Die wichtigsten Unfallgefahren auf Baustellen vermeiden


Die wichtigsten Unfallgefahren auf Baustellen vermeiden

Bei kaum einer anderen Arbeitsstätte muss auf die Sicherheit permanent so genau geachtet werden wie auf einer Baustelle. Denn Baustellen bergen aufgrund diverser gleichzeitig ablaufender Arbeitsprozesse, der Abhängigkeit von Bodenverhältnissen und Witterung sowie unterschiedlicher bautechnischer Herausforderungen eine Vielzahl von Gefahren.

Grundsätzlich sollten sich Bauherren, Bauleitungen und Fachkräfte für Arbeitssicherheit bei der Gefährdungsbeurteilung darüber im Klaren sein, dass auf der Baustelle ständig Veränderungen der Arbeitsumgebung entstehen. Jeder Arbeitstag ist damit auch in punkto Sicherheit neu zu beurteilen und eventuell sogar anders zu planen. Nichtsdestotrotz gibt es Gefahrenquellen und Schutzmaßnahmen, die während der Bauarbeiten immer vorkommen bzw. angewendet werden sollten.

Erd- und Aushubarbeiten

  • Vor Beginn der Erd- bzw. Aushubarbeiten muss stets geprüft werden, ob sich im Boden Energieversorgungsleitungen befinden. Dazu sollte man sich bei den Energieversorgern informieren, die auch Pläne zur Verfügung stellen können.
  • Die Aushubgrube muss unbedingt abgeböscht werden. Bei nicht abgeböschten Baugruben kann es zum Einsturz der Grabenwände und damit einhergehenden Verschüttungen kommen.
  • Die Festigkeit der Grabenwände hängt u. a. von der Bodenart, dem Böschungswinkel, dem

Bodengefüge, dem Zufluss von Oberflächen-, Grund- oder Schichtenwasser sowie durch Verkehr und Rammarbeiten verursachte Erschütterungen ab.

  • Für den Arbeitsraum in der Baugrube sollte eine Breite von mindestens 50 cm sowie am oberen Baugrubenrand ein Schutzstreifen von mindestens 60 cm Breite eingehalten werden.

Bei geböschten Baugruben hängt der Böschungswinkel von den Bodenverhältnissen sowie anderen

lokalen Gegebenheiten ab. Bei folgenden Bodenverhältnissen dürfen bestimmte Böschungswinkel nicht überschritten werden:

  • 45° bei nicht bindigen Böden wie z.B. Mutterboden, sandiger oder kieshaltiger Boden
  • 60° bei bindigen Böden aus Schluff, Feinstkorn oder Ton wie z.B. Lehm oder Mergel
  • 80° bei Fels

Zur Vermeidung von Böschungsbruch sind je nach anfallendem Lastgewicht durch Baufahrzeuge, Baugrubentiefe sowie Böschungswinkel bestimmte Sicherheitsabstände und Absturzsicherungen notwendig:

  • Bei mehr als 12 Tonnen Lastgewicht: Sicherheitsabstand zum Baugrubenrand mehr als 2 Meter.
  • Absturzsicherung: ab Baugrubentiefe von mehr als 2 Meter und einem Böschungswinkel von mehr als 60°.
  • Bauzäune (Höhe = 2 Meter) Errichtung in Abstand von mehr als 2 Meter zur Baugrube.

Leiterarbeiten

  • Im Vorfeld muss geprüft werden, ob Leitern und Tritte sicher begehbar, tragfähig und ob die Stufen bzw. Sprossen trittsicher sind.
  • Es sollte darauf geachtet werden, ob Leitern und Tritte sich nicht übermäßig durchbiegen, schwanken oder auch nur kleine Schäden aufweisen.
  • Bei Beschädigungen von Wangen und Sprossen: Eine Reparatur macht sicherheitstechnisch keinen Sinn. Daher sollten beschädigte sofort gegen unbeschädigte Teile ausgetauscht werden.
  • Leitern sollten nur gegen feste Stützpunkte angelehnt werden.
  • Bei Gefahr von Umfallen oder Abrutschen: Die Leiter sollte fest angebunden werden.
  • Leiterarbeiten auf Treppen und schiefen Ebenen: Hierbei sollten ausschließlich Stehleitern mit Holmverlängerungen benutzt werden, wobei jede einzelne Holmverlängerung mit mindestens zwei Leiterklammern befestigt sein sollte.
  • Eine Leiter sollte im Fußbereich zusätzlich durch ein am Boden montiertes Brett gesichert werden, damit die Gefahr des Wegrutschens minimiert wird.

Wichtige Daten zur Arbeit auf Leitern:

  • Maximale Höhe für die Arbeit auf Leitern: 5 Meter (Standfläche als Arbeitsplatz über Aufstellfläche).
  • Maximale Arbeitszeit auf Leitern (in mehr als 2 Metern Höhe): 2 Stunden.
  • Maximales Gewicht des auf Leitern genutzten Materials und Werkzeugs: 10 kg.
  • Maximal tolerierbare Windangriffsfläche von auf Leitern mitgeführten Gegenständen: 1 m2.

Absturzsicherung

Auf Baustellen gehört die Absturzsicherung zu den dringenden sicherheitstechnischen Notwendigkeiten. Zu einer wirksamen Absturzsicherung gehören insbesondere Fanggerüste, Auffangnetze und Schutzwände (Seitenschutz). Das sichere und regelkonforme Auf-, Um-, und Abbauen der Gerüste am Bau ist Aufgabe des entsprechenden Unternehmers, des Gerüsterstellers. Allerdings ist jeder Unternehmer, der Gerüste benutzt, für die bestimmungsgemäße Verwendung und die Betriebssicherheit der Gerüste verantwortlich. Dazu muss er regelmäßig Sichtprüfungen durchführen und erkennbare Mängel unverzüglich dem Gerüstersteller melden.

Grundsätzlich sind folgende sicherheitstechnische Punkte bei Absturzsicherungen zu beachten:

  • Vollständige Absturzsicherungen müssen grundsätzlich drei Teile umfassen: Bordbrett (unten), Zwischenholm (Mitte) und Geländerholm (oben).
  • Das Bordbrett soll zwischen 10 und 15 cm hoch sein. Es muss dabei unmittelbar am Boden ansetzen.
  • Die Oberkante des Geländerholms muss in mindestens 1 m Höhe angebracht sein.
  • Der Abstand zwischen Bordbrett und Zwischenholm bzw. Zwischenholm und Geländerholm darf nicht mehr als 45 cm messen.
  • Schächte und Aussparungen in Böden müssen wirksam abgedeckt werden, d.h. die Abdeckungen sollten mit Bohlen oder Brettern tragfest konstruiert und nicht verschiebbar sein.
  • Damit die Abdeckung tragfest ist, müssen die Bretter und Bohlen eine Dicke von mind. 4 cm  aufweisen
  • Um ein Verschieben zu verhindern, sollte die Abdeckung mit Stahlnägeln befestigt sein.

Tipps für die Absturzsicherung

  • Der Gerüstersteller sollte ein Prüfprotokoll für Arbeits- und Schutzgerüste zur Verfügung stellen.
  • Das Prüfprotokoll sollte ständig auf der Baustelle aufbewahrt werden.
  • Es sollten kontinuierlich Sichtprüfungen durchgeführt werden, um Mängel oder Schäden am Gerüst zu erkennen.
  • Mängel bzw. Schäden am Gerüst sofort dem Gerüstersteller melden.
  • Die Bauarbeiter sollten immer nur auf einer Gerüstebene arbeiten, damit keine Gegenstände von einer oberen auf eine untere Gerüstebene fallen können.
  • Die Bauarbeiter sollten angewiesen werden, am Gerüst immer nur die vorgesehenen Auf- und Abstiege zu benutzen.

Elektrische Anlagen, Geräte und Maschinen

Auf Baustellen ist elektrischer Strom infolge der erschwerten Arbeitsbedingungen eine häufige Unfallursache. Unfälle infolge von Strom können folgende Ursachen haben:

  • Elektrische Maschinen und Geräte sind beschädigt.
  • Reparaturen von Maschinen und Geräten sind fehlerhaft ausgeführt worden.
  • Geräte und Maschinen wurde übermäßig beansprucht.
  • Geräten und Maschinen sind feucht oder verschmutzt.
  • Anwender von Maschinen und Geräten haben Sicherheitsvorschriften nicht beachtet.
  • Sicherheitsvorschriften sind nicht ausreichend.

Um Unfälle mit Strom möglichst zu vermeiden sind folgende Sicherheitsmaßnahmen zu befolgen:

  • Elektrische Geräte und Maschinen dürfen ihren Strom nur von den eigens eingerichteten Speisepunkten bzw. Stromverteilern beziehen.
  • Stromkreise mit Steckvorrichtungen bis 32 mA müssen über einen Fehlerstromschutzschalter (FI-Schalter bzw. RCD) mit einem Nennfehlerstrom kleiner gleich 30 mA abgesichert werden.
  • Zu Beginn jeden Arbeitstages muss der Fehlerstromschutzschalter mittels der Test-Taste überprüft werden.
  • Nachdem die elektrische Anlage auf dem Bau fertiggestellt ist, sollte die zuständige Elektrofachkraft den einwandfreien Zustand durch einen Prüfbericht (u. a. mit Messprotokollen) bestätigen.
  • Nur Elektrofachkräfte dürfen elektrische Anlagen und Betriebsmittel einrichten, verändern und warten. Die Prüfung der elektrischen Anlagen und Betriebsmittel können auch von elektrotechnisch unterwiesenen Personen vorgenommen werden.
  • Vor jedem Arbeitstag müssen alle elektrischen Maschinen, Anlagen, Geräte und Anschlussleitungen auf ihre einwandfreie und sichere Funktionstüchtigkeit überprüft werden.
  • Für die Anwendung auf Baustellen sind nur solche elektrischen Anlagen und Betriebsmittel auszuwählen, die den witterungsbedingten Belastungen auf dem Bau standhalten können.

Kennzeichnung und Anforderungen an elektrische Anlagen und Geräte

Für alle elektrische Anlagen und Geräte ist ein sogenanntes Typenschild erforderlich, auf dem die jeweilige Schutzklasse mit einem Symbol dargestellt ist. Die Schutzart (Schutzklasse) regelt den Anwendungsbereich elektrischer Betriebsmittel auf der Baustelle. Sie ist durch die DIN EN 60529 / VDE 0470-1 vorgegeben und wird durch einen IP-Code beschrieben (z. B. IP 54 = staubgeschützt, spritzwassergeschützt).

Anschlussleitungen: Auf Baustellen können nur schwere Gummischlauchleitungen als bewegliche Anschlussleitungen verwendet werden. Dazu sind Leitungen erforderlich, die zumindest der Bauart H07RN-F entsprechen.

Kabeltrommeln: Auf Baustellen dürfen nur solche Kabeltrommeln bzw. Leitungsroller benutzt werden, die mit einer Überhitzungs-Schutzeinrichtung mit Freiauslöser ausgestattet sind. Sie müssen zumindest spritzwassergeschützt (DIN VDE- Symbol: Dreieck mit einem Tropfen) sowie für eine Anwendung unter erschwerten Bedingungen nach Definition der VDE-Bestimmungen geeignet sein. Bei Arbeiten unter noch größerer Wassereinwirkung, zum Beispiel im Regen, müssen die Kabeltrommeln auch strahlwassergeschützt (DIN VDE-Symbol: zwei Dreiecke mit jeweils einem Tropfen) ausgeführt sein.

Baustellenleuchten: Handgeführte Leuchten sowie Bodenleuchten müssen schutzisoliert, strahlwassergeschützt und auch für erschwerte Bedingungen nach den Kriterien der VDE-Bestimmungen geeignet ausgeführt sein. Ausnahmen von dieser Regel bilden Leuchten, die mit einer Schutzkleinspannung betrieben werden.

Baustromverteiler: Einfache Wandsteckdosen sind für die Arbeit auf Baustellen nicht geeignet. Elektrische Anlagen und Geräte auf Baustellen erhalten ihren Strom vielmehr von eigens eingerichteten Stromspeisepunkten oder Baustromverteilern. In der Regel handelt es sich hierbei um Baustromverteiler mit Fehlerstrom-Schutzschalter, die aus Metall oder Isolierstoffgehäusen bestehen. Sie müssen unbedingt vor mechanischen Beschädigungen geschützt werden. Weiterhin sind sie so zu platzieren, dass sie jederzeit schnell erreicht werden können, um bei Notfällen oder anderen dringenden Fällen die Stromversorgung anzuschalten. Am Anfang eines jeden Arbeitstages sollte der Fehlerstromschutzschalter durch Aktivieren der Testtaste auf seine Funktionstüchtigkeit hin überprüft werden.

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