4.2.1 Freistellung für Untersuchungen und Stillzeiten

Der Arbeitgeber muss eine Frau für die Zeit freistellen, die zur Durchführung der Untersuchungen im Rahmen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich ist. Entsprechendes gilt zugunsten einer Frau, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist (§ 7 Abs. 1 MuSchG).

Der Arbeitgeber muss eine stillende Frau auf ihr Verlangen während der ersten zwölf Monate nach der Entbindung für die zum Stillen erforderliche Zeit freistellen, mindestens aber zweimal täglich für eine halbe Stunde oder einmal täglich für eine Stunde. Bei einer zusammenhängenden Arbeitszeit von mehr als acht Stunden verlängert sich auf Verlangen der Frau die Dauer der Freistellung. Die Arbeitszeit gilt als zusammenhängend, soweit sie nicht durch eine Ruhepause von mind. 2 Std. unterbrochen wird (§ 7 Abs. 2 MuSchG).

Als erforderlich ist diejenige Zeit anzusehen, die nach objektiven Gesichtspunkten für das Stillen des Kindes notwendig ist. Eine zeitliche Grenze für die Stillzeit ist nicht festgesetzt. Es kommt einzig auf die Tatsache an, dass die Arbeitnehmerin stillt. Dies wird durch eine Stillbescheinigung belegt.

Durch die Gewährung der Freistellung nach § 7 MuSchG darf bei der schwangeren oder stillenden Frau kein Entgeltausfall eintreten. Freistellungszeiten sind weder vor- noch nachzuarbeiten und werden nicht auf Ruhepausen angerechnet, die im Arbeitszeitgesetz oder in anderen Vorschriften festgelegt sind (§ 23 Abs. 1 MuSchG).

4.2.2 Gestaltung der Arbeitsbedingungen (Gefährdungsbeurteilung)

Für schwangere oder stillende Frauen wird die Pflicht des Arbeitgebers zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) durch die §§ 9 ff. MuSchG näher definiert und konkretisiert.

Der Arbeitgeber hat die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes möglichst vermieden werden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird (§ 9 Abs. 2 Satz 1 MuSchG).

 
Wichtig

Was ist eine unverantwortbare Gefährdung?

Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. Eine unverantwortbare Gefährdung gilt als ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber alle Vorgaben einhält, die aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die Gesundheit einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes nicht beeinträchtigt wird (§ 9 Abs. 2 Satz 2 und 3 MuSchG).

Die Ermittlung und Begründung von Art, Ausmaß und Dauer der möglichen unverantwortbaren Gefährdungen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gehört zu den Aufgaben des Ausschusses für Mutterschutz, der beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eingerichtet wird (§ 30 MuSchG).

1. Beurteilung der Arbeitsbedingungen (§ 10 Abs. 1 MuSchG)

Im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG muss der Arbeitgeber rechtzeitig für jede Tätigkeit Art, Ausmaß und Dauer von Gefährdungen beurteilen, denen eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind ausgesetzt ist oder sein kann (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG). Dies gilt insbesondere für Tätigkeiten im Zusammenhang mit

  • chemischen Gefahrstoffen (z. B. CMR-Stoffe),
  • biologischen Arbeitsstoffen (z. B. Infektionskrankheiten),
  • physikalischen Schadfaktoren (z. B. Vibrationen),
  • Verfahren und Arbeitsbedingungen (vgl. auch Abschn. 4.2.3),

Zudem muss der Arbeitgeber unter Berücksichtigung dieser Beurteilung ermitteln, ob für eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind voraussichtlich (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MuSchG)

  • keine Schutzmaßnahmen erforderlich sein werden,
  • eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG erforderlich sein wird oder
  • eine Fortführung der Tätigkeit der Frau an diesem Arbeitsplatz nicht möglich sein wird.

2. Festlegung von Schutzmaßnahmen (§ 10 Abs. 2 MuSchG)

Sobald eine Frau ihrem Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder stillt, hat dieser unverzüglich die nach Maßgabe der Gefährdungsbeurteilung erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Zusätzlich hat der Arbeitgeber der Frau ein Gespräch über weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen anzubieten.

Zweck der Beurteilung ist:

  • alle Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit sowie alle Auswirkungen auf Schwangerschaft oder Stillzeit der betroffenen Frauen abzuschätzen und
  • die notwendigen Schutzmaßnahmen zu bestimmen.

Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben zum betrieblichen Gesundheitsschutz nach MuSchG in eigener Verantwortung wahrzunehmen (§ 9 Abs. 5 MuSchG).

 
Achtung

Was bedeutet "rechtzeitig"?

Der Arbeitgeber muss vorab im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG die mutterschutzsensiblen Tätigkeiten nach Art, Ausmaß und Dauer sowie voraussichtlich erforderliche Schutzmaßnahmen ermitteln. Diese generelle Beurteilung der Arbeitsbedingungen muss grundsätzlich auch dann erfolgen, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Prüfung keine weibliche...

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