Dipl.-Biol. Bettina Huck, Dipl.-Chem. Michael Rocker
Erst durch die Erfüllung dieser Anforderungen erhält der KSS sein "Gesicht". Anders gesagt: Hier zeigt sich, ob der Rezepturentwickler etwas von seinem Handwerk versteht. Durch Änderung von 1 bis 2 % der Zusammensetzung – z. B. der Emulgatorkomponente oder des Biozids – kann aus einem funktionierenden KSS ein instabiler oder stinkender Abfall werden. Es muss vor allem darauf geachtet werden, dass die schon beschriebenen unvermeidbaren Veränderungen durch Ein- oder Austräge während der Bearbeitung den KSS nicht so schnell "außer Kraft setzen", dass weiterhin gezielte Steuerungsmaßnahmen möglich sind.
Besonders komplex sind die folgenden Punkte bei wassergemischten KSS.
2.2.1 Stabilität
Es gibt einen Standardvorgang: Der wassermischbare KSS, das Konzentrat, wird unter Mischen (Rühren bei kleinen Mengen, Mehrkomponentenmischer bei größeren Mengen) in Wasser gegeben. Es bildet sich eine "Öl-in-Wasser-Emulsion", die sich bei vielen Konzentraten zwischen 1 und 40 % einstellen lässt. Die Größe der Emulsionströpfchen ("Dispersität") ist abhängig von Art und Menge der Emulgatoren, des Grundöls, der Art der Anmischung (auch der Temperatur der Stoffe) und der Wasserqualität.
Unabhängig davon, ob man für seine Bearbeitung eine grob- oder feindisperse Emulsion benötigt, ist eine konstante Tröpfchengröße wichtig. Das ist aber bei großen Fremdöleinträgen besonders schwierig. Bei einem Fremdöleinbruch, z. B. bei Undichtigkeit des Hydraulikkreislaufs, besteht ein plötzliches Überangebot an Öl in Relation zum Emulgator. Die Emulsionströpfchen werden sich entsprechend vergrößern – die Emulsion "vergröbert" sich.
Vor allem die Wasserhärte (= Gehalt an Ca++- und Mg++-Ionen) hat entscheidenden Einfluss auf die Emulsionsqualität, schließlich besteht sie bis zu 98 % aus Wasser. Vor allem wichtige im KSS enthaltene langkettige Carbonsäuren (Korrosionsschutz) können unlösliche Kalksalze ("Kalkseifen") bilden. Diese scheiden sich als schmieriger Film an der Werkzeugmaschine, dem Werkstück und den Spänen ab. Die Kalkseifen können zwar abgereinigt werden, diese Komponente fehlt jedoch anschließend im KSS.
Zu geringe Wasserhärte führt dazu, dass die Tensidwirkung besonders stark ist, es entsteht eine große Menge Schaum. Dieser kann durch Zugabe gelöster Calciumsalze bekämpft werden.
Wasserqualität prüfen
Geben Sie dem KSS-Hersteller die Wasserqualität unbedingt bekannt, damit er seine Produkte entsprechend einstellen kann (aber am einfachsten ist es, 10–20 Liter "Standardwasser" für Probeansätze zur Verfügung zu stellen).
2.2.2 Verträglichkeit mit der Werkzeugmaschine
Wir begeben uns hier in ein Spannungsfeld, das zu ewigem Streit führt – wer die Grundlagen definiert, und wer dann damit kompatibel sein muss. Inzwischen ist allgemein akzeptiert, dass sich die KSS-Rezeptur an den Bearbeitungsanforderungen orientiert, und dann die Werkzeugmaschine so beschaffen sein muss, dass sie die Kennwerte des KSS erfüllt. Es geht dabei um die Hauptthemen Beständigkeit von Materialien (Dichtungen, Sichtscheiben, Schläuche, Beschichtungen, Metalle) und Leistungen von Pumpen, Aggregaten, Kreislaufkomponenten.
Ein spezielles Thema ist die Beschaffenheit der Werkzeugmaschine bei der Umstellung von einem wg-KSS auf einen nw-KSS. Wie schon beschrieben, braucht es i. d. R. größere Kreislaufvolumina, wobei im Vordergrund die notwendige nachträgliche Ausrüstung der Werkzeugmaschine mit Schutzmaßnahmen gegen Brände (automatische Feuerlöscheinrichtungen) und Explosionen (Druckentlastungseinrichtungen) stehen.
Festlegung von Kenndaten im Pflichtenheft
Was Sie als Käufer nicht fordern, wird nicht produziert!
Legen Sie entsprechende Kenndaten vor dem Bau und der ersten Inbetriebnahme in Ihrem Pflichtenheft fest, denn die Umrüstung einer Maschine ist immer problematischer (Produktionsausfall) und weniger effektiv als eine vorab konstruierte Lösung.
2.2.3 Verträglichkeit mit dem Werkstoff
Die Vielfalt der bearbeiteten Werkstoffe ist enorm. Die Zeiten von Grauguss und ST37 sind zwar noch nicht vorbei, aber immer speziellere Anforderungen erfordern besondere Additive im KSS. Noch relativ überschaubar ist das Ganze, wenn es sich um besonders harte oder zähe Werkstoffe handelt: Werden hier besondere Anforderungen an die Schmierfähigkeit nicht erreicht, müssen wg-KSS mit abnorm hohen Konzentrationen gefahren werden (das geht schon mal bis zu 30 % Emulsionskonzentration).
Besondere Anforderungen stellen sich, wenn die frisch bearbeiteten Oberflächen an z. B. Buntmetallen (auch Cobalt) und Aluminium- und Magnesiumlegierungen empfindlich auf den KSS reagieren. Es sollen sich während und direkt nach der Bearbeitung weder Bestandteile an der Werkstückoberfläche anlagern oder Reaktionen stattfinden (Schwarzfleckigkeit, "Weißrost", Grünspan), noch sollen größere Mengen von Metall als Ionen in Lösung gehen.
Das Thema kann bei Werkstoffen mit löslichen Gehalten an Nickel (z. B. Alpaka = Neusilber), Chrom (hartverchromte Oberflächen) oder Cobalt (Hartmetallwerkzeuge) schnell zu einem Problem durch allergisierende Stoffe werden (Abschn. 3.2). Zu beachten bzw. zu überwachen is...