Die meisten Planer können sich für Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität begeistern, vermuten hinter dem Begriff Ergonomie jedoch ein Bündel an überflüssigen Kosten, die vor allem dem Wohlgefühl der Mitarbeiter dienen.
In einem ganzheitlichen Ansatz (Abb. 1) ist Effizienz jedoch integraler Bestandteil der Definition von Ergonomie. Wenn überflüssige Bewegungen vermieden werden, schont dies sowohl die Ressource Zeit als auch die Ressource Kraft. Deshalb lohnt es sich, Arbeitsprozesse mit manueller Fertigung nicht nur aus dem Blickwinkel der Produktion zu betrachten. Schon kleine Änderungen der Strategie der Materialversorgung machen z. B. den Unterschied zwischen ständigem schweren Heben – etwa wenn Kisten mit massiven Bauteilen bodennah gelagert werden – und kraftschonendem Transport.
Abb. 1: Ergonomie – ein Überblick
Dabei ist es nicht die einzelne Bewegung, die die Kraft der Mitarbeiter spürbar vergeudet. Vielmehr ist es die Wiederholung über Tage, Wochen und Jahre, die richtig teuer wird. Zum einen, weil sich kleine Ineffizienzen mit der Zeit summieren. Zum anderen, weil Belastungen und vor allem Zwangshaltungen auf Dauer zu körperlichen Schäden führen können (Abb. 2).
Abb. 2: Anteil der wichtigsten Krankheitsarten an den AU-Tagen
Erkrankungen am Bewegungsapparat sind in der Industrie die wichtigste Ursache für Fehlzeiten. Das ist ein Kostenblock, der durch die Berücksichtigung ergonomischer Prinzipien langfristig vermieden werden kann. Ergonomie stellt den Erhalt der Arbeitskraft auf Dauer sicher. Wer nicht unnötig belastet wird, arbeitet zudem motivierter und bringt bessere Leistung. Davon profitieren die Mitarbeiter durch mehr Gesundheit und das Unternehmen durch mehr Effizienz. Eine Win-Win-Situation.
Ergonomie ist kein Produkt, sondern das Ergebnis zahlreicher, abgestimmter Schritte. Grundsätzlich unterscheidet man
- Verhaltensergonomie: Ergonomisches Verhalten am Arbeitsplatz bedeutet, dass sich das Verhalten eines Mitarbeiters bei der Arbeit an anthropometrischen, biomechanischen und physiologischen Gesetzen orientiert. Seine Handlungen folgen den daraus abgeleiteten gesundheitsbewussten und gesundheitserhaltenden Regeln.
- Verhältnisergonomie: Bedingungen technischer und organisatorischer Natur ermöglichen und begünstigen einen belastungsarmen und gesundheitlich unbedenklichen Ablauf bei der Erfüllung der Arbeitsaufgabe des Mitarbeiters.
Ziel ist, die Leistungsfähigkeit zu steigern, Ermüdung zu reduzieren, Schädigungen zu vermeiden und eigene Ressourcen zu stärken. Maßnahmen in beiden Bereichen ergänzen sich und dienen im Zweifelsfall gegenseitig dem Ausgleich von Unzulänglichkeiten. Beide Disziplinen bedingen eine enge Einbeziehung aller Betroffenen in Form eines intensiven Informationsaustauschs und einer konsequenten Wissensvermittlung.
Je früher ergonomische Aspekte in der Planung berücksichtigt werden, desto einfacher ist dank moderner Arbeitsplatzsysteme die Umsetzung (Abb. 3). Und desto größer ist der Gewinn an Effizienz für das Unternehmen. Computergestützte Konfiguratoren machen es einfach, moderne Arbeitsplätze zu planen und frühzeitig auf die bestmögliche Ergonomie hin zu überprüfen.
Abb. 3: Gestaltungsmöglichkeiten und Änderungskosten während Planung und Einsatz
Selbst bei der sorgfältigsten Planung gilt: Arbeitstische ändern sich mit der Zeit, weil sich Produkte und Abläufe ändern. Deshalb sollte man nicht auf starre Standardkomponenten setzen, sondern Arbeitstische von vorneherein modular und wandelbar anlegen. Nur die Anpassbarkeit einer Lösung reduziert Änderungskosten zu einem späteren Zeitpunkt. Zudem wird so die Grundlage für kontinuierliche Verbesserung (Kaizen) geschaffen und eine nachhaltige Wertschöpfung garantiert.
Im Folgenden werden die 10 zentralen Aspekte diskutiert, die bei Planung und Umsetzung eines ergonomischen Industriearbeitsplatzes beachtet werden sollten.