Betriebliche Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz

Das moderne Mutterschutzrecht ist von dem Gedanken getragen, schwangeren und stillenden Frauen eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen, so dass diese gleichberechtigt am Arbeitsleben teilnehmen können. Der Arbeitgeber muss aber durch geeignete Schutzmaßnahmen die Gesundheit der Frau und des Kindes gewährleisten, so kann auch ein betriebliches Beschäftigungsverbot als Schutzmaßnahme umgesetzt werden.

Beschäftigungsverbote im Mutterschutzrecht

„Beschäftigungsverbote“ im mutterschutzrechtlichen Sinne stellen Sachverhalte dar, bei denen ein Arbeitgeber eine schwangere bzw. stillende Frau mit bestimmten Tätigkeiten nicht beschäftigen darf. Dabei handelt es sich nicht um an die Frau gerichtete Tätigkeitsverbote. Es ist vielmehr dem Arbeitgeber untersagt, Frauen entgegen diesen Vorschriften zu beschäftigen. Beschäftigungsverbote stellen eine Besonderheit im Arbeitsschutz dar und können lediglich eine „ultima ratio“ darstellen.

Das Mutterschutzrecht definiert mit dem Begriff der „unverantwortbaren Gefährdung“ eine Gefahrschwelle, die schwangere und stillende Frauen nicht überschreiten dürfen. Eine Gefährdung ist dann unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist (vgl. § 9 Abs. 2 S. 2 MuSchG). In diesem Fall darf eine schwangere oder stillende Frau nicht weiter mit den entsprechenden Tätigkeiten beschäftigt werden. Hieraus kann sich ein betriebliches Beschäftigungsverbot ergeben. Das nachfolgend beschriebene betriebliche Beschäftigungsverbot ist lediglich eines der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote. Daneben finden sich im Mutterschutzrecht noch andere Beschäftigungsverbote, welche ebenfalls bewirken, dass die schwangere oder stillende Frau mit den entsprechenden Tätigkeiten nicht beschäftigt werden darf (vgl. hierzu § 2 Abs. 3 MuSchG).

Möglichkeit der Weiterbeschäftigung

Das Mutterschutzrecht ist grundsätzlich darauf ausgerichtet, schwangere oder stillende Frauen weiter zu beschäftigen und Benachteiligungen zu vermeiden. Daher kann ein Arbeitgeber nicht vorschnell ein betriebliches Beschäftigungsverbot feststellen, sondern muss hierfür ein mehrstufiges Verfahren durchlaufen.

Wesentliches Instrument für die Erhebung von Gefährdungen ist im Mutterschutzrecht (wie auch im allgemeinen Arbeitsschutzrecht) die Gefährdungsbeurteilung. Der Arbeitgeber muss im Rahmen der Beurteilungen der Arbeitsbedingungen auch immer mitbeurteilen, welchen Gefährdungen schwangere und stillende Frauen bei den entsprechenden Tätigkeiten ausgesetzt sein könnten. Dabei ist es irrelevant, ob überhaupt Frauen in dem entsprechenden Betrieb beschäftigt sind. Diese Gefährdungsbeurteilung ist immer durchzuführen und nicht erst dann, wenn eine Frau ihre Schwangerschaft oder den Umstand des Stillens mitteilt.

Gefährdungsbeurteilung im Mutterschutzrecht

Ergibt die mutterschutzspezifische Gefährdungsbeurteilung, dass eine Tätigkeit eine unverantwortbare Gefährdung darstellt, so muss der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen so umgestalten, dass diese Gefährdung nicht mehr vorhanden und eine weitere Beschäftigung möglich ist. Ist eine Umgestaltung nicht möglich oder ist der Aufwand dafür nachweislich unverhältnismäßig und somit nicht zumutbar, so muss der Arbeitgeber die Frau an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz einsetzen. Beim Löscheinsatz bei Feuerwehren etwa kann der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen nicht „anpassen“. Gleiches gilt für andere Bereiche, die nicht durch technische, organisatorische oder sonstige Maßnahmen geändert werden können, etwa wenn nach dem Stand der Technik keine Filter- oder Isolationssysteme existieren, die den Kontakt der Frau mit einer Immission ausschließen. Sollte der Arbeitgeber eine Umgestaltung als unzumutbar ablehnen, so muss er dies objektiv nachvollziehbar belegen. Die Darlegungs- und Beweislast trägt hier immer der Arbeitgeber.

Ein Arbeitsplatzwechsel muss aber auch für die Frau arbeitsvertraglich „zumutbar“ sein. Unproblematisch ist dies, wenn die Zuweisung anderer Tätigkeiten bereits vom Weisungsrecht des Arbeitgebers erfasst ist. Allerdings kann auch hier das grundsätzliche Gebot der Benachteiligungsverhinderung aus § 1 Abs. 1 S. 2 MuSchG zum Tragen kommen. Die vom Arbeitgeber erstrebte „Ersatzarbeit“ muss daher auf den besonderen Zustand der Schwangeren und deren berechtigte persönliche Belange auch außerhalb der unmittelbaren Arbeitsbeziehung Rücksicht nehmen. Dies kann im Einzelfall bedeuten, dass die aufgrund des Weisungsrechts des Arbeitgebers an sich zulässige Zuweisung veränderter Arbeitsaufgaben für die schwangere Frau unzumutbar ist. Ein im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 2 MuSchG nicht geeigneter Arbeitsplatz liegt z.B. dann vor, wenn mit dem Arbeitsplatzwechsel eine Änderung der Arbeitszeit verbunden ist, die mit den privaten Verpflichtungen der schwangeren oder stillenden Frau nicht in Einklang zu bringen ist, dazu zählt etwa die Betreuung weiterer Kinder oder anderer Angehöriger. Allerdings gebiete die der Frau obliegenden Treuepflicht aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB auch, dass sie daran mitzuwirken hat, die finanziell nicht unerheblichen Folgen des Beschäftigungsverbotes für den Arbeitgeber möglichst gering zu halten. Unter Umständen muss sie daher auch solche Tätigkeiten ausüben, zu denen sie im Wege des Direktionsrechts normalerweise nicht angewiesen werden kann. Der zugewiesene Arbeitsplatz muss aber auch im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 2 MuSchG „geeignet“ sein und in seiner sozialen Wertigkeit mit der vorherigen Tätigkeit vergleichbar. Die Zuweisung darf also weder maßregelnd noch kränkend sein. Letztendlich muss es auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und auch zumutbar sein, einen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Eine Freikündigung eines Arbeitsplatzes kann von ihm nicht verlangt werden.

Für die Prüfung, ob unverantwortbare Gefährdungen durch einen Arbeitsplatzwechsel vermieden werden können, ist sowohl der Wechsel auf einen freien Arbeitsplatz als auch ein (vorübergehender) Tausch mit einem/einer anderen Beschäftigten in Betracht zu ziehen.

Beschäftigungsverbot als letzte Handlungsalternative

Nur dann, wenn auch dies nicht möglich ist, kommt es als „ultima ratio“ zu einem betrieblichen Beschäftigungsverbot im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG. Dies darf nur in dem Umfang erfolgen, der zum Ausschluss einer unverantwortbaren Gefährdung erforderlich ist. Das betriebliche Beschäftigungsverbot kann sich auch lediglich auf Teilbereiche der Tätigkeiten der betroffenen Frauen beziehen, wenn für den übrigen Teil der Tätigkeiten keine Schutzmaßnahmen nötig sind, oder eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen oder ein Arbeitsplatzwechsel vorgenommen werden können. Der Mutterschutzlohn greift dann anteilsmäßig.

Mutterschutzlohn

Sofern ein Arbeitgeber eine schwangere oder stillende Frau aufgrund eines betrieblichen Beschäftigungsverbotes nicht beschäftigen darf, stellt sich weiterhin die Fragestellung der Lohnfortzahlung. Grundsätzlich gilt: „Keine Arbeit, kein Lohn“, vor dem Hintergrund der Zielrichtung des Mutterschutzrechts erscheint dies allerdings als äußerst unangemessen. Sofern ein betriebliches Beschäftigungsverbot vorliegt, so enthält § 18 MuSchG einen Anspruch auf einen Mutterschutzlohn. Als Mutterschutzlohn muss der Arbeitgeber das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft zahlen.

Fazit

Betriebliche Beschäftigungsverbote kommen nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber sehr gewissenhaft geprüft hat, ob durch eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen (und dann ggf. durch eine Umsetzung an einen anderen Arbeitsplatz) eine unverantwortbare Gefährdung für die Frau und/oder ihr Kind abgewendet werden kann. Rechtlich stellt das Beschäftigungsverbot nur die letzte Handlungsalternative für den Arbeitgeber dar. Durch den zu zahlenden Mutterschutzlohn entstehen der Frau auch keine nennenswerten Einkommenseinbußen.