Dr. rer. medic. Michael Lange
Ein wichtiger Provokationsfaktor für das Auftreten beruflich bedingter Hauterkrankungen ist eine unsachgemäß durchgeführte Hautreinigung. Nach dem Prinzip der verschmutzungsspezifischen Hautreinigung sollte jede Hautreinigungsmaßnahme so schonend wie möglich durchgeführt werden. Das bedeutet, dass ein Hautreinigungsmittel nicht nur eine ausreichende Reinigungswirkung, sondern gleichzeitig die jeweils bestmögliche Hautverträglichkeit besitzen sollte.
4.1 Einfache Verschmutzungen
Für einfache Verschmutzungen, wie sie im häuslichen Bereich, auf Krankenstationen, in Arztpraxen, in Büro und Verwaltung sowie in Industrie, Handwerk und Gewerbe, z. B. bei leichten Montagearbeiten, auftreten, ist ein flüssiges oder festes Hautreinigungsmittel auf der Basis waschaktiver Substanzen (WAS) voll ausreichend. Feststücke z. B. in Form des klassischen Seifenstückes sind aber aus hygienischen Gründen nur an Einzelwaschplätzen bzw. für Einzelpersonen einsetzbar. Daher ist ein Flüssigsyndet mit leicht saurem pH-Wert und Fettalkoholethersulfat als Basis-WAS (in Kombination mit gut hautverträglichen Co-WAS) heute der Industriestandard.
4.1.1 Aufbau von Hautreinigungsmitteln für einfache Verschmutzungen
Grundbaustein der meisten Hautreinigungsmittel sind waschaktive Substanzen, die im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Tenside oder Detergentien bezeichnet werden. Diese Substanzen sind aufgrund ihrer oberflächenaktiven Eigenschaften in der Lage, nichtwasserlösliche Schmutzpartikel im Waschwasser zu emulgieren.
Als waschaktive Substanzen können Seifen oder synthetische Detergentien (Syndets) verwendet werden.
Syndets
Syndets besitzen gegenüber den Seifen einige Vorteile. Ihre Reinigungswirkung ist generell besser, da sie nicht in Abhängigkeit vom Härtegrad des Wassers zu unlöslichen Kalkseifen reagieren. Weiterhin können ihre Eigenschaften (z. B. Hautverträglichkeit) durch gezielte Synthese klar bestimmt sowie auf einen schwachsauren pH-Wert eingestellt werden, wie er auf der Hautoberfläche vorliegt.
Als gut bis sehr gut hautverträglich haben sich Vertreter aus den Stoffklassen der Zuckertenside (z. B. Lauryl Polyglucose), Betainderivate (z. B. Cocamidopropyl Betaine), Sulfosuccinate und Aminosäuretenside erwiesen. Eine mittelmäßige, aber noch akzeptable Hautverträglichkeit besitzen die wegen ihres Schaumvermögens beliebten Fettalkoholethersulfate (z. B. Sodium Laureth Sulfate). Schlechter hautverträglich sind dagegen Seifen, Alkylbenzolsulfonate und Fettalkoholsulfate (z. B. Sodium Lauryl Sulfate), die aufgrund ihres niedrigen Preises gern verwendet werden.
4.1.2 Hautverträglichkeit von waschaktiven Substanzen
Die unterschiedliche Hautverträglichkeit der einzelnen waschaktiven Substanzen (Tab. 10) finden sich bei dem Endprodukt Hautreinigungsmittel wieder, sowohl bei den einfachen Flüssighandreinigern als auch bei den Grobreinigungsmitteln, unabhängig vom pH-Wert der WAS/Hautreinigungsmittel.
Waschaktive Substanzen |
Hautverträglichkeit |
Aminosäuretenside Zuckertenside Betainderivate Sulfosuccinate |
gut bis sehr gut |
Fettalkoholethersulfate |
mittel |
Seifen Alkylbenzolsulfonate Fettalkoholsulfate |
schlecht bis ausreichend |
Tab. 10: Hautverträglichkeit von waschaktiven Substanzen
In Abhängigkeit von den eingesetzten Tensidtypen existieren:
- schwachsauer eingestellte Produkte, die kaum besser oder sogar schlechter verträglich sind als die alkalischen, seifenhaltigen Formulierungen;
- Produkte, die aufgrund gezielter Kombinationen hautschonender waschaktiver Substanzen die zurzeit bestmögliche Hautverträglichkeit besitzen.
Irritative Nebenwirkungen
Die irritativen (Neben-)Wirkungen der WAS sind direkt in ihrer Struktur und nur indirekt im pH-Wert begründet. Seifen (= Natrium-/Kaliumoleat, -stearat, -palmitat) haben unabhängig von ihrem alkalischen pH-Wert eine schlechte Hautverträglichkeit, genauso wie die Fettalkoholsulfate (Natriumlaurylsulfat) mit ihrem sauren pH-Wert. Der pH-Wert eignet sich nur zur groben Unterteilung in Seifen und Syndets und nicht in schlecht oder gut hautverträglich.
Die meisten Hautreinigungsmittel beinhalten anionische WAS. Eine typische WAS- Standardkombination für Flüssigreiniger bzw. Shampoos ist heute:
- Fettalkoholethersulfat (als Basis-WAS; > 50 %),
- Betainderivat, Sulfosuccinat oder Zuckertensid (als Co-WAS; 10–25 %) (vgl. Tab. 11).
Produktbeispiel |
Hersteller |
WAS-Typ |
Eigenschaften |
IVRAXO SOFT N |
Greven |
Fettalkoholethersulfat, Betainderivat |
unparfümiert |
Stephalen fresh foam |
Physioderm |
Fettalkoholethersulfat, Betaindrivat |
Schaumreiniger |
Estesol classic |
Deb-STOKO |
Fettalkoholethersulfat, Zuckertensid |
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Tab. 11: Waschaktive Substanzen in Hautreinigungsmitteln
Flüssigreiniger
Die Reinigungskraft und der Produktaufbau der Flüssigreiniger sind recht einheitlich. Die Produkt- und Anbietervielfalt ist bei den Flüssigreinigern (als umsatzstarke Basisreiniger) sehr groß und unübersichtlich, wobei die tatsächlichen Produktunterschiede relativ gering sind. Der Produktunterschied liegt meist in der Hautverträglichkeit und im Preis.
4.2 Grobverschmutzungen
Bei Grobverschmutzungen, z. B. durch Fette, Öle, Metallstaub, Graphit oder Ruß, reiche...