Die aktuellen Herausforderungen des betrieblichen Arbeitsschutzes (siehe Ablaufdiagramm am Anfang des Beitrags) zeigen die Erfordernis der oben bereits angesprochenen neuen Sichtweisen, Strategien und Wege auf. Wesentliche Ansatzpunkte für solche "neuen Wege", die von fortschrittlichen Unternehmen teilweise bereits beschritten werden, sind:

  • die Einbindung des Managements (der Führungskräfte) in den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz (diese sollte konsequenter und engagierter erfolgen),
  • die betriebliche Organisation von Sicherheit und Gesundheitsschutz (die vor allem ein systematischeres Betreiben bewirken sollte),
  • die Wirksamkeit der einzelnen Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen[1] sowie
  • die Transparenz der Ziele, Maßnahmen und Ergebnisse.

In diesem Zusammenhang zeichnet sich im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz eine Veränderung bzw. eine Veränderungsnotwendigkeit ab, "welche von Interessensgruppen unterschiedlichster Couleur bereits als Paradigmenwandel verstanden wird. Diese neue Sichtweise führt weg von einer in der Vergangenheit hauptsächlich nachsorgenden Reaktion auf Arbeitssicherheitsprobleme, welche geprägt war durch eine Konzentration auf die Einhaltung von Vorschriften und deren Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden, hin zu einem vorsorgenden Verhalten im Rahmen dieses Aufgabenbereichs. Im Mittelpunkt der Neuorientierung steht die Hinwendung zu einem Arbeitsschutz im Sinne einer präventiven, von den Unternehmen eigenverantwortlich gesteuerten Managementaufgabe." (Pischon/Liesegang 1997, S. VII). Dies bedeutet: Sicherheit und Gesundheitsschutz sind systematisch zu organisieren und professionell zu managen (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Sicherheit und Gesundheitsschutz systematisch organisieren und professionell managen

Damit steigt auch die praktische Bedeutung von systematisch entwickelten und bewertbaren Führungssystemen und Organisationskonzepten – allgemein spricht man von Managementsystemen – für die betriebliche Sicherheit und den Gesundheitsschutz. Das heißt, es ist davon auszugehen, dass Unternehmen in Zukunft Sicherheit und Gesundheitsschutz in verstärktem Maße durch ein geeignetes, eigenverantwortlich gesteuertes Arbeitsschutz-Managementsystem (AMS) organisieren und betreiben (müssen).

Als Gründe bzw. Anzeichen hierfür lassen sich anführen:

  • das Arbeitsschutzgesetz geht von einem zeitgemäßen, präventiven Arbeitsschutzverständnis aus und fordert explizit eine geeignete Organisation für Sicherheit und Gesundheitsschutz, deren Einbindung in die betrieblichen Führungsstrukturen sowie Wirksamkeitsüberprüfungen (§ 3, Abs. 2 ArbSchG);
  • das neue Arbeitsschutzrecht, das einen systematischen Ansatz im Arbeitsschutz fordert[2];
  • die praktische Bedeutung sowie die Erfolge der bereits vorhandenen Managementsysteme (z. B. Qualitätsmanagement);
  • die mit der zunehmenden Prozessorientierung und -optimierung einhergehende Notwendigkeit einer konsequenten Vermeidung von Störungen aller Art;
  • die betriebliche Erfordernis, Sicherheit und Gesundheitsschutz wirkungsvoller, transparenter und "gerichtsfester" zu organisieren;
  • die steigende praktische Bedeutung der Erkenntnis, dass Störfälle, Betriebsstörungen und Unfälle auf Faktoren bzw. deren Kombination zurückzuführen sind, die ihre Ursache in erheblichen Lücken in der Organisation sowie im mangelhaften Management von Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz haben;
  • Bestrebungen der staatlichen Aufsicht, die ihren Überwachungsauftrag im Arbeitsschutz und in der Anlagensicherheit – durch Deregulierung und vermehrte Systemüberprüfung – effizienter gestalten will. Dies hätte zur Konsequenz, dass Unternehmen in Zukunft in verstärktem Maße dazu angeleitet ggf. teilweise sogar verpflichtet werden, durch intakte Managementsysteme, die sich z. B. am nationalen Leitfaden für AMS[3] orientieren, die Erfüllung/Einhaltung von Vorgaben/Verordnungen etc. nachzuweisen;
  • die vielfältigen Aktivitäten der Unfallversicherungsträger zum Thema Arbeitsschutzmanagement (Informationen, Schulungsangebote, Unterstützungsangebote sowie Honorierung des Praktizierens eines AMS);
  • spezielle Kundenforderungen (so verpflichten beispielsweise Unternehmen der Mineralöl- und petrochemischen Industrie ihre Kontraktoren zum Nachweis eines intakten (zertifizierten) Sicherheitsmanagements entsprechend dem SCC-Standard[4];
  • der Nachweis, dass auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen ein systematisch organisierter und professionell angewendeter Arbeits- und Gesundheitsschutz – also ein einfach gestaltetes Arbeitsschutzmanagement – prinzipiell sinnvoll, machbar und auch wirkungsvoll ist (siehe z. B. Ritter, Reim und Schulte 2000);
  • die anhaltende Diskussion des Themas "Arbeitsschutzmanagement" sowie
  • das Vorliegen geeigneter Leitfäden, Normen und anerkannter AMS-Standards sowie Vorstöße zur Entwicklung einer internationalen Norm für Arbeitsschutz-Managementsysteme und deren Diskussion.

Auch wenn die Anstöße für die Auseinandersetzung mit dem Thema "Arbeitsschutzmanagement" sowie deren Einführu...

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