Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Die Ansteckung erfolgt durch den Kontakt mit Blut, Sperma, Vaginalsekret, Muttermilch oder Rückenmarksflüssigkeit eines Infizierten, wobei Erreger in einer bestimmten Anzahl in das Blut des Kontaktpartners eindringen müssen. Dies kann zwar durch winzig kleine, kaum wahrnehmbare Verletzungen an Haut und Schleimhäuten geschehen, aber nicht durch die intakte Hautbarriere.
Die Konzentration des Virus in Schweiß, Tränen, Speichel und Urin von Infizierten ist so gering, dass eine Infektion darüber ausgeschlossen werden kann.
Grundsätzlich wurde das Ansteckungsrisiko von HIV in der Öffentlichkeit lange deutlich überbewertet. Zwar reicht ein einmaliger Blutkontakt für eine Infektion aus, aber die Übertragungswege sind verglichen mit anderen Infektionskrankheiten gut überschaubar und Schutzmaßnahmen einfach und wirkungsvoll umsetzbar. Bezogen auf das Berufsleben ist das v. a. die Vermeidung von Kontamination mit Blut durch geeignete Schutzausrüstung (i. d. R. Handschuhe) bei entsprechenden Tätigkeiten (Erste-Hilfe-Leistung, medizinische Tätigkeiten usw.). Dazu trägt auch bei, dass in Deutschland nur ein sehr geringer Anteil der Infizierten nicht therapiert ist und damit potenziell erhöht ansteckend ist (etwa 10 % bzw. rund 8000 Personen). Damit ist eine Infektion im Alltagsleben sehr unwahrscheinlich.
Beruflich bedingte Infektionen extrem selten
Von den ca. 2.200 Neuinfektionen in Deutschland in 2023 gehen 82 % auf Geschlechtsverkehr mit Infizierten zurück, 17 % auf den Umgang mit Drogen und unter 0,5 % auf Infektionen im Mutterleib oder bei der Geburt. Infektionen durch infizierte Blutprodukte oder Organspenden konnten durch entsprechende Kontrollen völlig unterbunden werden. Infektionen im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit in Heil-, Pflege- oder Sozialberufen waren immer extrem selten und wurden in den letzten Jahren nicht mehr nachgewiesen. Insgesamt wurden in Deutschland seit Bekanntwerden von HIV in den 1980er Jahren für Beschäftigte im Gesundheitswesen ca. 10 Infektionen bestätigt, zzgl. etwa 40 Verdachtsfälle.
Besonders Risiken bestehen allerdings, wenn medizinisches Personal (häufig ehrenamtlich) in Hochrisikogebieten im Ausland tätig wird. Hier sind eine genaue Gefährdungsbeurteilung und ggf. gezielte Schutzmaßnahmen erforderlich.
In akuten Situationen, in denen es zu einer HIV-Infektion gekommen sein könnte (z. B. im medizinischen Bereich bei einer Stichverletzung durch eine mit dem Blut eines HIV-Positiven kontaminierte Nadel) besteht die Möglichkeit einer Postexpositionellen Prophylaxe (PEP) mit hochwirksamen antiviralen Medikamenten. Diese Therapie ist umso wirksamer, je weniger Zeit von der Exposition bis zur Gabe des Medikaments verstreicht (am besten innerhalb von wenigen Stunden). Daher ist es sinnvoll, dass Einrichtungen mit einem relevanten Infektionsrisiko (Medizin, Polizei, Justiz und vergleichbare) in ihren Notfallplänen eine Vorgehensweise definieren, wie im Fall einer wahrscheinlichen Exposition schnell die erforderliche fachärztliche Beratung und Beschaffung des Medikamentes sichergestellt werden kann (siehe Hinweis Handlungsanweisung Kontaminationsverletzung).