Schutzeinrichtungen an Maschinen: Wie Manipulationen an ihnen vermieden werden können
Als Manipulation der Sicherheitsvorkehrungen von Maschinen wird das „Aushebeln“, „Unwirksammachen“ oder „Umgehen“ von Schutzeinrichtungen verstanden, um eine Maschine in einer nicht vorgesehenen Weise oder ohne Schutzmaßnahmen zu verwenden
Manipulation von Schutzeinrichtungen
Es gibt zwei Möglichkeiten Schutzeinrichtungen von Maschinen zu umgehen:
- Das manuelle Umgehen von Schutzmaßnahmen unter Einsatz einfacher Gegenstände wie Drahtstücke, Flaschenöffner etc.
- Der absichtliche, eigenmächtige und zielgerichtete Eingriff mit Werkzeug in das Sicherheitskonzept einer Maschine, um Störungen zu beheben, die Produktionsprozesse zu beschleunigen oder um ungehinderter und unkomplizierter die Arbeit an dieser Maschine zu verrichten.
Gründe für die Manipulation von Schutzeinrichtungen
Der meistgenannte Grund ist, dass die von den Herstellern empfohlenen Schutzkonzepte zur Verlangsamung der Arbeitsprozesse und damit einhergehend zur Produktionseinschränkung führten und somit einen zügigen Arbeitsablauf verhinderten.
Weitere Gründe sind:
- Die Hemmschwelle Maschinen zu manipulieren ist relativ niedrig. Dies liegt in erster Linie daran, dass die Bediener die Schutzeinrichtungen zumeist problemlos außer Kraft setzen können. Aber auch die Tatsache, dass das Aufsichts- und Führungspersonal die Manipulation der Maschinen trotz der damit zusammenhängenden Sicherheitsgefährdungen in vielen Fällen duldet, ist ein wichtiger Beweggrund.
- Die Gefährdungen durch Manipulationen werden von den Bedienern eklatant unterschätzt.
- Schutzeinrichtungen schränken die Sicht auf das Werkstück ein. Dieser Umstand und die durch die Schutzeinrichtung bewirkte Verlangsamung des Arbeitstempos werden von den Bedienern als so störend empfunden, dass Manipulationen vorgenommen werden.
Anreiz für Manipulationen von Schutzeinrichtungen reduzieren - Kundenanforderungen stärker in den Fokus rücken
Um die Manipulationsanreiz für den Maschinenbenutzer möglichst niedrig zu halten, reicht es nicht aus, lediglich Normen und Vorschriften einzuhalten. Vielmehr müssen die Konstrukteure und Hersteller die aus der Praxis kommenden Forderungen und Anforderungen der Betreiber an die Bedienbarkeit von Maschinen und deren Sicherheitseinrichtungen berücksichtigen. Das setzt voraus, dass sie weitaus öfter und intensiver den Kontakt mit den Kundenunternehmen und sogar den Maschinenarbeitern in den Betrieben suchen sollten, um direkt vor Ort eine Vorstellung von den Anforderungen zu bekommen.
Bislang ist die Gefahr zu groß, dass Maschinen und vor allem deren Sicherheitsvorkehrungen von den Betreibern und Benutzern nicht akzeptiert werden, weil sie aus deren Perspektive mangelhaft konstruiert sind. Das kann im schlechtesten Fall dazu führen, dass sich neben den erwarteten auch neue Gefährdungen ergeben, die der Hersteller bei der Produktion der Maschine nicht bedacht hat. Manipulationen sind in der Regel nicht vom Betreiber gewollt, sondern lediglich ein Resultat von dessen Unzufriedenheit mit dem vorliegenden Sicherheits- bzw. Bedienungskonzept, das mit der betrieblichen Praxis und den wirtschaftlichen Erfordernissen des Kunden nur schwer vereinbar ist.
Manipulation von Schutzeinrichtungen verhindern
Eine bessere Kommunikation zwischen Herstellern und Betreibern mit dem Ziel der besseren Bedienbarkeit und Gebrauchstauglichkeit der Maschinen im Betreiberunternehmen ist eine wichtige Grundlage:
- Während der Konstruktionsphase der Maschine muss ein für die Praxis taugliches Bedien- und Sicherheitskonzept entwickelt werden, das die Produktivität, die Handhabung und das Arbeitstempo nicht einschränkt. Dadurch entsteht bei den meisten Betreibern und Bedienern der Maschine später auch nicht der Wunsch manipulieren zu müssen.
- Sowohl potenziell von der Maschine ausgehende Gefährdungen als auch Konzepte, diese sicherheitstechnisch in den Griff zu bekommen, sollten Hersteller/Konstrukteure bereits im Vorfeld des Konstruktionsprozesses mit den Kundenunternehmen besprechen.
- Auch hinsichtlich der Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit könnten Hersteller und Anwender vor oder während des Konstruktionsprozesses kooperieren. Dies ist auch deshalb wünschenswert, weil moderne Maschinen und Anlagen mit erhöhtem Leistungsumfang zunehmend komplexere Bedienschnittstellen besitzen müssen, zum Beispiel in der Menütiefe bei Steuerungen.
- Bevor ein grundsätzlich neues Maschinenkonzept eingeführt wird, sollte das anwenderfreundliche und ergonomische Bedien- und Schutzkonzept einer Maschine durch verstärkten Einsatz von Simulationstechniken bei der Konstruktion und durch „Erprobung“, beispielsweise in einer virtuellen, interaktiven Umgebung, optimiert werden. So ist es einfach nicht mehr zeitgemäß, dass im Nachhinein eine Schutzeinrichtung und zugehörige Befehlsgeräte an eine bereits fertig konstruierte Maschine „angeschraubt“ werden müssen.
- Die Betriebe müssen ihre Beschäftigten über die negativen gesundheitlichen sowie sicherheits- und produktionstechnischen Folgen der Manipulation von Maschinen in regelmäßigen Unterweisungen genau informieren und aufklären.
Manipulation von Schutzeinrichtungen – lange Zeit ein Tabuthema
Das Umgehen und die Manipulation von Schutzeinrichtungen an Maschinen und Anlagen war lange Zeit ein tabuisiertes Thema, eventuell auch deshalb, weil es dem Image von Herstellern und Betreiber- Unternehmen geschadet hätte. Erstmals wurde zu diesem Thema 2006 eine Studie vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) herausgegeben, die vom IFA-Institut der DGUV erarbeitet wurde. In „Manipulation von Schutzeinrichtungen an Maschinen“ wurde darin unter anderem das spezifische Manipulationsgeschehen im Betrieb auf der Basis von 200 untersuchten Maschinen erfragt. Das Ergebnis war alarmierend: Etwa 37 Prozent der Schutzeinrichtungen an den Maschinen waren vorübergehend oder ständig manipuliert.
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