Im Folgenden werden Schutzmaßnahmen beim Umgang mit Milzbranderregern bzw. dessen Sporen in Laboren sowie bei Bauarbeiten auf kontaminiertem Gelände betrachtet.
3.1 Labore
Der Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3, zu denen der Milzbranderreger und dessen Sporen gehören, ist nur in sog. S3-Laboren zulässig. Nach § 10 Abs. 2 BioStoffV muss der Arbeitgeber vor Aufnahme von Tätigkeiten der Schutzstufe 3 oder 4 eine Person benennen, die zuverlässig ist und über eine Fachkunde verfügt, die der hohen Gefährdung entspricht. Wegen der besonderen Gefährdung muss ein derartiges Labor von anderen Gebäudeteilen räumlich getrennt, bei Arbeiten mit luftübertragbaren Krankheitserregern auch baulich abgetrennt sein. Es muss ausgestattet sein mit
- einem Boden, der mit einem wasserundurchlässigen, leicht zu reinigenden Material ausgekleidet ist sowie
- säure-, laugen- und lösungsmittelbeständigen Oberflächen, die beständig gegen Desinfektionsmittel sind.
Im Labor muss
- Unterdruck herrschen,
- die Abluft gefiltert werden,
- in Sicherheitswerkbänken gearbeitet werden,
- ein leicht zugänglicher Tierkörperverbrennungsofen vorhanden sein.
Beobachtungsfenster in den Türen sind vorgeschrieben.
In Laboren und Einrichtungen des Gesundheitswesens kann Formaldehyd zur Raumdesinfektion gegen Milzbranderreger eingesetzt werden (TRGS 522).
3.2 Bauarbeiten auf Milzbrandverdachtsstandorten
Die Gefährdungsbeurteilung für Arbeiten auf Milzbrandverdachtsstandorten sollte nach Abb. 2 in Abschn. 6.3.2 DGUV-I 201-005 durchgeführt werden. Wichtig sind dazu v. a. Informationen zur früheren Nutzung des Geländes (historische Erkundung).
Ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (s. RAB 31) muss erstellt werden, wenn auf dem Standort biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 – zu der der Milzbranderreger und dessen Sporen gehören – und 4 nachweisbar sind. Tätigkeiten sind dann gem. Anhang II Nr. 2 BaustellV besonders gefährliche Arbeiten.
Schutzstufe 3
Reinigungsarbeiten auf ehemaligen Gerberei-Standorten (Milzbranderreger) sind der Schutzstufe 3 zugeordnet; allerdings sind Tätigkeiten innerhalb dieser Schutzstufe im Baugewerbe selten.
Bei Arbeiten auf Milzbrandverdachtsstandorten können zusätzlich zu grundlegenden Maßnahmen folgende technische bzw. organisatorische Maßnahmen erforderlich sein, u. a. (s. Abschn. 7.4 DGUV-I 201-005):
- Abtrennung und Kennzeichnung des Arbeitsbereichs,
- Unterweisung über die besonderen Gefahren des Milzbranderregers,
- Mitführen einer sog. Memocard (s. Anhang 7 DGUV-I 201-005), die den behandelnden Arzt bei plötzlich auftretenden Gesundheitsbeschwerden über eine mögliche Milzbrandinfektion informiert und rasches Handeln ermöglicht,
- Mehrkammerschleuse als Schwarz-Weiß-Anlage,
- Reinigung der eingesetzten Geräte,
- Notfallplan,
- Personen mit Hautverletzung oder Ekzemen dürfen nicht beschäftigt werden.
Bei Tätigkeiten auf Milzbrandverdachtsstandorten ist die arbeitsmedizinische Vorsorge G 42 "Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung" durchzuführen (Abschn. 8.9 DGUV-I 201-005).
Beim Umgang mit Milzbranderregern bzw. dessen Sporen muss wirksam Hautkontakt, Einatmen bzw. Verschlucken verhindert werden. Bei Bauarbeiten in kontaminierten Bereichen wird dies durch persönliche Schutzmaßnahmen erreicht, z. B. durch (s. DGUV-I 201-005):
- Einwegschutzanzug Kategorie III, Typ 5 oder 6, bei starker Beanspruchung 2 Schutzanzüge übereinander,
- Schutzhandschuhe: 2 Handschuhe übereinander z. B. Latexhandschuhe und darüber robuste Gummi- oder Lederhandschuhe,
- Schutzbrille und Mundschutz, ggf. Vollschutzmasken mit P3-Filter.
Anzeige- bzw. Meldepflicht
Tätigkeiten mit Gefährdung durch lebensfähige Milzbranderreger sind nach § 16 BioStoffV anzeigepflichtig. Betriebsstörungen und Unfälle regelt § 13 BiostoffV.
Nach § 17 Abs. 1 BioStoffV ist die zuständige Behörde unverzüglich über jeden Unfall und jede Betriebsstörung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 oder 4 zu unterrichten, die zu einer Gesundheitsgefahr der Beschäftigten führen können.
Milzbrand ist eine anzeigepflichtige Tierseuche.
Beim Menschen ist Milzbrand eine meldepflichtige Krankheit (§ 6 IfSG). Der Arzt informiert das Gesundheitsamt über Krankheitsverdacht, Erkrankung bzw. Todesfall, ein Laborleiter über indirekte oder direkte Nachweise des Bakteriums. Das Gesundheitsamt übermittelt die Informationen zu Erkrankungs- bzw. Todesfällen sowie Nachweise des Erregers an die zuständige Landesbehörde, die dann das Robert-Koch-Institut informiert (vgl. §§ 6 ff. IfSG).