2.1 Zum Sachverhalt
Die Parteien streiten über die organisatorische und disziplinarische Einordnung der als Sicherheitsingenieurin (Fachkraft für Arbeitssicherheit) beschäftigten Klägerin.
Die Klägerin ist seit 1.3.2000 bei der beklagten Landeshauptstadt beschäftigt und übt dort seit dem 1.7.2006 kraft entsprechender Bestellung die Funktion der Fachkraft für Arbeitssicherheit aus.
Seit 1999 war der arbeitssicherheitstechnische Dienst aufgrund Verfügung des damaligen Oberbürgermeisters bei der Beklagten als Stabsstelle organisatorisch unmittelbar dem Oberbürgermeister unterstellt. Im Rahmen einer Strukturreform im Jahre 2003 ist dieser dem Geschäftsbereich 1 "Zentrale Steuerung und Service" zugeordnet worden, der vom Ersten Beigeordneten geleitet wird. Innerhalb des Geschäftsbereichs erfolgte die Zuordnung zum "Servicebereich Verwaltungsmanagement".
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Funktion des Sicherheitsingenieurs gem. § 8 Abs. 2 ASiG sei fachlich und disziplinarisch unmittelbar dem Oberbürgermeister zuzuordnen. Dies gelte gem. § 16 ASiG auch für Gemeinden. Nur so werde den Anforderungen des ASiG im Hinblick auf die Weisungsfreiheit und die herausgehobene Stellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit Rechnung getragen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, sie in ihrer Funktion als Fachkraft für Arbeitssicherheit im Rahmen einer Stabsstelle unmittelbar dem Oberbürgermeister zu unterstellen und festzustellen, dass diesem die Dienstaufsicht über ihre Tätigkeit zusteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, § 16 ASiG fordere nur die Gewährleistung eines gleichwertigen Arbeitsschutzes. Daraus ergebe sich, dass die Unabhängigkeit der Fachkraft für Arbeitssicherheit gewährleistet sein müsse, was bei der jetzigen Anbindung der Klägerin an den Bereich "Personal" der Fall sei. Konkrete Anhaltspunkte für eine Behinderung ihrer Tätigkeit habe die Klägerin nicht vorgetragen. Die Beklagte sei im Übrigen gem. Art. 28 Abs. 2 GG im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung frei, welche organisatorische Struktur sie wähle.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche in der Form des beim Landesarbeitsgericht zuletzt gestellten Antrags weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Stellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit
Mit Urteil v. 15.12.2009 hat das BAG letztinstanzlich wie folgt entschieden:
- Die beklagte Landeshauptstadt muss die Klägerin in ihrer Funktion als Fachkraft für Arbeitssicherheit im Rahmen einer Stabsstelle unmittelbar dem Oberbürgermeister unterstellen.
- Der Oberbürgermeister hat die Dienstaufsicht über die Tätigkeit der Klägerin als Fachkraft für Arbeitssicherheit.
2.2 Aus den Entscheidungsgründen
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 15.7.2008 – 2 Sa 2446/07 – aufgehoben. Die Berufung der beklagten Landeshauptstadt gegen das Urteil des ArbG Potsdam vom 10.10.2007 – 6 Ca 1535/07 – wird unter Neufassung des Tenors der arbeitsgerichtlichen Entscheidung zurückgewiesen.
Die Klägerin hat einen Anspruch aus ihrem Arbeitsvertrag i. V. m. § 16, § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 2 ASiG, in ihrer Funktion als Fachkraft für Arbeitssicherheit im Rahmen einer Stabsstelle unmittelbar dem Oberbürgermeister als Leiter der Dienststelle unterstellt zu werden. Diesem steht auch die Dienstaufsicht über ihre Tätigkeit zu.
2.2.1 Grundsätze des ASiG
Die Verpflichtung des Arbeitgebers in § 8 Abs. 2 ASiG, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigte (leitende) Fachkräfte für Arbeitssicherheit unmittelbar dem Leiter des Betriebs zu unterstellen, ist ein Struktur prägender Grundsatz dieses Gesetzes. Die Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber zur Schaffung einer entsprechenden Stabsstelle und beinhaltet die Unterstellung in fachlicher und disziplinarischer Hinsicht.
Bestellung
Der Arbeitgeber muss gem. § 5 Abs. 1 ASiG im Rahmen der im Gesetz genannten Kriterien Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellen. Diese Verpflichtung wird regelmäßig durch Unfallverhütungsvorschriften (UVV) konkretisiert. So enthält die UVV "Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit" der Unfallkasse Brandenburg u. a. Regelungen über die von der Betriebsart abhängigen erforderlichen Einsatzzeiten der Fachkräfte für Arbeitssicherheit.
Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Bestellung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit ist dabei der Betrieb, nicht das Unternehmen. Die dem Arbeitsschutz dienenden Vorschriften und Maßnahmen sollen, um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erreichen, den vor Ort bestehenden besonderen Betriebsverhältnissen angepasst werden. Der Begriff des Betriebs i. S. d. ASiG ist dabei grundsätzlich gleichbedeutend mit dem Betriebsbegriff des BetrVG. Danach ist ein Betrieb eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den vom ihm beschäftigten Arbeitn...