Der folgende Überblick zeigt die verschiedenen Beschäftigungsverbote:
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4.3.1 Ärztliches (individuelles) Beschäftigungsverbot
Stellt der Arzt (kann auch der Hausarzt sein) fest, dass die Gesundheit einer schwangeren Frau oder ihres Kindes bei einer Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist, kann er ein Beschäftigungsverbot verhängen (§ 16 Abs. 1 MuSchG).
Keine Beschäftigungsverbote durch Hebamme
Die Hebamme kann zwar das Bestehen einer Schwangerschaft feststellen, sie ist aber nicht befugt, ein individuelles Beschäftigungsverbot auszusprechen. Dies kann nur ein Arzt.
Der Arzt entscheidet, ob es sich bei den Beschwerden um eine Krankheit handelt (dann AU-Bescheinigung) oder ob diese schwangerschaftsbedingt sind. Werden Beschwerden festgestellt, die auf der Schwangerschaft beruhen, muss er prüfen und aus ärztlicher Sicht entscheiden, ob die schwangere Frau wegen eingetretener Komplikationen arbeitsunfähig krank ist oder – ohne dass eine Krankheit vorliegt – zum Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Mutter oder Kind ein Beschäftigungsverbot geboten ist. Dabei hat der Arzt einen Beurteilungsspielraum.
Das Attest sollte möglichst genaue und allgemein verständliche Angaben enthalten, v. a. auch darüber, ob leichtere Arbeiten oder verkürzte Arbeitszeiten zulässig bleiben. Durch das ärztliche Zeugnis kann die Beschäftigung ganz oder teilweise untersagt sein. Bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit des ärztlichen Zeugnisses, kann der Arbeitgeber eine Nachuntersuchung verlangen, wobei ein bestimmter Arzt (z. B. Betriebsarzt) wegen des Rechts der Arbeitnehmerin auf freie Arztwahl nicht verlangt werden kann.
Die Kosten des ärztlichen Zeugnisses trägt die Schwangere bzw. ihre Krankenkasse, die Kosten einer Nachuntersuchung trägt der Arbeitgeber.
Wegen verminderter Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit der Situation der Frau in den ersten Monaten nach der Entbindung kann auch für diese Zeit ein ärztliches (teilweises) Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. I. d. R. ist dies bis zu einem Zeitraum von 6 Monaten nach der Geburt möglich.
4.3.2 Betriebliche Beschäftigungsverbote vom Beginn der Schwangerschaft an
Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau folgende Tätigkeiten und Arbeiten nicht ausüben lassen:
- Tätigkeiten i. S. des § 11 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 MuSchG (belastende Arbeitsumgebung, körperliche Belastungen oder mechanische Einwirkungen);
- Akkordarbeit oder sonstige Arbeiten, bei denen durch ein gesteigertes Arbeitstempo ein höheres Entgelt erzielt werden kann (§ 11 Abs. 6 MuSchG);
- Fließarbeit (§ 11 Abs. 6 MuSchG);
- getaktete Arbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo, wenn die Art der Arbeit oder das Arbeitstempo für die schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt (§ 11 Abs. 6 MuSchG);
- Mehrarbeit;
- Arbeit in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr; eine Beschäftigung bis 22 Uhr ist zulässig, sofern die Voraussetzungen des § 28 MuSchG (behördliches Genehmigungsverfahren für eine Beschäftigung zwischen 20 und 22 Uhr) vorliegen; eine Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen bis 22 Uhr ist unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 MuSchG möglich;
- Arbeit an Sonn- und Feiertagen, es sei denn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 MuSchG liegen vor; die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen ist unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 MuSchG möglich.
4.3.3 Beschäftigungsverbot aufgrund der Gefährdungsbeurteilung, Umsetzung
Als Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes kann der Arbeitgeber feststellen, dass eine Weiterbeschäftigung hinsichtlich Art und Umfang der bisherigen Tätigkeiten nicht mehr zulässig ist. Er darf dann der Arbeitnehmerin eine andere Tätigkeit zuweisen oder die Arbeitszeit nach Lage und Dauer ändern. Dabei sind allerdings die Grenzen zu beachten, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Ob die anderweitige Beschäftigung zumutbar ist, ist im Einzelfall zu entscheiden.
Kann der Arbeitgeber unverantwortbare Gefährdungen für die schwangere oder stillende Frau i. S. des §§ 9, 11 oder 12 MuSchG weder durch Schutzmaßnahmen noch durch einen Arbeitsplatzwechsel ausschließen, darf er die schwangere oder stillende Frau nicht weiter beschäftigen (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG). In dem Fall ist ein Beschäftigungsverbot durch den Arbeitgeber auszusprechen.
4.3.4 Beschäftigungsverbot nach Ablauf des 5. Monats
Schwangere Frauen dürfen nach Ablauf des 5. Monats der Schwangerschaft mit Arbeiten, bei denen sie überwiegend bewegungsarm ständig stehen müssen, nicht beschäftigt werden, soweit diese Tätigkeit täglich 4 Std. überschreitet (§ 11 Abs. 5 Nr. 3 MuSchG). Gemeint ist hier ein längeres bewegungsarmes Stehen an einem Platz, sowie Stehen mit eingeschränkter Bewegungsmöglichkeit auf engem Raum.
4.3.5 Beschäftigungsverbot in den letzten 6 Wochen vor der Geburt
Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau in den letzten 6 Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist vor der Entbindung), soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt; die Erklärung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 MuSchG).
Fristbeginn
Maßgeblich für die Bestimmung der 6-Wochen-Frist ist der vom Arzt errechnete voraussichtliche Entbindungstermin. Dabei ist auf den konkreten Woch...