Nora Johanna Schüth, Prof. Dr. et habil. Marc-André Weber
Nach den zuvor genannten Beurteilungen möglicher Risiken werden die Beschäftigten an ihrem jeweiligen MRK-Arbeitsplatz unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und anderer Sicherheitsvorschriften im Umgang mit dem Roboter unterwiesen.
Zunächst muss der sichere Umgang mit allen Funktionen der Maschine, die im Arbeitsprozess zum Einsatz kommen, vermittelt werden. Es bieten sich hierfür z. B. Schulungsangebote der herstellenden Firmen an, die entweder vor Ort im eigenen Betrieb oder beim Hersteller durch dessen Personal durchgeführt werden. Ebenso können im Betrieb durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit Schulungsmaßnahmen stattfinden.
Neben den planmäßigen Funktionen des Roboters für einen korrekt durchzuführenden Arbeitsprozess muss der sichere Umgang mit der Maschine ebenso für außerplanmäßige, aber vorhersehbare Situationen vermittelt werden. Dies können z. B. sein:
- manuelles Eingreifen in den Arbeitsbereich (bewusst und unbewusst, reflexartig),
- Hineinbeugen in den Arbeitsbereich, Herüberbeugen,
- Eingreifen bei Störungen,
- Aufheben herabfallender Teile,
- Anstoßen der Roboterarme an den Körper sowie
- Anstoßen des Werkzeugs und des Werkstücks an den Körper.
Mit Blick auf diese außerplanmäßigen Ereignisse sollten die Beschäftigten in den Schulungsmaßnahmen über sämtliche Gefahrensituationen aufgeklärt und das dann erforderliche Verhalten eingeübt werden. In sog. "Wenn-Dann-Szenarien" kann trainiert werden, was im Eintretensfall zu tun ist. Nachfolgend sind hierzu Beispiele mit Aufgabenstellungen und möglichen Lösungen gegeben:
- Ihre rechte Hand ist leicht zwischen 2 Armen des Roboters eingeklemmt. Wie lösen Sie letztere, ohne sich zu verletzen? (je nach Anlage z. B. durch Führen der Roboterarme mit der linken Hand weg von der rechten)
- Ihnen ist ein Bauteil heruntergefallen. Es befindet sich nun in einem Bereich, in den Sie eigentlich nicht hineingreifen dürfen. Zwischen 2 Bewegungszyklen des Roboters könnten Sie es jedoch schnell packen. Was tun Sie? (In Bereiche, in die nicht hereingegriffen werden darf, sollen Beschäftigte auch dann nicht im laufenden Betrieb hineingreifen, wenn sich vermeintlich eine Gelegenheit dazu ergibt. Die Anlage muss dazu in jedem Fall erst angehalten werden.)
- Gegen Ende Ihrer Schicht zeigen Sie leichte Ermüdungserscheinungen. Die Bewegungen des Roboters sind für Sie zu schnell. Was können Sie tun? (Die Arbeit mit und an Maschinen sollte dann für eine Pause unterbrochen oder ganz abgebrochen werden, da die durch Müdigkeit herabgesetzte Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit zu Fehlern und Verletzungen führen kann.)
- Es ist zu einem schmerzhaften Kontakt zwischen Ihnen und dem Roboter gekommen. Welcher Not-Aus-Knopf befindet sich in nächster Nähe und ist am schnellsten zu erreichen? (Die Beschäftigten im MRK-System müssen stets den kürzesten Weg zum nächsten Not-Aus-Knopf kennen. Ihn aus verschiedenen Positionen schnell zu erreichen sollte so lang geübt werden, bis die Beschäftigten ihn automatisch und zielsicher treffen.)
Szenarien wie diese können den Beschäftigten aufzeigen, dass reflexartige Bewegungen, Unachtsamkeit oder Müdigkeit zu Gefahrensituationen führen können – der vorschriftsgemäße Umgang (z. B. nicht in Bereiche hineinzugreifen, in denen ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht) sollte ebenso zur Routine gehören wie das Wissen über die Stopp-Funktionen der Maschine.
Moderne Robotik arbeitet zwar fast fehlerfrei, dennoch sollten die Beschäftigten auch dahingehend sensibilisiert werden, dass Ausfälle beispielsweise von Warnfunktionen eines Roboters möglich sind und sie sich nicht in Gänze auf die Sensorik verlassen dürfen. Bei Zweifeln an der Funktionstüchtigkeit des Roboters ist die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder der Vorgesetzte unverzüglich hinzuzuziehen. Mit diesen Qualifizierungsschritten ist die zweite Stufe aus Abb. 3 abgeschlossen und es kann in eine selbstgesteuerte Aus- und Weiterbildung übergegangen werden.