Nach einer längeren Zeit der evolutionären Entwicklung in der betrieblichen Technik befinden sich die Unternehmen nun wieder in einem Zeitabschnitt, der disruptive Veränderungen in hoher Geschwindigkeit mit sich bringt, nämlich der vierten industriellen Revolution. Besonders auf dem Gebiet der Robotik, aber auch in der Forschung zur künstlichen Intelligenz sind im Wochentakt Neuerungen in den entsprechenden Fachmedien zu finden. Zukünftig werden aus der engeren Verzahnung zwischen technischen Systemen und dem Menschen neue und bisher unbekannte Situationen entstehen, die bewertet und entsprechend behandelt werden müssen.
Besonders wenn (Industrie-)Roboter und Menschen in der sog. Kollaboration direkt zusammenarbeiten, wird es eine neue Notwendigkeit geben, sich mit den Gefahren zu beschäftigen, die dann (neu) entstehen. Ein Beispiel sind die bisher gängigen Abtrennungen und Einhausungen, die nun teilweise oder sogar ganz wegfallen könnten, wenn die Sensorik und Aktorik der kollaborierenden Roboter die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen.
Das Wissen über Mensch-Maschinen-Systeme wird immer wichtiger
Um moderne Arbeitssituationen, Werkzeuge und Maschinen verstehen und einschätzen zu können, ist es wichtig, dass auch Mitarbeiter aus dem Bereich Arbeitsschutz zumindest in Grundzügen Bescheid wissen, wie Mensch-Maschinen-Systeme funktionieren und nach welchen Gesetzmäßigkeiten sie eingesetzt werden. Andernfalls ist der Anspruch schwer zu erfüllen, einen konstruktiven Beitrag zu leisten und Lösungen vorzuschlagen, die an der Schnittstelle zwischen Sicherheit und Wirtschaftlichkeit gut zu vertreten sind.
Ein "Nebenprodukt" der allgemeinen technischen Entwicklung sind beispielsweise auch Hilfsmittel wie Exoskelette, die anstrengende Arbeiten, wie z. B. das Heben von Lasten oder Montagearbeiten, weniger belastend machen. Auch hier werden Lernbedarfe entstehen, indem solche Systeme verstanden, ggf. ausprobiert und deren Wirkungsweise auf Menschen und Arbeitsumgebung verinnerlicht werden müssen. Je nach Arbeitsplatz und geforderten Arbeitsschritten können diese Hilfsmittel ganz verschieden gestaltet sein und die Unterschiede müssen in ihren Vorzügen und Nachteilen in die ganzheitliche Betrachtung mit einbezogen werden.
Auch geänderte Geschäftsmodelle führen zu neuen Prozessen, die wiederum Qualifizierungsbedarf auch für die im Arbeitsschutz Beschäftigten mit sich bringen. Beispielhaft sei hier der Trend von der gekauften Maschine weg hin zur bezahlten Ausbringungsleistung genannt, die inklusive der begleitenden Leistungen, wie Betriebsmittelversorgung und Instandhaltung, von einem Dienstleister erbracht wird. Predictive Maintenance (also vorbeugende Wartung/Instandhaltung) und geführte Instandsetzung mittels Datenbrillen erfordern Kenntnisse in anderen Bereichen als bislang üblich.