Diese Grundsätze gelten gem. § 16 ASiG auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit (bzw. die leitende Fachkraft wenn für eine Dienststelle oder Behörde mehrere Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt sind) muss als Stabsstelle unmittelbar dem Leiter der Dienststelle oder Behörde unterstellt werden, für die sie bestellt ist. Dieser Leiter übt die Dienstaufsicht aus.
Gleichwertige Regeln
Das ASiG gilt nicht unmittelbar für die öffentliche Verwaltung. § 16 ASiG begründet aber die Verpflichtung, in Verwaltungen und Betrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts einen den Grundsätzen dieses Gesetzes gleichwertigen arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Arbeitsschutz zu gewährleisten.
Gleichwertig bedeutet dabei nach seinem Wortsinn nicht identisch oder gleichartig, sondern "im Wert übereinstimmend, ebenso viel wert", "auf der gleichen Stufe stehend, ebenbürtig, entsprechend". § 16 ASiG verlangt damit keine in jeder Beziehung gleichartige Ausgestaltung des Arbeitsschutzes im öffentlichen Dienst. Er beschränkt sich aber auch nicht auf die Gewährleistung eines bestimmten Schutzzieles oder Ergebnisses, sondern verlangt ausdrücklich eine Gewährleistung nach "den Grundsätzen dieses Gesetzes".
Bei der Bewertung, was als gleichwertiger Arbeitsschutz anzusehen ist, ist daher stets zu beachten, dass hinsichtlich des Inhaltes der Verpflichtungen der öffentlichen Arbeitgeber kein geringerer Schutzstandard als in der Privatwirtschaft geschaffen werden sollte. Deshalb verpflichtet § 16 ASiG die öffentliche Verwaltung, eine Regelung zu treffen, die den in §§ 1–11, 18, 19 ASiG enthaltenen Grundsätzen entspricht. Dies schließt nicht aus, in Einzelheiten Anpassungen an die besonderen Strukturen des öffentlichen Dienstes vorzunehmen, solange die prägenden Grundsätze des ASiG gewahrt werden. Soweit die Unfallversicherungsträger – wie hier die Unfallkasse Brandenburg – Unfallverhütungsvorschriften erlassen haben, durch die Pflichten der daran gebundenen Mitglieder konkretisiert werden, sind diese zu beachten.
In welcher Form der öffentliche Arbeitgeber die gem. § 16 ASiG erforderlichen Regelungen trifft, ist hingegen nicht vorgeschrieben.
Stellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit
Die durch § 8 Abs. 2 ASiG bestimmte Stellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit im Betrieb bzw. in der Dienststelle gehört zu den Grundsätzen des Gesetzes, die auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung zu gewährleisten sind.
Wie bereits dargestellt, hat die betriebliche Stellung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit einen Struktur prägenden Charakter. Insoweit unterscheidet sich der öffentliche Arbeitgeber nicht von dem der Privatwirtschaft. Mit der Herausnahme der Fachkräfte für Arbeitssicherheit aus der betrieblichen Hierarchie und der Betonung ihrer Eigenständigkeit im Rahmen der Beratungsfunktion für den Arbeitgeber auf der Führungsebene sollen alle Hindernisse, die sich im alltäglichen Arbeitsprozess durch die Einbindung in Hierarchien ergeben können, für den Bereich des Arbeitsschutzes beseitigt werden.
Solche Hierarchien existieren – worauf das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat – im Bereich der öffentlichen Verwaltung strukturbedingt in besonderer Ausprägung. Deshalb kann auch der Auffassung des LAG nicht gefolgt werden, dass es wegen der unmittelbaren Bindung der öffentlichen Verwaltung an Recht und Gesetz einer weniger formalisierten Stellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit bedürfe. Der Dienststellen- oder Behördenleiter im öffentlichen Dienst benötigt gleichermaßen eine geeignete Arbeitsschutzorganisation und eine entsprechende Beratung durch die Fachkräfte für Arbeitssicherheit, um den arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen des § 16 ASiG gerecht zu werden.
Dementsprechend gehen auch die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung in den Durchführungsanweisungen zu § 1 der UVV "Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit" davon aus, dass ein gleichwertiger arbeitsmedizinischer und sicherheitstechnischer Arbeitsschutz dann gewährleistet ist, wenn der Unternehmer nach Maßgabe "der §§ 1–11 des Arbeitssicherheitsgesetzes" Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt. Diese Durchführungsanweisungen sind zwar rechtlich für die Mitglieder der jeweiligen Unfallversicherungsträger nicht verbindlich. Sie beschreiben aber ebenso wie die sie zukünftig ersetzenden sog. BG-Regeln den Stand der Technik und des Arbeitsschutzes.
Dienststelle = Betrieb
Im Bereich der öffentlichen Verwaltung ist als Betrieb i. S. v. § 8 Abs. 2 ASiG die Dienststelle oder Behörde anzusehen, für die die Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt ist. Leiter der Dienststelle oder Behörde ist dabei derjenige, der entweder nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen (z. B. der Gemeindeordnungen) diese Funktion innehat oder dem aufgrund entsprechender Richtlinien diese Funktion übertragen wurde.