Der öffentlich-rechtliche Arbeitsschutz ist eine staatliche Aufgabe. Ziel ist, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten. Dieses Ziel wird durch Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren verfolgt. Unterschieden werden muss dabei zwischen:
- überbetrieblicher Verantwortlichkeit und
- innerbetrieblicher Verantwortlichkeit.
1.1 Überbetriebliche Verantwortlichkeit
Die überbetriebliche Verantwortlichkeit obliegt den Unfallversicherungsträgern, d. h. den Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Sie müssen mit allen geeigneten Mitteln dafür sorgen, dass Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren verhütet werden und eine wirksame Erste Hilfe gewährleistet ist (vgl. §§ 121 ff., 114 SGB VII). Eine überbetriebliche Verantwortung hat auch die Gewerbeaufsicht: Sie ist dafür verantwortlich, dass das staatliche Arbeitsschutzrecht eingehalten wird, d. h. die Arbeitsschutzgesetze und die entsprechenden Verordnungen.
1.2 Innerbetriebliche Verantwortlichkeit
1.2.1 Aufgaben des betrieblichen Arbeitsschutzes
Der betriebliche Arbeitsschutz ist der Kernbereich des Arbeitsschutzsystems. Er befasst sich insbesondere mit
- der Organisation von Sicherheit und Gesundheitsschutz im Betrieb,
- der sicheren Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitsstätten,
- der sicheren Benutzung von Arbeitsgeräten und persönlichen Schutzausrüstungen,
- dem Umgang mit Gefahrstoffen und
- dem sicherheitsgerechten Verhalten der Beschäftigten.
1.2.2 Arbeitgeber als Pflichtenadressat des Arbeitsschutzgesetzes
Die innerbetriebliche Verantwortlichkeit trägt der Arbeitgeber. Er ist verpflichtet, "die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen" (§ 3 ArbSchG).
Der Arbeitgeber ist außerdem verpflichtet, die von ihm ergriffenen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und – falls erforderlich – an veränderte Gegebenheiten anzupassen.
Arbeitgeberbegriff
Arbeitgeber ist derjenige, der im Arbeitsvertrag als Arbeitgeber bezeichnet ist. In vielen Fällen ist das keine natürliche, sondern eine juristische Person, also z. B. eine Aktiengesellschaft (AG) oder eine GmbH. Juristische Personen sind selbst nicht handlungsfähig. Sie sind im strafrechtlichen Sinn auch nicht straffähig und im zivilrechtlichen Sinn nicht deliktsfähig. An die Stelle der juristischen Person tritt dann das zur Vertretung gesetzlich zuständige Organ, d. h. bei der AG der Vorstand, bei der GmbH der Geschäftsführer.
Sonstige verantwortliche Personen
Der Kreis der Personen, der neben dem Arbeitgeber Pflichten im Arbeitsschutz hat, wird durch § 13 ArbSchG erweitert. Danach sind neben dem Arbeitgeber verantwortlich:
- sein gesetzlicher Vertreter,
- das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person,
- der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft,
- Personen, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragt sind, im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse.
Beauftragung weiterer Personen
Zusätzlich zu den o. g. Personen kann der Arbeitgeber zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach dem ArbSchG in eigener Verantwortung wahrzunehmen (vgl. Abschn. 1.2.7).
Inhalt der Pflichten
Der Arbeitgeber – d. h. insbesondere der Vorstand oder die Geschäftsführer – darf sich nicht mit einer einmal vorhandenen gesetzeskonformen und betrieblichen Situation begnügen. Er hat vielmehr die Pflicht, die jeweilige betriebliche Situation bzw. Organisation
- zu überprüfen,
- anzupassen und
- zu verbessern.
1.2.3 Unternehmer als Pflichtenadressat in der gesetzlichen Unfallversicherung
Nach den Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung im SGB VII ist für die Durchführung von Arbeitsschutzmaßnahmen der Unternehmer verantwortlich. § 21 Abs. 1 SGB VII enthält die grundlegende Verpflichtung des Unternehmers zum Schutz der Mitarbeiter und verdeutlicht in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB VII die Rollenverteilung auf dem Gebiet der Unfallprävention: Die Unfallversicherungsträger sind für den Erlass von entsprechenden Vorschriften, für Überwachung und Beratung zuständig. Der Unternehmer muss die konkreten Präventionsmaßnahmen durchführen, zu denen er ggf. vom Träger der Unfallversicherung angehalten werden muss (§ 14 Abs. 1 SGB VII).
Die Verantwortlichkeit des Unternehmers beinhaltet insoweit seine Verpflichtung, die Vorgaben der Unfallversicherungsträger im Einzelfall umzusetzen und den Erfolg der Umsetzung auch selbst zu überwachen (BGH, Urteil v. 14.5.2009, III ZR 86/08). Seine Primärzuständigkeit für den Arbeitsschutz wird durch die einzelnen Unfallverhütungsvorschriften konkretisiert.
Der Unternehmer ist bereits zivilrechtlich gegenüber
- den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern (§ 618 Abs. 1 BGB, vgl. Abschn. 2.1) und
- im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB, vgl. Abschn. 3.6) zusätzlich gegenüber Dritten
verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen zu ergreifen und die für die Arbeit benötigten Maschinen in einem sicheren Zustand zu halten. Die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung erlassenen Unfallv...