Dipl.-Ing. Annette Wilmes
Zusammenfassung
Das Grundgerüst für die Gefährdungsbeurteilung ist im Arbeitsschutzgesetz festgelegt. Das Beurteilen von Gefährdungen durch Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ist nur ein Teil davon. Anforderungen wie z. B. Organisation und Verantwortung gelten für alle Gefährdungen und sind deshalb hier beschrieben.
In diesem Beitrag wird speziell auf die Gefährdungsbeurteilung beim Umgang mit Gefahrstoffen eingegangen. Ziel ist es, Ihnen den Einstieg in die Gefährdungsbeurteilung zu erleichtern. Für die Gefährdungsbeurteilung beim Umgang mit Gefahrstoffen können bereits vorhandene Informationen, wie z. B. das Gefahrstoffverzeichnis oder die Betriebsanweisung genutzt werden.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Gefährdungen durch das Einatmen (inhalativ), bei Hautkontakt (dermal) und durch Brand und Explosionen. Hohe Gefährdungen, wie z. B. bei Tätigkeiten mit nachgewiesen krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fruchtschädigenden Gefahrstoffen sowie Gefahrstoffen, die dem Sprengstoffgesetz unterliegen, erfordern häufig eine vertiefende Gefährdungsbeurteilung. Dieser Beitrag deckt die Gefährdungsbeurteilung für hohe Gefährdungen daher nicht vollständig ab.
Folgende Vorschriften sind für die Gefährdungsbeurteilung beim Umgang mit Gefahrstoffen relevant:
Darüber hinaus spielen die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) eine große Rolle:
- TRGS 400: Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen
- TRGS 401: Gefährdungen durch Hautkontakt – Ermitteln, Beurteilen, Maßnahmen
- TRGS 402: Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition
- TRGS 406: Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege
- TRGS 410: Expositionsverzeichnis bei Gefährdungen gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorien 1A oder 1B
- TRGS 500: Schutzmaßnahmen
- TRBS 2152 Teil 1/TRGS 721: Gefährliche explosionsfähige Gemische – Beurteilung der Explosionsgefährdung
- TRBS 2152 Teil 2/TRGS 722: Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre
- TRGS 800: Brandschutzmaßnahmen
- TRGS 900: Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW)
- TRGS 903: Biologische Grenzwerte (BGW)
- TRGS 905: Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe
- TRGS 906: Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 GefStoffV
- TRGS 910: Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für krebserzeugende Stoffe
1 Organisation und Verantwortung
Der Arbeitgeber ist rechtlich verpflichtet, alle Gefährdungen, die während einer Tätigkeit entstehen, zu beurteilen, zu bewerten und zu dokumentieren. Ziel sind gut durchdachte, realistische Pläne mit integriertem Terminmanagement für die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes und ihre regelmäßige Überprüfung. So können Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung systematisch fortschreiben und den Sicherheits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten ständig verbessern.
Die Vorgehensweise ist für die einzelnen Gefährdungen in unterschiedlichen Verordnungen geregelt, z. B. in der Gefahrstoffverordnung, Biostoffverordnung, Arbeitsstättenverordnung und Betriebssicherheitsverordnung. Eine weitere Konkretisierung findet in den untergeordneten technischen Regeln statt. Aufgrund ihrer Vermutungswirkung erfüllen diese die Verordnungen und können direkt umgesetzt werden. Werden abweichende Schutzmaßnahmen ergriffen, muss der Schutz und die Sicherheit der Beschäftigten in gleicher Weise gewährleistet sein.
Es ist möglich, die Gefährdungsbeurteilung für mehrere Arbeitsplätze zusammenzufassen, wenn
- Arbeitsbedingungen gleichartig,
- Arbeitsplätze vergleichbar und
- Tätigkeiten gleich sind.
Dabei sollen Sie bei unterschiedlichen Gefahrstoffen darauf achten, dass Gefährdungen, Expositionsbedingungen, Arbeitsabläufe, Verfahrens- und Umgebungsbedingungen übereinstimmen und die Schutzmaßnahmen immer ausreichend sind.
Eine Tätigkeit darf erst aufgenommen werden, wenn die erforderlichen Schutzmaßnahmen umgesetzt sind. Nicht immer können Sie direkt eine technische Lösung oder eine geschlossene Anlage etablieren. In diesen Fällen sind die geplanten Maßnahmen in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren und vorübergehend geeignete persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen.
Verschiedene Verordnungen – verschiedene Anforderungen
Die Beurteilung der unterschiedlichen Gefährdungen kann in den einzelnen Verordnungen und technischen Regeln unterschiedlich sein. Das betrifft z. B. die Fachkunde, Zyklen zur Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung und die Dokumentation.
Der Arbeitgeber kann die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung an eine oder mehrere Personen delegieren. Hierzu hat der Arbe...