigenschaften von Gefahrstoffen ist das Sicherheitsdatenblatt die erste Informationsquelle. Ein Sicherheitsdatenblatt wird losgelöst von Ihrer betrieblichen Situation erstellt und ersetzt deshalb nicht die Gefährdungsbeurteilung. Welche Punkte für die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung besonders wichtig sind, zeigt Tab. 2.
Abschnitt 1.1 Produktidentifikator |
Die Angabe von Indexnummer, EG-Nummer, CAS-Nummer und REACH-Registrierungsnummer erleichtert Ihnen die Recherche z. B. in Stoffdatenbanken. Für Inhaltsstoffe von Gemischen sind diese in Abschnitt 3 enthalten. Wird eine REACH-Registrierungsnummer angegeben, können Sie davon ausgehen, dass die Eigenschaften des Stoffes geprüft sind. |
Abschnitt 2 Mögliche Gefahren |
Neben der Einstufung und Kennzeichnung finden Sie hier Informationen zu nicht einstufungsrelevanten Gefährdungen, z. B.: Staubexplosionsgefahr, Kreuzsensibilisierung, Erstickungs- oder Erfrierungsgefahr oder ausgeprägter Geruch. |
Abschnitt 3 Zusammensetzung/Angaben zu Bestandteilen |
Anhand dieser Informationen sollen Sie problemlos die Gefahren der im Gemisch enthaltenen Inhaltsstoffe erkennen können. Eingestufte Inhaltsstoffe müssen oberhalb der in der CLP-Verordnung angegebenen Berücksichtigungsgrenzen angegeben werden. |
Abschnitt 8 Begrenzung und Überwachung der Exposition/Persönliche Schutzausrüstung |
Sie finden hier rechtsverbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW), Expositions-Risiko-Beziehungen (ERB), Biologische Grenzwerte (BGW) und verbindliche Grenzwerte der EU. Darüber hinaus können weitere Beurteilungsmaßstäbe genannt sein, z. B. Maximale Arbeitsplatzkonzentrationen (MAK-Werte) oder Derived No Effekt Level (DNEL). Für die Exposition am Arbeitsplatz sind vorrangig die inhalativen Langzeitwerte heranzuziehen. DNEL müssen nur erscheinen, wenn Expositionsszenarien angehängt sind. Zusätzlich finden Sie hier branchen- oder tätigkeitsspezifische Regelungen, Produktcodes oder Maßnahmenvorschläge in Form von Schutzleitfäden. |
Abschnitt 9 Physikalische und chemische Eigenschaften |
Bei Flüssigkeiten erhalten Sie hier Angaben zu Siedepunkt und Dampfdruck. Bei Feststoffen können Hinweise zur Korngrößenverteilung oder eine Angabe zum Staubungsverhalten enthalten sein. Anhand dieser Angaben können Sie erkennen wie flüchtig oder wie staubig der Gefahrstoff ist. |
Abschnitt 10 Stabilität und Reaktivität |
Sie finden hier Informationen über die Gefahrstoffe, die z. B. durch eine erhöhte Anwendungstemperatur im Zersetzungsprozess entstehen. Gibt es für diese Gefahrstoffe einen Arbeitsplatzgrenzwert, so ist dieser im Abschnitt 8 zu nennen. Bei Gefahrstoffen, die miteinander reagieren, kann die daraus entstehende Wärmeentwicklung zu einer Zündquelle werden. Zur Vermeidung sollten Informationen im Abschnitt 7 "Handhabung und Lagerung" enthalten sein. Ein Beispiel für Gefahrstoffe mit erhöhter Reaktionsfähigkeit sind starke Säuren mit einem pH-Wert < 2 (z. B. Perchlorsäure, Iodwasserstoffsäure, Chlorsäure, Salpetersäure, Salzsäure, Schwefelsäure oder Bromwasserstoffsäure) oder starke Basen mit einem pH-Wert > 11 (z. B. Ammoniaklösung, Kalilauge, Natronlauge und Silbernitrat). Der pH-Wert ist im Sicherheitsdatenblatt und Abschnitt 9 angegeben und führt in diesen Fällen direkt zu einer Einstufung als stark ätzender Gefahrstoff. |
Abschnitt 15 Rechtsvorschriften |
Hier finden Sie Informationen über zutreffende EU-Vorschriften sowie zu Zulassungen gemäß Titel VII und Beschränkungen gemäß Titel VIII der REACH-Verordnung und zu nationalen Vorschriften. Eine relevante Information zur Lagerung enthält die hier häufig genannte Wassergefährdungsklasse. |
Tab. 2: Die wichtigsten Punkte für die Gefährdungsbeurteilung aus dem Sicherheitsdatenblatt
Die Empfehlung von Schutzmaßnahmen im Abschnitt 8 und im Abschnitt 7 sowie in den Expositionsszenarien des erweiterten Sicherheitsdatenblatts sollten Sie zur Kenntnis nehmen und prüfen, ob diese für Ihren Betrieb auch geeignet und erforderlich sind. Ein erweitertes Sicherheitsdatenblatt wird nur für nach REACH registrierte und als gefährlich eingestufte Stoffe ab 10 t geliefert.
Die Qualität Ihrer Gefährdungsbeurteilung hängt von der Qualität der eingehenden Daten ab. Deshalb sollten Sie das Sicherheitsdatenblatt auf offensichtliche Mängel prüfen und bei Bedarf den Lieferanten informieren und bitten, Fehler zu korrigieren und fehlende Informationen zu liefern. Haben Sie keinen Erfolg, können Sie eine entsprechende Mitteilung an die für den Lieferanten zuständige Aufsichtsbehörde geben. Zur Festlegung der Maßnahmen müssen Sie falsche Informationen korrigieren und Gefährdungen als vorhanden unterstellen, zu denen Ihnen keine Informationen vorliegen.
Die wichtigsten Punkte der Plausibilitätsprüfung
Nutzen Sie zur Plausibilitätsprüfung die GESTIS-Stoffdatenbank des Instituts für Arbeitsschutz (IFA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) unter www.dguv.de/ifa/GESTIS/index.jsp oder das IGS – Informationssystem für gefährliche Stoffe Landesa...