Dipl.-Ing. Annette Wilmes
Schutzmaßnahmen werden nach einer bestimmten Hierarchie abgeprüft: Substitution, technische, organisatorische, persönliche Schutzmaßnahme (S-T-O-P).
2.4.1 Substitution
Die erste Maßnahme ist zu prüfen, ob der Gefahrstoff oder das Verfahren durch ein weniger gefährliches ersetzbar ist. Die entsprechende Technische Regel hierzu ist die TRGS 600 "Substitution". In dieser Regel finden Sie im Anhang z. B. das Spaltenmodell, Hilfestellungen zu Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und Datenbanken zu Ersatzstoffen und Ersatzverfahren. Eine übersetzte Version des Spaltenmodells nach CLP-Verordnung finden Sie unter www.dguv.de/ifa/praxishilfen/praxishilfen-gefahrstoffe/ghs-spaltenmodell-zur-substitutionspruefung/index.jsp. Beachten Sie bei der Ersatzstoffsuche, dass es nicht sinnvoll ist, Gefahrstoffe mit bekannten gefährlichen Eigenschaften durch Produkte mit unbekannten Eigenschaften zu ersetzen.
Staubarme Produkte
Eine Möglichkeit der Substitution bieten staubarme Produkte. Bei der Festlegung von Maßnahmen ist es ein Unterschied, ob ein Feststoff als feines Puder oder Granulat eingesetzt wird.
Die weitere Festlegung von Maßnahmen ist das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung. Nicht bei allen Gefährdungen sind zusätzliche Maßnahmen notwendig. Der Arbeitgeber hat hier einen Ermessensspielraum. Wichtig ist, dass die Auswahl der Schutzmaßnahmen in der Gefährdungsbeurteilung dargestellt und nachvollziehbar begründet wird.
In einem abgestuften Maßnahmenkonzept trennt die GefStoffV in:
- Allgemeine Schutzmaßnahmen,
- Zusätzliche Schutzmaßnahmen und
- Besondere Schutzmaßnahmen für nachweislich krebserzeugende, erbgutverändernde und fruchtbarkeitsgefährdende Stoffe und Gemische.
Hier kann dann jeweils zwischen technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen unterschieden werden.
2.4.2 Allgemeine Schutzmaßnahmen
Allgemeine Schutzmaßnahmen beziehen sich auf den gesamten Arbeitsbereich. Sie beschreiben Hygienestandards und eine gute Arbeitspraxis. Gute Hygienestandards schützen vor der oralen Aufnahme und dem Verschleppen von Gefahrstoffen über verschmutzte Arbeitskleidung in private Bereiche.
Wichtige Punkte sind hier:
- das Einrichten und Betreiben der Arbeitsstätte (z. B. Lüftung, Lager, Waschgelegenheiten, Pausenräume),
- die Arbeitsorganisation (z. B. Reinigung der Arbeitsplätze, Gefahrstoffmenge am Arbeitsplatz),
- Hygienemaßnahmen (z. B. Wechseln von kontaminierter Arbeitskleidung, Hautschutzplan),
- innerbetriebliche Kennzeichnung von Apparaturen, Rohrleitungen, Behältern und Abfällen.
Beginnen Sie mit den Allgemeinen Schutzmaßnahmen
Die BAuA bietet Ihnen mit den Schutzleitfäden der Reihe 100 eine umfangreiche Hilfestellung. Sie beinhalten die Mindestanforderung an Lüftung, Organisations- und Hygienemaßnahmen, Brandschutzmaßnahmen sowie an das Lagern und Bereitstellen von Gefahrstoffen. Sie umfassen 2 Seiten und können als Checklisten genutzt werden. Außerdem enthalten sie zusätzlich Hinweise zur Unterweisung und Wirksamkeitsüberprüfung.
Haben Sie bei der Informationsermittlung festgestellt, dass die notwendigen Schutzmaßnahmen in einer TRGS oder in Form von Verfahrens- und stoffspezifischen Kriterien (VSK) nach TRGS 420 beschrieben sind, können Sie diese unmittelbar anwenden. Die Vorgaben der GefStoffV sind in diesem Fall erfüllt. Eine Überprüfung, ob der AGW, die ERB oder andere im Technischen Regelwerk aufgestellte Beurteilungsmaßstäbe eingehalten sind, entfällt.
Vergleichbare Vorgehensweisen bieten branchen- oder tätigkeitsspezifische Hilfestellungen. Die dort beschriebenen Schutzmaßnahmen sind häufig durch Arbeitsplatzmessungen und detaillierte Erhebungen vor Ort validiert. Sie können diese auf Ihren Arbeitsplatz übertragen, wenn:
Bei Zweifel sollten Sie die Einhaltung von AGW, ERB oder andere Beurteilungsmaßstäbe zusätzlich z. B. durch eine Arbeitsplatzmessung prüfen.
Nutzen Sie eine TRGS, ein VSK oder eine branchen- oder tätigkeitsspezifische Handlungsempfehlung, müssen Sie trotzdem Sicherheitsdatenblätter vorhalten, ein Gefahrstoffverzeichnis führen, Betriebsanweisungen erstellen und die Beschäftigten unterweisen. Außerdem müssen Vorkehrungen für Unfälle, Stör- und Notfälle er...