Dipl.-Ing. Dirk Rittershaus
Zusammenfassung
Gerüste sind vorübergehend errichtete Baukonstruktionen unterschiedlicher Höhe und Länge, die aus einzelnen Gerüstbauteilen vor Ort zusammengebaut werden. Sie werden v. a. dazu eingesetzt, temporär Arbeitsstellen bei Bauarbeiten oder bei Instandsetzungsarbeiten zu erreichen, wenn Leitern oder Abseilgeräte nicht verwendet werden können. Gerüste können freistehend sein, sind aber meistens an Bauwerken oder tragenden Bauteilen, die dafür geeignet sind, befestigt. Beim Auf- und Abbau und bei der Benutzung von Gerüsten muss besonders Absturzgefahr als Gefährdung so weit wie möglich vermieden werden.
Konstruktion, Bereitstellung und Benutzung von Gerüsten sind in einer Vielzahl von Vorschriften geregelt. Wie für alle Arbeitsmittel gelten auch für Gerüste die grundlegenden Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung zur Gefährdungsbeurteilung (§ 3 BetrSichV) und zur Prüfung und deren Dokumentation (§§ 14, bis 17 BetrSichV). Sie werden konkretisiert durch TRBS 1111 "Gefährdungsbeurteilung" und TRBS 1201 "Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen". Konkrete Mindestanforderungen speziell an Gerüste enthält Anhang 1 Abschn. 3.1 und 3.2 BetrSichV. Nähere Ausführungen dazu macht TRBS 2121 Teil 1 "Gefährdung von Beschäftigten durch Absturz bei der Verwendung von Gerüsten". Wichtige Vorschriften im berufgenossenschaftlichen Regelwerk sind die DGUV-R 112-198 "Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz", die DGUV-I 201-011 "Handlungsanleitung für den Umgang mit Arbeits- und Schutzgerüsten". Grundlegend für die Konstruktion von Gerüsten sind DIN 4420 Teile 1 und 3 "Arbeits- und Schutzgerüste" und DIN EN 12811 Teile 1 bis 2 "Temporäre Konstruktionen für Bauwerke".
1 Einsatzzweck und Gefährdungsfaktoren
Gerüste werden vorrangig dazu eingesetzt, temporär Arbeitsstellen bei Bauarbeiten oder bei Instandsetzungsarbeiten zu erreichen, wenn Leitern oder Abseilgeräte nicht verwendet werden können.
Die Arbeitsstellen sind i. d. R. von einer Arbeitsebene aus in die Höhe gebaut. Es gibt aber auch Sonderfälle, bei denen Hängegerüste verwendet werden. Gerüste können freistehend sein, sind aber meistens an Bauwerken oder tragenden Bauteilen befestigt, die dafür geeignet sind.
Bei der Errichtung und beim Abbau von Gerüsten besteht für den Gerüstersteller Absturzgefährdung. Sofern Gerüste statisch unzureichend erstellt wurden oder sie entgegen der vorgesehenen Bestimmung zu stark belastet werden, besteht auch für den Gerüstbenutzer Absturzgefahr. Zudem können von Gerüsten Arbeitsmittel oder Materialien herabfallen und Dritte verletzen.
2 Gefährdungsbeurteilung
Bei der Errichtung von Gerüsten muss generell eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden.
Ausnahmen von der Gefährdungsbeurteilungspflicht
Die Gefährdungsbeurteilung muss nicht bei jeder Neuerrichtung von Gerüsten durchgeführt werden. Bei gleichartigen Gefährdungen reicht es aus, dass nur eine einzige Gefährdungsbeurteilung erstellt wird. Werden jedoch unterschiedliche Gerüsttypen (z. B. Dachfanggerüst, Konsolgerüst, Fassadengerüst, Rollgerüst) verwendet, sind dafür jeweils eigenständige Gefährdungsbeurteilungen notwendig. Werden Gerüste in Regelausführung aufgebaut, d. h. nach einer Aufbauanleitung des Herstellers, dann reicht es ebenfalls aus, dass nur eine Gefährdungsbeurteilung erstellt wird.
Die Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt die Gefährdungs- und Belastungsfaktoren für die Errichtung, die Benutzung, die Veränderung und den Abbau von Gerüsten. Kommt es beim Umgang mit Gerüsten zu einem Arbeitsunfall, dann ist im Rahmen einer Unfallursachenanalyse zu prüfen, ob die ermittelten Gefährdungen nachgebessert werden müssen.
3 Schutzmaßnahmen
3.1 Regelausführung
Gerüste sollten möglichst in Regelausführung errichtet werden. Dafür hat der Hersteller des Regelgerüsts Standsicherheitsnachweise erbracht.
Erleichterungen für Gerüstersteller
Wird das Gerüst entsprechend den Vorgaben des Herstellers errichtet, muss der Gerüstersteller keinen Standsicherheitsnachweis erbringen.
Der Standsicherheitsnachweis ist jedoch bei allen Nicht-Regel-Ausführungen erforderlich. Dieser Standsicherheitsnachweis besteht aus einer Festigkeits- und einer Standfestigkeitsberechnung.
3.2 Montageanweisung, Benutzungsplan
Für die Montage von komplexen Gerüsten muss eine Montageanweisung erstellt werden. Die Montageanweisung muss einen Plan für Auf-, Um- und Abbau des Gerüsts enthalten. Die Montageanweisung darf nur von einer befähigten Person erstellt werden. Abschn. 4.1.2 TRBS 2121 Teil 1 erläutert den Inhalt einer Montageanweisung.
Darüber hinaus ist ein gem. § 3 Abs. 4 Produktsicherheitsgesetz ein Plan für den Gebrauch erforderlich. Dieser Plan für den Gebrauch (Benutzungsplan genannt) enthält folgende Angaben:
- Name und Anschrift des Gerüsterstellers,
- Last- und Breitenklassen,
- die Art, Anzahl und Lage der Zugänge sowie
- evtl. vorhandene Verwendungsbeschränkungen.
Der Benutzungsplan ist identisch mit der Gerüstfreigabe, die an jedem Gerüstzugang befestigt ist. Benutzer können anhand des Benutzungsplans bzw. der Gerüstfreigabe erkennen, w...